Mafia, Geheimdienste und Politik der USA

Teil 6 (1962)


Dieser Teil der Chronik behandelt das zweite Jahr von Kennedys Präsidentschaft, mit dem Schwerpunkt Kuba und der Ermordung von Marilyn Monroe.

Zentrale Themen und Personen:
Tod von Lucky Luciano, Carlo Gambino, Marilyn Monroe, Komintern, Judith Campbell, Schmiergelder, Frank Sinatra, Invasionsspläne gegen Kuba, Destabiliserungsprogramme der CIA und der Exilkubaner, Jimmy Hoffa, Lee Harvey Oswalds Rückkehr: George DeMohrenschildt und Undercovertätigkeit, Freedom Fighters gegen Kuba, Bobby Kennedys Bruch mit Marilyn, Ermordung von Marilyn Monroe, Judith Campbell, Morddrohungen gegen die Kennedys, Kuba-Krise, Georgi Bolschakow, Nikita Chruschtschow, Geheimabkommen, Ermordung von Enrico Mattei, Israel, Atombomben

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Januar 1962 Tod von Lucky Luciano

Lucky Luciano stirbt am 26.1. auf dem Flughafen von Neapel an einer Herzattacke, wahrscheinlich aufgrund einer Dosis Strychnin. Er erwartete den Regisseur Michael Gosch, mit dem er einen Film über sein Leben drehen wollte. Luciano ist zu einer lebenden Legende geworden und wollte daraus Kapital schlagen, da seine Geldquellen versiegt waren. Er hatte seit 1947 um die $25'000 pro Monat von seinen amerikanischen Freunden erhalten, bei denen er lange Zeit noch als Boss angesehen wurde, obwohl er die USA nie mehr betrat. Kuriere brachten das Geld und Botschaften von Gambino zu Luciano, der in allen wichtigen Streitpunkten immer noch das letzte Wort hatte.

Luciano verliebte sich in Neapel in die 26jährige ehemalige Tänzerin Igea Lissoni und versuchte verschiedene legale Geschäfte wie eine Tomatenpaste- und Confettiproduktion aufzuziehen, die fehlschlugen. Er unterstützte sogar wohltätige Aktionen des Priesters Francesco Scarpato, der eine Klinik baute. Wegen des Misserfolgs verlegte er sich allerdings wieder auf den Heroinschmuggel über neue Routen von Palermo nach New York. Trotz den notwendigen hohen Schmiergeldzahlungen lohnte sich das Geschäft anfänglich. Nachdem Castro an die Macht kam, verlor Luciano einen wesentlichen Teil seiner Einnahmen aus seinen Beteiligungen am Sans Souci und am Riviera, und die monatlichen Geldbeträge verringerten sich, weshalb sich Luciano von Meyer Lansky hintergangen fühlte.

Da sein Prozess ihn $2 Mio. gekostet und damit seine Ersparnisse weggefressen hatte, brauchte er dringend eine andere Geldquelle, weshalb er schliesslich entschied, einen Film über sein Leben drehen zu lassen. Gosch schrieb das Drehbuch, und Dean Martin sollte den Mafiaboss Luciano spielen. Aber Thomas Eboli übermittelte ihm die Nachricht, dass Vito Genovese, Meyer Lansky, Joe Bonanno, Tommy Lucchese und Carlo Gambino sich gegen sein Projekt ausgesprochen hätten, weil sie keine Publizität wollten. Da dies seine Autorität in Frage stellte, entschloss sich Luciano zur Gegenattacke: Er wollte die Kontrolle über den gesamten Heroinhandel von Europa nach den Vereinigten Staaten übernehmen, um seine ehemaligen Verbündeten in die Knie zu zwingen. Luciano verfügte immer noch über wichtige Kontakte zu Produzenten, Transporteuren, Verarbeitern und Verkäufern und reaktivierte diese.

In Palermo gehörten Rosario Mancini, Antonio Sorci und Pietro Davi zu seinen Vertrauten, die seine Geschäfte erledigten, obwohl Luciano sich über die sizilianische, in seinen Augen rückständige Mafia nur abschätzig äusserte. Die Drogengeschäfte der neuen Familien von La Barbera und der Grecos florierten jedenfalls prächtig. Luciano befahl die Isolierung des aufstrebenden Totò Greco, der einen selbständigen Rauschgifthandel aufziehen wollte, und machte Angelo La Barbera zu seinem Gang-Chef. Als La Barbera bald darauf Calcedonio di Pisa umbrachte, was einer Kriegserklärung gegen die Grecos gleichkam, verschwand er kurz darauf.

Unterdessen hatte die Kommission in New York bereits Lucianos Eliminierung beschlossen, und Pat Eboli überbrachte ihm am 17.1.62 diese Nachricht, mit dem Hinweis, dass Carlo Gambino bereits seinen Platz als Vorsitzender der Kommission übernommen habe. Eboli meinte, dass er vielleicht sein Leben retten könnte, wenn er das unterzeichnete Original des Filmskripts der Kommission übergebe, weshalb Luciano Martin Gosch sofort telefonierte und ihn mit dem Script nach Neapel bestellte. Die Polizei verhaftete Luciano nach dem abgehörten Telefon, weil sie meinte, "Script" sei ein Codewort für Heroin. Nach den Verhören entliess die Polizei Luciano, der bereits zwei Herzattacken hinter sich hatte, am 25.1.62. Am nächsten Tag holt Lucinao Gosch in Begleitung von Eboli am Flughafen Capodichino ab und stirbt unmittelbar nach der Einnahme von Pillen an einer Herzattacke. Es lässt sich nicht eruieren, ob die Greco-Familie oder die Mafia von New York ihn ermordet hat oder sein Herzinfarkt der Ermordung zuvorgekommen ist, da die Tablettenschachtel verschwand.
Auf dem Friedhof der St. Johns Kathedrale in New York, wo Luciano beigesetzt wird, findet sich folgender Nachruf: "SALVATORE CARMELO LUCIANO / Er kämpfte für Ordnung und Gerechtigkeit / für Demokratie und für die Unterdrückten / Er gab den Armen und tat nur Gutes / Er hat sich um die USA verdient gemacht / ER WAR DIE LIEBE".

Nachdem Carlo Gambino die Führung der Anastasia-Familie nach Apalachin übernommen hatte, blieb der Hafen unter der Kontrolle von Anthony Anastasio, der am 5.3.63 stirbt. Danach übernimmt Anastasios Schwiegersohn, der 29jährige Anthony Scotto, die Kontrolle des Hafens und wird zum Vizepräsidenten des Local 1814 der Teamsters mit seinen 16'000 Arbeitern gewählt. Gambino ernennt "Young Tony" Scotto, der gute Kontakte zu John V. Lindsay, dem Bürgermeister von New York, und zu Johnson hat, zu seinem Berater. Gambino baut sich in den 60er Jahren das reichste und diversifizierteste Verbrecherkonglomerat auf, das neben den Docks den JFK-Flughafen, die Abfallentsorgung, die Wallstreet-Börse, wichtige Bauprojekte in Manhattan, grosse Teile der Bekleidungsindustrie und den Heroinschmuggel aus Sizilien kontrolliert. Der erste Boss auf dem Flughafen ist der Schwiegervater seines Sohnes, Tommy Lucchese, dessen Leutnants Tony "Ducks" Corallo und John Dioguardi den Umschlag, Transport und Diebstahl der Waren und das Teamster-Local 295 der 1500 Cargoarbeiter überwachen. Gambino arbeitet mit Lucchese zusammen und übernimmt dessen Anteile 1967, als dieser an den Folgen eines Hirntumors stirbt.

Neben dem Flug- und dem Schiffshafen verdient Gambino vor allem am Heroinschmuggel, der seinem Leutnant Joseph "Joe Banty" Biondo unterstellt ist. 1948 unternahm Gambino eine Reise nach Sizilien, wo er mit Luciano den Heroinschmuggel von Sizilien nach New York organisierte. Ein weiterer Leutnant, Carmine "the Doctor" Lombardozzi, ist für die Aktienmanipulationen, Wertpapier-Diebstahl und Erpressung an der Wallstreet zuständig. Bonannos Anwalt William Power Maloney ist oberster Rechtsberater der Securities and Exchange Commission, der Börsenaufsichtskommission. 70% des US-Kleiderverkaufs werden in Manhattan entworfen und produziert, wo Gambino ebenfalls die Gewerkschaft und Firmen kontrolliert und erpresst. 1965 sichert sich Gambino die totale Kontrolle über die städtische Abfallentsorgung und expandiert dieses Business auch ausserhalb New Yorks. Neben Kreditgeschäften, Pornografie, Oben-Ohne-Bars oder Vertragsmord investiert Gambino in Verkaufsautomaten, Möbelgeschäfte, Supermärkte, Transport- und Cateringfirmen und gründet die Consultingfirma SGS Associates mit Henry Saltzstein und George Schiller. Gambinos Firmenberatungshonorare beginnen bei $40'000. Mit seinen 24 Leutnants und etwa 100 Soldaten leitet Gambino, der nie eine höhere Schule besucht hat, nicht Amerikaner ist und die englische Sprache kaum beherrscht, eine Holding, für die etwa 4000 Personen arbeiten, wovon etwa 10% Mafia-Mitglieder sind, und fast alle Geschäfte bar bezahlt werden. Dank seinen guten Beziehungen zu Frank Costello wird Gambino vom FBI weitgehend in Ruhe gelassen.

Joseph Profaci stirbt am 7.7.62 an Krebs und hinterlässt ein Vermögen von $200 Mio, das unter seinen sechs Kindern aufgeteilt wird. Am 4.11.59 wurde Frankie "Shots" Abbatemarco, der König der Number Rackets nach Dutch Schultz, erschossen. Er operierte auf dem Gebiet von Joseph Profaci und war deshalb tributpflichtig, aber zahlungsunfähig, nachdem er einige grosse Verluste im Spielgeschäft einstecken musste. Abbatemarcos Imperien übernahm Profaci selbst.
Profacis Nachfolger wird Joseph Magliocco, der sich mit Joseph Bonanno verbündet, um Tommy Lucchese und Carlo Gambino auszuschalten. Sie werden jedoch von Joseph Colombo verraten. Durch Vermittlung der Kommission kann ein Blutvergiessen verhindert werden, und Magliocco kommt mit einer Busse von $40'000 davon. Joseph Colombo übernimmt das Erbe von Profaci.

Quellen: Raith: 91-93, Meurice, Davis (1994): 108-134, Behr: 184, Delorme: 99-124, Torbitt: 18.


März 1962 Liaisons dangereuses   top

Marilyn Monroe fliegt, mit einem Zwischenstop in Florida, wo sie Jack im Hotel Fountainbleu trifft, nach Mexico City in die Ferien. Über ihre Haushälterin Eunice Murray knüpfte sie Kontakt mit dem Schwager Churchill Murray, der einen kommunistischen Propagandasender in Mexico betreibt und in Verbindung zur sowjetischen und kubanischen Botschaft steht. Sie trifft auch Frederick Vanderbilt Field, der ebenfalls vor seiner Verhaftung wegen kommunistischer Aktivitäten ins Exil floh. Marilyn beginnt eine Affäre mit dem mexikanischen Drehbuchautor José Bolaños, der im Kreis der kommunistischen Exilamerikaner verkehrt. Bolaños, ein Spitzel mit Kontakt zu E. Howard Hunt, dem Chef der CIA-Station in Mexico, ist beleidigt wegen der kurzen Dauer der Affäre mit Marilyn. Da Field zudem vom FBI scharf überwacht wird, liegt bei FBI-Direktor J. Edgar Hoover am 6.3.62 ein brisantes Dossier auf dem Tisch, in dem vermerkt ist, dass die Liebhaberin des Präsidenten mit Kommunisten in Kontakt steht.

Seit Weihnachten 1961 intensivierte sich Jacks Beziehung zu Marilyn Monroe, und sie trägt die Affäre je länger je offener nach aussen, telefoniert ins Weisse Haus und erzählt ihren Freunden davon. Marilyn ist offensichtlich stolz auf ihre Kontakte zum Präsidenten und beginnt erneut zu hoffen, dass er sich von Jackie scheiden lässt und sie heiratet. Vor allem Justizminister Bobby Kennedy diskutiert mit Marilyn über Politik und erzählt ihr von streng geheimen Aktionen der US-Regierung. Marilyn unternimmt spezielle Anstrengungen, um Bobby in Diskussionen über Politik zu beeindrucken, und ihr Psychiater Ralph Greenson hilft ihr, interessante Gesprächsthemen vorzubereiten. Sein Sohn Danny stellt ihr sogar eine Liste zusammen mit Fragen für den Justizminister über den vietnamesischen Diktator Diem, das HUAC, die Bürgerrechte und andere politische Aktualitäten. An der Party im Januar 1962 schrieb sich Marilyn sogar seine Antworten auf. Die Kennedys selbst werden damit zu einem Sicherheitsrisiko.

J. Edgar Hoover und John Kennedy lunchen am 22.3.62 zusammen, zum zweiten Mal seit der Inauguration, wobei der FBI-Chef den Präsidenten darüber informiert, dass er seine Beziehung zu Judith Campbell kennt und dass das FBI auf die Kontakte von Marilyn Monroe mit Frederick Vanderbilt Field gestossen ist. Hoover schickte Robert Kennedy am 27.2.62 ein Memorandum, dass festhielt, dass Judith Campbell, die mit den Mafiosi Giancana und Roselli in Kontakt steht, bereits siebzig Mal ins Weisse Haus telefoniert habe. Campbell wurde von FBI-Beamten wegen ihrer Beziehungen zur Mafia befragt, was Jack einmal mehr verharmloste. Robert Kennedy informierte seinen Bruder nicht über das Memorandum, sondern wandte sich an seinen Vertrauten und Vize-Justizminister Joseph Dolan, der Jacks Sekretärin Evelyn Lincoln verbot, weiterhin die Anrufe von Campbell anzunehmen. Hoover sagt dem Präsidenten natürlich nicht, dass er die Beziehung seit 1960 überwachen lässt, dass er Campbells Funktion als Informationskanal für das Anti-Castro-Plot kennt und von der Zusammenarbeit von Giancana und Roselli mit der CIA weiss.

Bobby versucht seinen Bruder nach dem Treffen zu überzeugen, seine Kontakte mit Marilyn, Judy und Frank Sinatra abzubrechen. Seit 1944 wurde gegen Sinatra wegen seiner erkauften Ausmusterung aus der Armee, wegen Verführung mittels Eheversprechen und der angeblichen Unterstützung von kommunistischen Organisationen ermittelt. 1950 bot sich Sinatra über einen ‚J. P. Moore' FBI-Vizedirektor Clyde Tolson als Spitzel bei den Kommunisten in Hollywood an, was Hoover ablehnte. 1955 startete Hoover aufgrund von Kommunismusvorwürfen des Faschistenführers Gerald Smith aus dem Jahre 1946 eine grossangelegte Untersuchung, die trotz 400 Seiten Akten nicht beweisen konnte, dass Sinatra ein Kommunist sei. Obwohl Hoover ein Foto von Sinatra mit den drei Fischetti-Brüdern aus dem Jahr 1946 besitzt und dessen Beziehung zu Willie Moretti kennt, waren seine Verbindungen zur Mafia für das FBI kein Thema. Die Informationen über Sinatras Beziehungen zur Mafia kommen aus dem Justizministerium.

JFK interessiert sich immer sehr dafür, was um Sinatra läuft, und fragt Judy Campbell regelmässig über kursierende Gerüchte aus. Sinatra seinerseits platzte beinahe vor Stolz, wenn ihn der Präsident anrief. Am 23.9.61 lud ihn JFK noch ins Weisse Haus ein, als Jackie abwesend war. Am nächsten Tag war der Sänger auch Gast in Hyannis Port, was später dementiert werden muss. Kennedys Berater erklärten Sinatra am 27.2.62 aufgrund der im 19-seitigen FBI-Dokument nachgewiesenen Mafiakontakte zur Persona non grata, worauf JFK auf weitere Besuche bei Sinatra verzichtet.

Im Januar fragte Peter Lawford seinen Bandkollegen Sinatra noch, ob JFK bei ihm in Palm Springs während seiner geplanten Kalifornien-Reise übernachten könne, worauf Sinatra mindestens $500'000 ausgab, um auf seinem Gelände einen Heliport und zusätzliche Gebäude für den Präsidenten und den Secret Service bauen zu lassen. Statt dessen besucht JFK nun Sinatras Nachbarn und Erzfeind Bing Crosby, wo er die Nacht mit Marilyn verbringt, die als seine neue Sekretärin verkleidet mit der Air Force One am 24.3.62 nach Palm Springs geflogen wird. Sinatra ist so wütend, dass er mit einem Vorschlaghammer auf der Landebahn herumhackt. Sinatra verletzt besonders, dass sein "Freund" ihm keine persönliche Entschuldigung übermittelt und sich einfach nicht mehr meldet.

Auch Sam Giancana ist wütend, weil er meint, es sei Sinatras Fehler, dass JFK sich von ihm distanziert. Da Sinatra alle Zusammenhänge zwischen den Kennedys und der Mafia kennt, wird er als Fallengelassener zu einer Gefahr. Giancana überlegt sich deshalb, ob er Sinatra umbringen lassen soll.

John Kennedy ist wütend über Hoover, bricht aber seine Verhältnisse weder zu Marilyn Monroe noch zu Judith Campbell deswegen ab. Am Tag nach Hoovers Treffen mit dem Präsidenten ist Marilyn im Beverly Hills in Los Angeles bei den Kennedy-Brüdern. Im April ist sie an der Fundrising-Party bei Fifi Fell in New York anwesend. Judith Campbell übernimmt 1962 sogar eine zweite Funktion für Jack. Eine Gruppe von kalifornischen Geschäftsmännern um Richard Ellwood schmiert den Präsidenten, um Rüstungsverträge zu erhalten. Die Beziehung von Jack und Judy, die das Geld und drei Umschläge mit Vorschlägen überbringt, wird innerhalb der General Dynamics Corporation bekannt.

Marilyn Monroe singt in einem $6000 teuren Kleid, das sie so nackt wie möglich lässt, das "Happy Birthday" auf der Galaparty vom 19.5.62 für JFK, obwohl sie mit der damit verbundenen Absenz ihren Filmvertrag mit der Twentieth Century-Fox aufs Spiel setzt. Robert Kennedy befürchtete, dass der Auftritt Marilyns zu Schwierigkeiten innerhalb der Partei und zu Gerüchten über eine Beziehung der Schauspielerin mit dem Präsidenten führen könnte, und versuchte sie überzeugen, nicht an die Party zu kommen. Aber Marilyn blieb hartnäckig, weil sie hofft, Jackie mit ihrem Auftritt auszustechen. Jackie verzichtet auf die Teilnahme am Fest, nachdem sie ihn vor die Wahl gestellt und er sich für Marilyn entschieden hat.
JFK versprach Marilyn, bei allfälligen Problemen mit dem Studio behilflich zu sein. Bis am 8.6. geschieht trotz ihrem nicht bewilligten Auftritt nichts. Ihr Psychiater Ralph Greenson versprach der Fox, Marilyn würde die ganze Zeit zu den Dreharbeiten zu "Something's got to give" erscheinen, und ging am 10.5. für vier Wochen in die Schweiz. Trotz ihrer Krankheit bleibt sie nach ihren Auftritt an der Party und verbringt die Nacht mit Jack. Der Secret Service überprüft Fotografen und Journalisten und stellt sicher, dass nichts in der Presse erscheint. In Hollywood ist es ein offenes Geheimnis, dass Kennedy und Monroe ein Verhältnis haben, aber die Presse stellt einen Präsidenten nicht bloss. Marilyn erzählt sogar intime Details von ihrer Beziehung, etwa dass sich JFK nie Zeit nimmt für das Vorspiel und es immer nur ruckzuck oder, aufgrund seiner Rückenprobleme, gar nicht geht.

J. Edgar Hoover trifft John Kennedy am 24.5.62 erneut, um ihn vor den Folgen einer Veröffentlichung seiner Affären zu warnen. Judith Campbells Verhältnis mit der Mafia muss von Hoover nochmals aufgebracht worden sein, denn JFK ruft seine Liebhaberin an, um ihr zu sagen, dass sie ihre Beziehung beenden müssen.

Marilyn Monroe lässt der Präsident ohne eine persönliche Erklärung fallen. Wahrscheinlich weiss Hoover nicht nur, dass sie mit verschiedenen Personen über die Affäre und ihre Heiratsträume spricht, sondern kennt auch ihre Verbindungen zur Komintern über Murray und Field. Peter Lawford fasst zuerst den Job, Marilyn zu informieren, dass sie JFK nie mehr sehen dürfe. Am Samstag, den 26.5., ruft Lawford Marilyn von Hyannisport aus an und meint, sie sei für den Präsidenten nur eine von vielen zum Bumsen gewesen. Marilyn fällt aus allen Wolken und versucht, Jack auf seiner Privatlinie zu erreichen und merkt, dass die Linie gekappt wurde. Sie wird auch im Weissen Haus nicht mehr mit dem Präsidenten verbunden. Während dem Wochenende hat Marilyn einen Zusammenbruch und versucht verzweifelt, Frank Sinatra in Australien zu erreichen. Sinatra, zu dem JFK vier Monate zuvor den Kontakt abgebrochen hat, empfiehlt ihr, sich von ihm zu distanzieren. Pat Newcomb zieht faktisch bei Marilyn ein und kümmert sich darum, dass Marilyn nichts an die Presse bringt, indem sie sie mit Sedativen abfüllt. Marilyn schreibt Jack mehrere Briefe, die alle unbeantwortet bleiben. Ihre Instabilität stellt für die Kennedys eine Bedrohung dar, da sie die katholischen Musterehen des Präsidenten und des Justizministers in der Öffentlichkeit diskreditieren könnte. Bill Thompson besucht Monroe deswegen und schärft ihr ein, den Mund zu halten. Am nächsten Wochenende versucht Marilyn noch immer, JFK zu erreichen, weil sie eine Erklärung von ihm will. Am Sonntag, den 3.6., pumpt sie sich mit Tabletten voll. Fox-Produzent Henry Weinstein erreicht Greenson, der am 6.6. in Los Angeles ankommt.

Greenson will, dass sie den Film fertigdreht und verspricht Gould und Feldman, dass er Marilyn dazu bringen könne. Aber in New York hat Samuel Rosenman nach einer Serie von Telefongesprächen mit Robert Kennedy bereits am 4.6. entschieden, sie zu entlassen und eine Schadensersatzforderung von $1 Mio. wegen ihren Absenzen bei den Dreharbeiten einzuklagen. Rosenman, ein enger Freund von Bobby und von Clark Clifford, steht hinter der Kampagne der Fox, die Marilyn zum Schweigen zwingen und ihre Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit zerstören soll für den Fall, dass sie redet. Der Fox-Werber Frank Neill organisiert die Kampagne, wobei Marilyns psychischer Zustand für die Probleme mit Fox verantwortlich gemacht wird. Am 8.6. erfolgt die Kündigung des Studios. Noch am selben Tag bietet Bobby ihr seine Hilfe an, um ihre Loyalität zu sichern.

Marilyn findet im Filmproduzenten Darryl F. Zanuck einen Verbündeten, der sich gegen das Management der Fox wehrt. Zanuck plant, zusammen mit dem ehemaligen Fox-Präsidenten Spyros Skouras die Kontrolle über die Fox mittels Aktienkäufen zurückzuerobern, worauf er Marilyn wieder einstellen würde. Auch Dean Martin stellt sich auf ihre Seite und will künden, falls Marilyn nicht wieder eingestellt würde. Als Joe DiMaggio hört, dass Marilyn von der Fox entlassen wurde, gibt er seinen lukrativen Job in London auf und fliegt nach Los Angeles in der Hoffnung, dass ihre Karriere nun nicht mehr zwischen ihnen stehe. Enttäuscht über ihre Entschlossenheit, für ihre Karriere zu kämpfen, kommt es zu einer Auseinandersetzung, bei der er sie schlägt, so dass Greenson am 14. Juni mit ihr ins Spital zu Dr. Gurdin fahren muss.

Zwischen dem 20.6. und dem 14.7. führt Marilyn in den Medien eine Offensive gegen die Fox. Am 23.6. treffen sich Bobby Kennedy und Marilyn auf Vermittlung von Peter Lawford im Beverly Hilton Hotel. Dabei spielt er den Ritter in der Not, indem er sich angeblich einsetzt, damit das Studio seine Entscheidung rückgängig mache. RFK versucht mit seiner gespielten Hilfe, sie versöhnlich zu stimmen, wobei sich die beiden offenbar verlieben. Am 24.6. besucht er Marilyn zu Hause, und am nächsten Tag weist Rosenman den Produzenten Peter Levathes an, mit Marilyn den Vertrag für die Beendung von "Something's Got to Give" auszuhandeln. Während dieser Verhandlung am 28.6. bei Marilyn steht Pat Newcomb hinter der Tür und notiert sich den Verlauf der Verhandlung, bei denen die Fox auf die Forderungen von Marilyn eingeht. Bobby und Marilyn verbringen dieses Wochenende grösstenteils zusammen. Am 4.7. sehen sich Marilyn und Bobby erneut bei den Lawfords, und der Konflikt scheint beigelegt. Da RFK wegen der Verfilmung seines Buches "The Enemy Within" oft im Studio ist, können sich die beiden regelmässig treffen. Sie spazieren am Strand und diskutieren oft über Politik, wobei er sie in die geheimen Pläne zur Ermordung Castros und die Wasserstoffbombenversuche in der Wüste von Nevada einweiht.

Quellen: Wolfe: 392-412, Gregory/ Speriglio: 210ff, Hersh: 102, 248-350, Cran, Collier/ Horowitz: 367-372, Bartholomew (4): 18, Summers (1993): 288-292, Obenhause, Lewens/ Wall, Brown/ Barham: 138-157, 249ff, Carey/ Olgiatti, Giancana: 488.


April 1962 Invasionspläne gegen Kuba   top

Im Februar vereinbarten Richard Helms und Hoover, ihre jeweiligen Geheimaktionen gegenseitig zu decken. Helms übernahm nach der Schweinebucht Richard Bissells Job als stellvertretender Planungsdirektor und führt die Mordpläne gegen Castro weiter. Tracy Barnes, Favorit des geschassten Dulles, baut die supergeheime Domestic Operations Division auf, und E. Howard Hunt ist für verdeckte Aktionen zuständig. Hunt leitet das CIA-Mafia-Mordteam Operation 40, zu dem Rafael 'Chi Chi' Quintero, Luis Posada Carrilles, Felix Rodriguez und Frank Sturgis gehören.

Die Anstrengungen der CIA, angetrieben von Kennedys Rachewille, zur Lösung des Kubaproblems sind beträchtlich: In Miami, das zum Zentrum des Programms JM/WAVE ausgebaut wird, arbeiten 350 CIA-Abteilungsleiter mit je 4-10 Hauptagenten, von denen jeder wiederum 10-30 Agenten vorsteht, an der Operation MONGOOSE und bilden damit die weltweit grösste CIA-Station der Welt. Sie ist untergebracht im abgelegenen südlichen Campus der Universität von Miami im Gebäude der Scheinfirma Zenith Technical Enterprises von Lindsay Hopkins. Die CIA rekrutiert in den 60er Jahren vor allem Exilkubaner, die auf allen Stufen der Hierarchie in Miami die Mehrheit bilden. Insgesamt arbeiten in Südflorida etwa 100'000 Leute für die CIA, viele davon auf getarnten Booten, die nach CIA-Schätzung "die drittgrösste Flotte der westlichen Hemisphäre bilden".

Das Konzept von MONGOOSE geht zurück auf den Journalisten Tad Szulc von der New York Times. Szulc traf sich Anfang November mit den Kennedys und Richard Goodwin, dem Koordinator für kubanische Angelegenheiten. Szulc sollte nach einer Ermordung Castros in einer Vertuschungsaktion enthüllen, dass sich Kennedy gegen Castro-Mordpläne der CIA gestellt habe. Theodore Shackley, der mit William Harvey in Berlin war, wo auch Henry Kissinger für die CIA arbeitete, leitet die Operation. William Harvey plant auch die Ermordung von Che Guevara und Castros Bruder Raul. Er trifft sich mit John Roselli am 8.4.62 in New York, worauf zehn Tage später die technische Abteilung der CIA 4 neue Giftpillen liefert. Frank Sturgis arbeitet mit Roselli und John Martino an der CIA-Station in Miami, wo selbst CIA-Beamte der den Decknamen John Rawlston benutzenden Roselli für einen Agenten halten. Im Rahmen des ZR/RIFLE-Programms werden Christian David (WI/ROGUE) und Michael Mertz (QJ/WIN) von der CIA angeheuert. Lucien Conein, der spätere Chef der Auslandsabteilung des DEA, ist Kontaktmann von QJ/WIN. David und Mertz waren an dem Plan zur Ermordung und an Anti-OAS-Aktionen beteiligt und werden beide am Tag des Kennedy-Attentats in Dallas sein.

Robert Kennedy unternimmt, neben den CIA-Aktivitäten, zusätzliche Versuche, um die Ermordung Castros zu erreichen. Der CIA-Agent Charles Ford wird während der nächsten 18 Monate bis zur Ermordung Kennedys als persönlicher Agent des Justizministers abgeordnet und unter falscher Identität unterwegs sein, um Mafiabosse für die Ermordung Castros zu mobilisieren. Bobby ist überzeugt, dass die Mafia nach wie vor eine Basis in Kuba hat und einen Attentäter finden könnte. Gleichzeitig will er die Mafiosi austricksen, weil Ford nicht als Vertreter der Kennedys auftritt. Die CIA erhält keine Berichte dieser gefährlichen Parallelaktion.

Neben der Ermordung Castros beabsichtigt die CIA, mithilfe von Propaganda und militärischer und ökonomischer Sabotage, ausgeführt von kleinen Guerillateams, Bedingungen für eine interne Revolte zu schaffen. JFK hat die Verantwortung für diese Aktionen General Edward Geary Lansdale unterstellt. Lansdale hatte in Asien verdeckte Operationen geleitet und versuchte, als Vertrauter von Diem seine Vorstellungen durchzusetzen. Er hoffte, zum Botschafter in Südvietnam ernannt zu werden. Da Dean Rusk mit seinem Rücktritt drohte, falls Lansdale diese Schlüsselrolle bekomme, wurde Lansdale versetzt und zum Chef der Kuba-Aktionen ernannt, obwohl ihm jede Erfahrung in Lateinamerika fehlt.
Lansdale plant eine Invasion Kubas im Oktober 1962. Im Pentagon untersteht die Invasionsplanung Admiral Robert Dennison, der Hunderttausende von Soldaten und Matrosen in militärischen Übungen in der Karibik darauf vorbereitet. Im August beteiligen sich mehr als 65'000 Soldaten an der Operation SWIFT STRIKE II. Kurz darauf üben 7500 Marines eine Invasion auf einer Insel bei Puerto Rico unter dem bezeichnenden Namen Operation ORTSAC. Die Pläne und Vorbereitungen von Material und Truppen sind vom Generalsstab und daher auch vom Präsidenten abgesegnet. Aufgrund der amerikanischen Aktivitäten beschliessen Nikita Chruschtschow und Fidel Castro die Stationierung sowjetischer Raketen zur Verteidigung Kubas.

Zur Kontrollgruppe des Anti-Kubaprogramms, der Special Group for Counterinsurgency unter dem Vorsitz von General Maxwell Taylor gehören Robert Kennedy, John McCone, McGeorge Bundy, Aussenminister Rusk, Verteidigungsminister McNamara, General Lyman Lemnitzer und Roswell Gilpatric vom Pentagon sowie Edward R. Murrow, Direktor der United States Information Agency. Keiner der Verantwortlichen getraut sich den Kennedys zu sagen, dass die Operation MONGOOSE erfolglos sein wird, da der CIA in Kuba jede Operationsbasis fehlt. Das einzige, was funktioniert, sind die Sabotageaktionen: Zum Beispiel werden mithilfe von ferngesteuerten Modellflugzeugen Bakterien ausgesetzt, die die Zuckerrohrplantagen zerstören, Brandstiftungen vernichten die Ernten oder die Warenbörsen werden zum Schaden von Kuba manipuliert. Resultat der Sabotage und der Propaganda ist, dass Castro im April 1962 ein Handelsabkommen in der Höhe von $750 Mio. mit der Sowjetunion unterzeichnet. . Aber bis im September werden die elf CIA-Sabotageteams auf der Insel mit einer Stärke bis zu 250 Mann, aufgerieben.
Die Kosten der Operationen belaufen sich auf mindestens $100 Mio. pro Jahr. Ausgerüstet mit Schnellbooten, Flugzeugen, darunter B-26 Bomber, und Waffen aus den CIA-Depots von Missouri und Virginia werden die geschätzten 3000 exilkubanischen Piloten und Kämpfer in Florida, Louisiana, Virginia, Georgia, North Carolina, Arizona, aber auch im Dschungel von Guatemala, in Nicaragua und Costa Rica trainiert.

Die gewalttätigste Gruppe der Exilkubaner ist die Alpha 66, zu der David Atlee Phillips die Verbindung ist. Phillips war bis 1960 in Havanna stationiert und ist danach CIA-Koordinator für die Propaganda der Kubainvasion. Antonio Veciana Blanch, Reinaldo Gonzalez und Manuel Rodriguez, der Oswald sehr ähnlich sieht, leiten die Alpha 66. Der Bankier Veciana wurde vermutlich auf Empfehlung von Julio Lobo Mitte 1960 von David Phillips in Havanna angeheuert. Dabei ging es um einen Plan von Mario Garcia Kohly und Joseph Merola zur Destabilisierung der kubanischen Währung und um die Logistik für Castro-Killer. Der Exilkubaner Kohly ist befreundet mit Bebe Rebozo und Richard Nixon und diskutiert die Finanzsabotage mit William Pawley, Robert Cushman und Allen Dulles. Der CIA-Agent Robert D. Morrow, der mit Hemming zusammenarbeitet, und Kohly fälschen von 1960 bis 1963 in Baltimore kubanische Pesos und Bezugsscheine, die sie zur Destabilisierung der Wirtschaft nach Kuba schleusen.
Nach einem fehlgeschlagenen Attentatsversuch, eine Panzergranate gegen Castros Präsidentenpalast einzusetzen, floh Veciana im Oktober 1961 in die USA, wo er im Auftrag von Phillips Anfang 1962 die Alpha 66 aufbaut. Dazu rekrutiert er den ehemaligen Kommandanten der Second National Front of Escambray, Eloy Gutierrez Menoyo als Militärchef. Der Alpha 66-Delegierte René Valdes arbeitet mit Lawrence John Howard von Hemmings INTERPEN zusammen. Unterstützt wird die paramilitärische Alpha 66 von Time-Life-Herausgeber und Skull and Bones-Mitglied Henry Luce mit $250'000. Nach der Kubakrise attackiert die Gruppe russische Ziele auf der Insel, was trotz Gegenbefehl Kennedys vom mittleren Kader der U. S. Navy toleriert und von der U. S. Army sogar aktiv unterstützt wird. Am 17.3.63 greift die Alpha 66 von Antonio Veciana einen sowjetischen Posten auf Kuba und zwei kubanische Frachter an.

Phillips beauftragt Veciana auch, andere Anti-Castro-Aktivitäten zu bespitzeln, wie die von Somoza mitfinanzierte Cellula Fantasma-Aktion von Frank Sturgis, Julio Lobo, Pedro Diaz Lanz und Sergio Rojas, bei welcher die beiden Piloten Robert Swanner und Robert Thompson beim Abwurf von Flugblättern über Kuba ums Leben kommen. Sturgis organisierte im Oktober und Dezember 1961 Bombenabwürfe, Flugblattaktionen und Waffenschmuggel für den kubanischen Untergrund. Im März 1962 stellte er Präsident Kennedy im Fountainbleu Hotel in Miami Beach Ex-Präsident Carlos Prio Socarras vor.

Aufgrund der fehlenden Basis auf Kuba kommt nach der gescheiterten Invasion der Exilkubaner eigentlich nur eine Invasion der US-Armee in Betracht. General Lemnitzer unterbreitet Kennedy einen vom Vereinigten Generalsstab akzeptierten Plan, einen verdeckt geführten Terrorkrieg gegen das eigene Land zu starten und die Verantwortung dafür den Kubanern in die Schuhe zu schieben, um die öffentliche Unterstützung für eine Invasion zu gewinnen. Die Operation NORTHWOODS sieht Ermordungen auf offener Strasse vor, Bombenanschläge in Washington und Miami, Flugzeugentführungen und das Versenken von Flüchtlingsbooten aus Kuba, was den Kubanern in die Schuhe geschoben werden soll. Ausführlich geplant ist, eine amerikanische Chartermaschine mit Studenten an Bord auf dem Flug in die Ferien nach Guatemala, Jamaika oder Venezuela durch eine Drohne zu ersetzen, die von angeblich kubanischen MIG-Jets abgeschossen wird. Die Publikation von Listen der Opfer in den Zeitungen würde eine brauchbare Welle der Empörung auslösen, prophezeit der Plan, der aber von McNamara abgelehnt wird. Kennedy setzt Lemnitzer einen Monat später ab.

Unterdessen leben eine Viertelmillion Kubaner in den USA. Bis Mitte der 70er Jahre erhält die kubanische Exilgemeinde über $2 Mia. Direkthilfe aus Washington, was nicht verhindert, dass Miami, wo zwei Drittel der 1,5 Mio. Kubaner sich bis Ende des Jahrhunderts niederlassen, zu einer der ärmsten und gefährlichsten Städte der USA degeneriert. Ein Fünftel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, die Kriminalitätsrate liegt zweieinhalb Mal über dem Landesdurchschnitt.

JM/WAVE muss 1965 aufgegeben werden, nachdem bekannt geworden ist, dass mit den bereitgestellten Flugzeugen Drogen geschmuggelt werden. Nach der Auflösung des Programms arbeiten die meisten Beteiligten im Drogenhandel und in der Terrorszene weiter.

Quellen: Hersh: 268-273, 278f, 286ff, 345-352, Ranelagh/ Treharne: 2, Herzka: 8, Potter: 2, Best: 37f, Collier/ Horowitz: 365f, Abramovici/ Decornoy: 10, Callahan: 99f,128, Anson: 257-274, Amara, Weberman (7): 67-71, 83, 109, (12): 54-94, CNPC: 19ff, Summers (2000): 186f, Tarpley/ Chaitkin: 95, Biermann, Karel (2003), Bülow (2003): 230, Hager, Avery.


Mai 1962 Get Hoffa   top

Der Teamster-Gewerkschaftsboss Jimmy Hoffa wird am 18.5.62 verhaftet, in Handschellen abgeführt und wegen Bestechung angeklagt: Er erhielt über die Lastwagenfirma Test Fleet Company, die unter dem Namen seiner Frau läuft, $ 1 Mio. an unrechtmässigen Zahlungen. Das "Get Hoffa Squad" unter Walter Sheridan schafft es, 201 Anklagen und 126 Verurteilungen von Teamsters-Mitgliedern durchzubringen. Hoffa versucht im Sommer einen Schützen auf RFK anzusetzen, der den Justizminister für $25'000 erschiessen soll. Offenbar verbietet ihm Sam Giancana aber, ein Attentat ausführen zu lassen, weil er befürchtet, dass eine unprofessionelle Aktion nur noch weitere Schwierigkeiten verursacht.

Im September erzählt Hoffa dem Teamster-Boss von Baton Rouge und vermeintlichen Marcello-Vertrauten Edward Partin von Plänen, den Justizminister oder den Präsidenten umlegen zu lassen, entweder durch eine Brandbombe auf sein Haus oder durch einen Schützen mit Zielfernrohr, wenn er mit offenem Dach fährt, irgendwo im Süden, wo man die Schuld den Segregationisten in die Schuhe schieben könne. Partin hat selbst eine lange kriminelle Vergangenheit, willigt aber in die Zusammenarbeit mit dem Justizministerium ein und wird Kronzeuge. Im ersten Jahr von Bobbys Kampf wurden 121 Mobster angeklagt und 73 verurteilt. Bis Ende 1962 sind es 350 Anklagen und 138 Verurteilungen, und bis Ende 1963 615 Anklagen und 288 Verurteilungen.

Der Prozess gegen Hoffa und den United Auto Workers-Gewerkschaftsboss Johnny Dioguardi endet ohne Verurteilung, aber am 9.5.63 erfolgen weitere Anklagen wegen Richter-Bestechung.

Quellen: Davis (1994): 97, (1988): 330-338, 408, Marrs: 171-173, Weberman (21): 37, Gregory/ Speriglio: 254, Best: 14, 41.


Juni 1962 Lee Harvey Oswalds Rückkehr   top

Lee Harvey Oswald bat die US-Botschaft am 13.2.61 um Unterstützung, um in die USA zurückzukehren. Während Oswald auf die Antwort Snyders wartete, lernte er über seinen Chef in der Radiofabrik, Alexander Ziger, Mitte März die attraktive 19jährige Marina Nikolaevna Prusakova kennen und heiratete sie am 30.4.61 in der Wohnung ihres Onkels Ilya Vasilyevich Prusakov, eines MWD-Offiziers. Oswald wurde in Moskau von Priscilla Johnson, die für John Kennedy gearbeitet hatte, interviewt. 1977 wird sie das Buch Lee und Maria schreiben, das die Theorie der Warren-Kommission stützt, und ihr späterer Mann George McMillan schreibt 1968 ein Buch über die Ermordung Martin Luther Kings, in dem er die FBI-Theorie unterstützt, wonach Ray ihn umgebracht habe.

Oswald schrieb sein Pseudotagebuch, das seine "Erkenntnisse" zusammenfasst und den Entschluss zur Rückkehr begründen soll. Marina und Oswald beantragten die Ausreisepapiere und bekamen bereits nach vier bzw. fünfeinhalb Monaten die Ausreisevisa. Am 15.2.62 kam ihr Kind, June Lee Oswald, zur Welt. Nachdem die US-Botschaft Oswald den Pass wieder ausgestellt, Marina von den Einreisebestimmungen befreit und die Transportkosten vorgeschossen hatte, reisten die beiden am 2.6.62 über Berlin in den Westen. Sie erreichen die USA, wenn auch zum Teil auf unterschiedlichem Weg, am 13.6.62.

Oswald scheint nur einer von 40 Überläufern eines Spionageprogramms Ende der 50er Jahre zu sein, wobei der Fall Robert E. Webster fast identisch ist und später von Marina mit dem von Oswald verwechselt wird. Webster arbeitete bei der CIA-liierten Rand Development Corporation, lief kurz vor Oswalds Ankunft anlässlich einer Ausstellung in Moskau über, verliebte sich in eine Russin und hat ein Kind mit ihr. Marina und Oswald hatten Kontakt mit ihm, während er in Leningrad war.

CIA, FBI, ONI und INS erhalten ein Telegramm über die Ankunft Oswalds, bei denen die ersten 42 Zeilen später aber gelöscht werden. Offiziell gab es bei der Ein- und Ausreise kein einziges Verhör. Bei ihrer Ankunft im Hafen von Hoboken werden Oswald und Marina weder vom State Departement noch vom INS erwartet, sondern von einem Vertreter der Traveler's Aid Society in New York, Spas T. Raikin. Raikin ist Generalsekretär der American Friends of the Anti-Bolshevik Bloc of Nations Inc. mit Beziehungen zum FBI, zur CIA und zum Militärgeheimdienst. Aus dieser rechtsextremen Vereinigung entwickelt sich später die World Anti-Communist League.

Nach seiner Rückkehr besucht Oswald Pauline Virginia Bates, um sein Manuskript über seine Erfahrungen in der Sowjetunion tippen zu lassen. Er behauptet ihr gegenüber, im Auftrag des Aussenministeriums in die UdSSR gegangen zu sein und versteht sich als Antikommunisten. Er erzählt ihr, Peter Gregory, der ihn in die Gemeinschaft der weissrussischen Exilanten einführt, habe ein Interesse an der Veröffentlichung seines Manuskripts. 1965 wird Gregory von der CIA für den Joint Press Reading Service eingestellt. Als nächstes versucht Oswald seine unehrenhafte Entlassung von den Marines zu ändern, wobei er sich an Navy-Sekretär Fred Korth und Senator John Tower, der die Immigration von Marina Oswald absegnete, wendet. Korth war 1948 auch Marguerite Oswalds Scheidungsanwalt.

Am 26.6. wird Oswald von den FBI-Agenten John W. Fain, Thomas Carter und B. Tom Brown als Informant rekrutiert. Am 9.10. eröffnet er das Postfach 2915 auf seinen Namen und die Adresse von Gary Taylor, den Schwiegersohn seines Freundes George Sergius DeMohrenschildt, über den der angeblich überzeugte Marxist im Kreis der antikommunistischen Weissrussen in Dallas aufgenommen wird.
DeMohrenschildt stammt aus einer russischen Ölfamilie, die Ländereien in Polen besass und nach der kommunistischen Machtergreifung dorthin floh. Die Familie hoffte, ihre Nobel Oil nach der Nazi-Invasion Russlands zurückzubekommen. DeMohrenschildt wurde polnischer Kavallerieoffizier und kam im Mai 1938 als Nazispion in die USA. In Louisiana und San Francisco arbeitete er auch für den französischen Geheimdienst des Vichy-Regimes. Mit dem Top-Abwehr-Agenten Baron Konstantine Van Maydell produzierte er zwei profaschistische Filme, wofür sie 1941 von der Chase Manhattan Bank mit Krediten unterstützt wurden. Schon 1941 bestätigte sich die Vermutung, dass DeMohrenschildt ein Nazi-Spion sei. Hoover wird auch der Warren-Kommission gegenüber die Nazi-Verbindungen DeMohrenschildts, der aus seiner Bewunderung für Heinrich Himmler zeit seines Lebens keinen Hehl macht, verschweigen. Van Maydell wurde im September 1942 wegen Spionage zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, aber nach dem Krieg zusammen mit einigen seiner Agenten von Reinhard Gehlen für das Russenimmigrationsprogramm der CIA rekrutiert. Auch DeMohrenschildts Freund, Lawrence Wilson Joven, war eng mit den Nazis verhängt. DeMohrenschildt versuchte, das Office of Inter-American Affairs von Nelson Rockefeller, das die Vorherrschaft der deutschen Firmen in Südamerika durch amerikanische ersetzen wollte, zu infiltrieren. 1942 bewarb er sich beim OSS, wurde aber abgewiesen. Einer seiner Brüder, Dimitri, arbeitete jedoch von 1942 bis 1945 für das OSS, wonach er ein Stipendium der Rockefeller-Stiftung erhielt und 1950 zum Direktor der Tolstoj-Stiftung ernannt wurde.
Während des Krieges hielt DeMohrenschildt sich in Washington D.C. auf und lebte mit einem britischen MI-6-Agenten und einem Navy-Offizier namens Hall zusammen. Am 11.7.48 heiratete er Phyllis Washington, die bis 1951 für die CIA tätig war. DeMohrenschildt arbeitete bei der Pantipec Oil von Buckley, bei Humble und Murchison, kennt die Schlumbergers und die Bushs, ist regelmässig in Haiti und hat vielfältige Geheimdienst-, Mafia- und Geschäftskontakte. 1957 wurde DeMohrenschildt Agent bei der International Cooperation Administration, einer Coverorganisation der CIA, und ging nach Jugoslawien. Sowohl Allen Dulles wie auch seine Geliebte Mary Bancroft haben ein spezielles Interesse für Jugoslawien. Bei seiner Rückkehr stand er in Kontakt mit J. Walton Moore von der CIA Domestic Contacts Division in Dallas, mit dem er Oswald nach dessen Rückkehr "checkt".

Mit dem ehemaligen Präsidenten der Pantipec, Warren Smith, gründete DeMohrenschildt die Cuban-Venezuelan Oil Voting Trust, dessen Direktor Amadeo Barletta der Vertreter der General Motors in Kuba und Geschäftspartner von Batista und Trujillo ist. Ein anderer Direktor der CVOVT ist José M. Bosch Lamarque, Castros Kontakt zu Jules Dubois, Journalist und Army Intelligence-Veteran, der beim Coup in Guatemala 1954 dabei war. Dubois Untergrundkontakt David Salvador gründete die antikommunistische "Bewegung 30. November". Ein kubanisches Mitglied dieser Bewegung sagt anlässlich eines Waffendeals am 21.11.63, die Geldgeber dieser Gruppe würden sich bald um JFK kümmern. Einer der Führer der "30. November" ist Jesus Fernandez Hernandez, der die Residenz Hernando's Hideaway in Miami der CIA-Deckfirma Keys Realty Company von Eugenio Rolando Martinez vermietet. Martinez arbeitet mit Rolando Cubela, der Kontakte zu Trafficante hat, und Sturgis gegen Castro. Bosch wandte sich 1959 gegen Castro und unterstützte dann das DRE, die Alpha 66 und die Bewegung 30. November. Ein weiterer Direktor der CVOVT ist José I. de la Camara, der vorher bei der Augustin Batista Falla's Trust Company of Cuba arbeitete, die hinter dem Lake Pontchartrain Trainingscamp von Loran Eugene Hall und Gerry Patrick Hemming steht. Hall ist ein Offizier des Committee to Free Cuba, hinter dem wie bei den meisten Exilkubanerorganisationen E. Howard Hunt steht.
Wegen Castro verlor DeMohrenschildt seine Ölbohrniederlassung der CVOVT auf Kuba, die er unter Batista aufgebaut hatte. Er war als CIA-Agent während der Schweinebucht-Operation im Operationszentrum in Guatemala tätig. Einige Tage nach dem Schweinebuchtangriff ging er nach Panama, wo er im Auftrag der CIA-Deckorganisation Agency for International Development wegen Interventionsmöglichkeiten spionierte. Auch seine zweite Frau Jeanne hat vielfältige Kontakte zu Geschäfts- und Regierungsstellen.

1960 ging DeMohrenschildt nach Mexico und hatte Kontakt mit Richmond C. Harper, der mit Marion Hagler, Murray Kessler, Cesar Diosdado und Alder Barry Seal Waffen und Heroin schmuggelt. Harper arbeitet für Carlo Gambino und Herman K. Beebe, dem Geldwäscher und Frontmann von Carlos Marcello, und ist mit Myles Ambrose befreundet, der 1972 von Nixon zum Chef des Drug Enforcement Office, Vorläufer der Drug Enforcement Administration, ernannt wird. Diosdado ist ein Zollbeamter, der an der JM/WAVE-Operation der CIA seit deren Beginn im Januar 1961 beteiligt ist und deren Geldtransaktionen über Rockefellers Chase Manhattan Bank laufen. Harpers Bruder Tito Harper ist Direktor der Frontier State Bank of Eagle Pass.

DeMohrenschildt hat auch Beziehungen zu anderen einflussreichen Geschäftsleuten in Houston und Dallas, die mehrheitlich Johnson unterstützen, und ist Sam Giancanas Kontaktmann zu den texanischen Ölbaronen Clint Murchison, H. Lamar Hunt, John Mecom und John De Menil. Er verhilft Giancana zu einträglichen Ölgeschäften. DeMohrenschildt kennt auch Schah Mohammed Reza Pahlewi, die Mutter von Jacqueline Kennedy, Janet Lee Bouvier Auchincloss, und William Russell Grace, der enge Beziehungen zur United Fruit und zum Exilkubanerführer Anthony Navarro hat. Sein Sohn J. Peter Grace, der dem Nazikriegsverbrecher Otto Ambros half, in die USA zu kommen, ist einer der Direktoren der CIA-Oganisation "American Institute for Free Labor Development".

Nachdem DeMohrenschildt mit seinem Freund J. Walton Moore Lee Harvey Oswald überprüft hat, nimmt er ihn unter seine Fittiche und baut ihn als Undercoveragenten gegen die Young Socialist Alliance und die Socialist Workers' Party auf. Im August abonniert er den kommunistischen "The Worker" und tritt in Kontakt mit der russischen Botschaft. Vom 17.7. bis 8.10. arbeitet Oswald bei Leslie Welding, wobei gewisse Unterschriften seiner Lohnquittungen gefälscht werden. Ab dem 12. Oktober arbeitet Oswald bei der Fotodruckerei Jaggars, Chiles & Stovall in Fort Worth, die sich auf den Druck von Geheimdokumenten für die Armee und die CIA spezialisiert hatte. Während Oswalds Anstellung wird eine Serie von Karten der Sowjetunion, China und Kuba für die Army Security Agency gedruckt. DeMohrenschildts Kontakte mit dem Geheimdienstchef des Generalstabs sind für Anfang 1963 belegt. Oswald druckt bei Jaggars, Chiles & Stovall falsche Identifikationspapiere auf seinen Namen und auf "A. J. Hidell" und Gratisposter für den trotzkistischen "The Militant".

Oswald kennt mindestens 30 Personen der antikommunistischen Weissrussen, darunter Paul Raigorodsky, George Bouhe, Max Clark und Lydia Berdyanskaya. Raigorodsky, der "Godfather" der Russischen Exilantengruppe, ist mit William F. Buckley und J. Edgar Hoover befreundet und Direktor der Tolstoy Foundation, die von der US-Regierung $400'000 erhält. Bouhe arbeitet für MacNaughton und ist der Organisator der exilrussischen Gruppe, über deren Mitglieder er Akten führt. Max Edward Clark, einer der ersten, der nach dem Kennedymord vom FBI interviewt wird, war Sicherheitschef der General Dynamics, deren Präsident Frank Pace in Kennedys "President's Foreign Intelligence Advisory Board" sitzt. Beide spielen in der TFX-Erpressung eine entscheidende Rolle. Der Hauptaktionär der Waffenschmiede Henry Crown hat Beziehungen zu Jake Arvey und Jack Ruby und, über seinen Partner bei den Hilton Hotels, zu Anastasia, Lansky und Trafficante. Berdyanskayas Partner Vasiliy Gavrilovich "Pavel" Kostenko war ein russischer Spion in Brüssel und ihr zweiter Ehemann Pavel Dymitruk kennt den FBI-Agenten Hosty. S.A. James P. Hosty startet seine "Untersuchung" über Oswald, vermeidet aber den Kontakt mit ihm, weil er vermutlich von Dymitruk, Berdyanskaya und DeMohrenschildt informiert wurde, dass Oswald ein Undercoveragent ist.

Quellen: Weberman (3): 30ff, (8): 1-45, (10): 3, Marrs: 113-134, 199-202, 278-289, Groden/ Livingstone: 299-305, Scott (1993): 78-80, Bartholomew: 54, 58f, Tarpley/ Chaitkin: 117-129, CNPC: 2, Callahan: 107f, Brussell (1983): 5, 10f, 18, Anson: 176-180.


Juni 1962 Freedom Fighters   top

Frank Sturgis und Alexander Rorke gründen die Freedom Fighters, weil die Anti-Castro Brigade ineffektiv ist. Edith Kermit Roosevelt unterstützt die Freedom Fighters mit $75'000. Rorke trat als 17jähriger der Armee bei und diente als Militärgeheimdienstspezialist im 2.Weltkrieg. 1952 heiratete er Jacqueline Billingsley, deren Vater der ehemalige Alkoholschmuggler Sherman Billingsley ist, dem der Stork Club gehört, wo sich die Mobster treffen und Hoover ein Stammgast ist.
Rorke arbeitet eng mit Diego Panque, Luis Diaz Lanz, Sergio Rojas, William Johnson und Julio Lobo zusammen und wird von Laureano Batista Falla unterstützt. Lobo ist im Juli 1964 zusammen mit Reeder Teofilo Babun Franco, Oscar Fernandez Viego, Eliseo Gomez Fernandez, Eduardo Garcia, Byron Cameron und José "Pepin" Bosch an einem Plan zur Beseitigung von Fidel Castro, Raul Castro und Che Guevara beteiligt, offenbar mithilfe der Mafia. Rorke ist auch mit Dominick Bartone von der Mafia in Cleveland befreundet. Frank Sturgis und die INTERPEN-Mitglieder Edmund Kolby und Lawrence "Larry" Howard finden sich im Adressbuch von Lee Harvey Oswald.

Gerald Patrick Hemming ging nach seinem Dienst bei den Marines im Februar 1959 nach Kuba, um der kubanischen Armee beizutreten. Dort stand er in Kontakt mit William Morgan und lernte Sandinisten kennen, die eine Invasion von Kuba aus starten wollen, um Somoza zu stürzen. Hemming verliess Kuba im August 1960, nachdem er im Juli wegen diesen Aktivitäten verhaftet worden war, und ging nach Mexico, wo er ebenfalls Kontakt mit dem sandinistischen Untergrund hatte und Sylvia Duran kennenlernte. Im Oktober tauchte er in Los Angeles auf, wo er Kontakt mit der Domestic Operations Division der CIA aufnahm.
Im März 1961 zog er nach Miami und gründete INTERPEN, eine Vereinigung von antikommunistischen US-Legionären, die mit Rolando Masferrer, Triple A, 20 de Mayo, II Frente Escambray, Bewegung 30. November und der Revolutionary Junta of National Liberation von Aureliano Sanchez Arrango zusammenarbeitet. An Operationen von Arrango nehmen Angestellte der Hughes Tool Company teil. INTERPEN wird von ehemaligen Casinobesitzern in Kuba, Clint Murchison, C. Osmet Moody, Nelson Bunker Hunt, Rubys Freund Gordon McLendon und der CIA gesponsert und ihre Mitglieder sind oft ehemalige Angehörige der kubanischen Rebellenarmee Castros. Dazu gehören Howard K. Davis, Lawrence John Howard, William Seymour, Edmund Kolby, Loran Hall, Edward Collins, Roy Hargraves, Robert K. Brown, Lawrence LaBorde, Joe Cavendish Garman und Richard Whatley. Hemming ist ein Freund von Senator George Smathers, der von Trujillo und Somoza geschmiert wird. Zusammen mit Eloy Gutierrez Menoyo plant er, ein paramilitärisches Trainingscamp ausserhalb der USA aufzubauen, wozu aber das Geld fehlt.
Hemming hat im Sommer in Fort Meyers Beach und in New Orleans Kontakt mit Oswald. Ab September ist er in Miami im No Name Key Camp, wo seine Gruppe am 4.12.62 verhaftet wird. Drei Tage danach ist Oswald im Camp und möchte Hemmings Gruppe, vermutlich als Spitzel, beitreten. Die Küstenwache führt eine Untersuchung durch gegen Hemming, Ronald Ponce De Leon, William Johnson Dempsey, William Houston Seymour, Edmund Kolby, James A. Lewis, Eleno Oviedo Alvares, Roy Hargraves, Edwin A. Collins, Steve Justin Wilson, Lawrence Howard, James Cavendish Garman und Remidio Arce.

Hemmings Kaderleute trainieren im Camp von Covington beim Lake Pontchartrain in Louisiana, wo David Ferrie mit Eladio Del Valle, dem Mitarbeiter von Rolando Masferrer, zusammenarbeitet. Del Valle ist durch Schmuggel mit seiner Importadora Valle sehr reich geworden. Obwohl er ins Parlament gewählt worden war, floh er am 25.12.59 vor Castro und eröffnete in Miami einen Lebensmittelladen als Front für Waffen und Sabotageausrüstungen für die Kämpfer. Zudem gründete er seine eigene Anti-Castro-Sabotage-Gruppe und arbeitet eng mit der Cuban Nationalist Movement in New Jersey zusammen. Ferrie und Del Valle fliegen mehrmals nach Kuba.

Nicht nur gegen Kuba werden Pläne geschmiedet: Kennedy unterstützt am 8. August den Einsatz Hunderter ‚Nationalchinesen aus Taiwan' als Agenten in China stand bei einem Besuch von CIA-Chef John McCone im Weissen Haus auf der Tagesordnung. Einen Tag später geht es den Sturz von Diktator Francois Duvalier In Haiti, weil eine Revolution wie in Kuba passieren könnte. Kennedy billigt die ‚Operation Duvalier'. Am 15.8.62 wird im Weissen Haus beschlossen, den Ministerpräsidenten von Britisch-Guyana, Cheddi Berret Jagan, mit CIA-Hilfe zu stürzen, weil seine Politik als zu links gilt, wofür $2 Mio. bewilligt werden. In derselben Sitzung geht es, ehe man sich wieder der bevorstehenden Militäraktion gegen Kuba widmet, um eine neue CIA-Doktrin, die in einem Dutzend Staaten in Asien und Südamerika verdeckte Operationen der USA vorsehen.

Quellen: Bartholomew: 52, 55, Weberman (4): 2, 14, (7): 11, 72-109, (10): 74-76, (11): 46ff, (16): 86-98, (21): 5, Russell: 3, Groden/ Livingstone: 349.


Juli 1962 Bobbys Bruch mit Marilyn   top

Datiert vom 13.7.62 liegt ein Report des Informanten José Bolaños auf dem Tisch von FBI-Direktor Hoover, der bestätigt, dass Robert Kennedy Geheiminformationen an Marilyn Monroe weitergab und sie mit Frederick Vanderbilt Field befreundet ist. Field kam am 10.7. nach New York und wohnt nun für mehrere Wochen in Marilyns Wohnung an der 444 East Fifty-Seven Street.

Nun ist es Jack Kennedy, der seinen Bruder beschwört, die Beziehung zu beenden, was dieser auf dieselbe Art tut. Am 17.7. versucht die tief verletzte Marilyn mehrmals erfolglos, Bobby auf seiner privaten Nummer und im Justizministerium zu erreichen. Monroe erzählt verschiedenen Leuten, dass er ihre Telefonanrufe nicht mehr beantworte. Als sie versucht habe, bei ihm zu Hause in Virginia anzurufen, sei der 1960 zum "Familienvater des Jahres" Gewählte ausser sich vor Wut gewesen. Auch Marilyn ist wütend über seinen Abgang, vor allem, nachdem sie bei den Lawfords gehört hat, er habe sie als idiotische Blondine und eine von Jacks Huren bezeichnet. Marilyn ist keineswegs das blonde Dummchen, die sie im Film in der Regel spielt. Sie ist ein Bücherwurm und liest mit Vorliebe Autoren wie Becket, Dostojewski, Flaubert, Freud, Hemingway oder Joyce und schreibt selbst Gedichte. Zudem belegt sie Kurse zur Literatur und amerikanischen Geschichte an der University of California. In diesem Sommer kündigt sie ein neues Projekt an: sie möchte Shakespears Heldinnen spielen: Julia, Ophelia und Lady Macbeth.

Marilyn ist schwanger von einem der Kennedybrüder, vermutlich vom Präsidenten, und lässt am Wochenende vom 19.-22. Juli im Cedars of Lebanon-Spital abtreiben. Wahrscheinlich war die Schwangerschaft ein weiterer Grund für den Streit der beiden, da Marilyn hoffte, dass der siebenfache Vater sich deswegen scheiden und sie heiraten würde. Marilyn hat seit langem den Wunsch nach einem Kind, um endlich geliebt zu werden. Sie hat 4 Fehlgeburten erlitten und mindestens 7 Abtreibungen hinter sich. Sie fühlt sich im Stich gelassen und benutzt. Sie sei von einem Mann an den anderen weitergereicht worden, meint sie und droht, die Öffentlichkeit zu informieren. Zwischen dem 22. und 27.7. gehen beim Wahlkampf-Hauptquartier von Teddy Kennedy anonyme Warnungen über eine Veröffentlichung der Beziehung von Bobby und Marilyn ein. Die Journalistin Hedda Hopper erhält ebenfalls Informationen über das Verhältnis. Ein Angestellter von Fred Otash ruft Bobby an und informiert ihn über die Bänder, die in Marilyns Haus aufgenommen wurden.

RFK verlässt sich auf Peter und Pat Lawford, die Marilyn von ihm fernhalten sollen, aber Marilyn besteht auf einer persönlichen Erklärung. Da Bobby ihr von den Castro-Mordversuchen, dem Hintergrund der Schweinebucht und der bevorstehenden Kubainvasion, der Wasserstoffbombe und seinem Kampf gegen Hoffa und die Mafia erzählt hat, wird sie für die CIA eine Gefahr, weiss sie doch zu viel, vor allem über die Kollaboration mit der Mafia. Die Kennedys, die CIA und die Mafia müssen verhindern, dass Marilyn ausplaudert. Der Counter-Intelligence Chef der CIA, James Jesus Angleton, der Marilyns Haus im Juni und Juli abhören lässt, macht sich Sorgen wegen des Tagebuchs. Marilyn vermutet zu Recht, dass ihr Telefon abgehört wird und wendet sich ironischerweise an Fred Otash. Sie will ihre eigenen Gespräche aufnehmen lassen, vermutlich um Beweismittel für ihre Affäre mit RFK zu erhalten. Sie weiss nicht, dass Otash im Auftrag von Bernard Spindel bereits ihr Telefon und ihr Haus verwanzt hat. Spindel arbeitet im Auftrag von Angleton, dessen Name auf einem Dokument figuriert. Die CIA stellt im Inland oft Privatdetektive für illegale Aktionen an.

Ralph Greenson und Hyman Engelberg verlieren mit dem Rückzug der Kennedys ebenfalls ihren Zugang und versuchen, Marilyn mit Beruhigungsmitteln ruhigzustellen, da sie von einer Veröffentlichung ebenso betroffen wären und damit rechnen müssen, dass sie wegen Spionage verurteilt würden.

Das Filmstudio Fox will den ausgehandelten Vertrag unterzeichnen, aber Marilyns Anwalt Mickey Rudin beginnt eine Verzögerungstaktik, da Marilyn den 25.7. abwarten will, wenn Darryl F. Zanuck die Kontrolle über die Fox zu übernehmen plant. Dies gelingt Zanuck, womit die Kennedys ihr Druckmittel verlieren. Damit hätte sie nichts mehr zu verlieren, wenn sie auspackt. Deshalb wird ihre Ermordung ins Auge gefasst. Die CIA bittet Sam Giancana, sie nötigenfalls zu eliminieren.

Peter Lawford organisiert die Teilnahme von Marilyn Monroe an einer Show von Frank Sinatra im Cal-Neva Lodge am 29.7.62, damit sie Robert Kennedy nicht belästigt. Bobby ist in Los Angeles, wo er eine Rede über die Bürgerrechte hält. Sinatra lädt sie angeblich ein, um ihren neuen Vertrag mit der Fox zu feiern und lässt sie mit seinem Privatflugzeug an den Tahoesee fliegen. Um sie zur Teilnahme zu überreden, wurde ihr gesagt, Bobby komme vielleicht ebenfalls. Lawford und Sinatra sprechen stundenlang mit Marilyn hinter verschlossenen Türen und wollen sie überzeugen, dass sie nicht an die Presse gelangen soll. Aber Marilyn fühlt sich ausgetrickst und droht mit einer Pressekonferenz, wenn sie von RFK hängengelassen werde. Zwischendurch ruft sie ihren Ex-Mann Joe DiMaggio an und sagt ihm, er solle sie retten. Der Baseballspieler erhält aber auf Anordnung von Sinatra kein Zimmer oder Zugang, und eine telefonische Verbindung wird ihm ebenfalls verweigert.
Mit dem zweiten Flug von Sinatras Privatjet kommt Sam Giancana ins Cal-Neva. Marilyn, Giancana, die Lawfords und Sinatra essen zusammen, wobei Marilyn schweigend am Tisch sitzt und sich betrinkt. Marilyn weint sich bei Giancana aus, wobei dieser ihr droht, den Mund zu halten. Dann bumst er sie, um sich zu beweisen, dass auch er haben kann, was die Kennedys haben. Um sie erpressen zu können, lässt Giancana Marilyn fotografieren. Laut dem Fotografen Billy Woodfield, der die Bilder entwickelt, wird die beinahe bewusstlose Marilyn sexuell missbraucht. Marilyn konsumiert danach alle vom Arzt Lee Siegel verschriebenen Nembutal, weshalb sie völlig weggetreten ist.
Sinatra befürchtet, Marilyn könnte das Wochenende nicht überleben und will sie weghaben, um einen Skandal zu vermeiden. Er lässt sie Sonntagnacht überstürzt in Begleitung von Lawford in seinem Flugzeug nach Los Angeles zurückbringen. Lawford stoppt kurz vor seinem Haus bei einer Telefonkabine und benachrichtigt JFK über die Vorfälle.

Gegenüber Ralph Roberts meint Marilyn, das Wochenende sei ein Albtraum gewesen, und gegenüber Paula Strasberg, dass sie Angst habe vor der Mafia. Am Morgen des 30.7. ruft Marilyn Bobby an, der trotz seines anfänglichen Widerstands den Anruf entgegennimmt, und sie sprechen 8 Minuten miteinander. Danach nennt Marilyn ihn einen Schweinehund, will ihn aber weiterhin zu einer persönlichen Stellungnahme zwingen. Er weigert sich jedoch, sie zu treffen.

Quellen: Wolfe: 434-443, Brown/ Barham: 279ff, Davis (1988): 241, Gregory/ Speriglio: 267-273, Carey/ Olgiatti.


August 1962 Die Ermordung von Marilyn Monroe   top

Marilyn Monroe ist in der kommenden Woche mit ihren Projekten beschäftigt und versucht Bobbys Coiffeur, Mickey Song, über die Kennedys auszufragen. Sie sucht nach Informationen über und Verbündeten gegen die Kennedys. Marilyn ist am 2.8. am Abend bei Lawford und bleibt trotz dem Einschüchterungsversuch Giancanas bei ihrer Drohung, dass sie am Montag eine Pressekonferenz einberufen und alles erzählen werde, sollte sich Robert Kennedy am Wochenende nicht mit ihr treffen.

Aufgrund dieser Drohung plant Bobby über Lawford ein Treffen mit Marilyn im La Scala am 3.8., was die CIA dem Mafiaboss Giancana mitteilt. Dieser gibt den Kontrakt an Felix Anthony Alderisio (‚Milwaukee Phil') und Johnny Roselli, die Gianola Leonard und James Tortorella sowie die Killer Frank "the German" Schweihs und Anthony "die Ameise" Spilotro nach Kalifornien schicken. Alderisio wurde bereits 36 Mal verhaftet, allerdings nie wegen Mord verurteilt, obwohl mindestens 14 Morde auf sein Konto gehen sollen. Ende der 60er Jahre steigt Alderisio für ein Jahr zum Boss von Chicago auf, bis er wegen Betreiben eines Call-Girl-Rings verurteilt wird. Vor seinem Haftantritt im Bundesgefängnis macht er neben Spilotro den im Pornogeschäft aktiven Patrick "Patsy" Ricciardo zu seinem Stellvertreter. Geplant ist, die Ermordung Marilyns so durchzuführen, dass RFK darin verwickelt ist und deshalb zurücktreten muss.

Unterdessen bekommt die Schauspielerin, nachdem die Direktion der Fox gewechselt hat, dank Peter Levathes einen neuen Vertrag, der ihr den Status eines Superstars garantiert.

Die Kolumnistin Dorothy Kilgallen veröffentlicht am 3.8.62 das Abenteuer von Marilyn "mit einem hohen Politiker." Ihr Geliebter Ron Pataki, ein Freund von Robert Slatzer, und der Presseattaché der Fox, Frank Neill, der sich in der Propagandakampagne gegen Marilyn ins Zeug gelegt hatte, brachten sie auf die Affäre mit RFK. Das FBI hört Kilgallens Telefon ab und erfährt, dass ihr Innendekorateur und Freund Howard Rothberg sie auch über die weitergegebenen Staatsgeheimnisse, das Tagebuch und die Drohung ins Bild setzte.

Marilyn versucht mehrmals, Bobby Kennedy in Hyannisport und im St. Francis Hotel in San Franciso zu erreichen. Diese Telefonnummern werden am 5.8. auf einem Zettel im Bett von Marilyn gefunden. Sie ist an diesem Tag sowohl bei Engelberg, der ihr Nembutal verschreibt und von denen sie drei nimmt, wie auch bei Greenson. Die Polizei fälscht nach ihrer Ermordung das Rezept und verdoppelt die verordnete Dosis auf 50 Tabletten. RFK verbringt das Wochenende mit seiner Familie bei John Bates, der mit seiner Behauptung, wonach Bobby die Gastfamilie nicht verlassen habe, das Alibi für den Justizminister liefert.

Am Abend des 3.8. nehmen Pat Newcomb und Peter Lawford Marilyn ins La Scala, wo sie Bobby trifft, wobei die beiden streiten. Marilyn muss klar geworden sein, dass der Justizminister hinter den Aktionen der Fox steckte und fühlt sich tief verletzt. RFK scheint sie im Gegenzug über die CIA-Erkenntnisse ihrer Kominten-Verbindungen zu informieren. In der Nacht und am kommenden Morgen ruft eine unbekannte Frau mehrmals bei Marilyn an, beschimpft, bedroht und warnt sie, RFK in Ruhe zu lassen.

Marilyn Monroe ruft am nächsten Morgen um 6 Uhr ihre Freundin Jeanne Carmen an und erzählt ihr von den nächtlichen Anrufen und möchte, dass sie herüberkommt, da sie ihr Dinge erzählen möchte, die sie am Telefon nicht erzählen kann. RFK muss ihr gesagt haben, dass Ralph Greenson sie für politische Zwecke missbraucht hat und Eunice Murray sein Wachhund sei. Marilyn beschloss bereits einige Tage vorher, auszumisten und hat bereits Paula Strasberg nach Hause geschickt. Jetzt will sie auch Pat Newcomb und Murray entlassen und die Therapie abbrechen. Eunice Murray hatte die Nacht bei sich zuhause verbracht und kommt um 8 Uhr bei Marilyn an. Gegen Mittag steht Pat Newcomb auf, wonach sie mit Marilyn erneut Streit hat wegen ihrer Loyalität gegenüber den Kennedys. Obwohl Marilyn, als sie in ihr Zimmer geht, sie wegschickt, bleibt Newcomb. Marilyn entlässt auch Murray und sagt ihr, sie solle ihre Sachen packen und gehen. Murray telefoniert Greenson, der aber keine Zeit hat, um zu kommen.

Um 11 Uhr landet Robert Kennedy im Helikopter bei den Fox Studios, wo Peter Lawford in einer Limousine auf ihn wartet. RFK hat sich im Beverly Hilton Hotel eingecheckt. Zwischen 15 und 16 Uhr kommen die beiden bei Marilyn an. Lawford schickt Murray und ihren Schwiegersohn Norman Jefferies, der als Handwerker an Marilyns Haus arbeitet, einkaufen, um keine Zeugen zu haben. Bobby und Marilyn streiten erneut: Sie wirft ihm seine nicht gehaltenen Versprechen vor. Bobby will ihr rotes Tagebuch haben und sucht es. Bernard Spindel und Fred Otash hören das Treffen und die weiteren Ereignisse dieser Nacht ab und nehmen diese auf Band auf.

Marilyn fühlt sich, nachdem die beiden gegangen sind, in Gefahr und telefoniert Sidney Guilaroff. Sie ist ausser sich, weint, und sagt ihm, Bobby hätte sie bedroht, angeschrien und herumgeschubst. Als Murray und Jefferies zurückkommen, ist Marilyn hysterisch, weshalb Murray Greenson bestellt, der zwischen 16.30 Uhr und 17 Uhr ankommt und ihr eine Beruhigungsspritze gibt. Während der Behandlung teilt ihm Marilyn mit, dass sie die Therapie beenden wolle. Als Ralph Roberts um 18.30 Uhr anruft, antwortet Greenson am Telefon und sagt, Marilyn sei nicht zuhause. Greenson weist die entlassene Haushälterin an, über Nacht zu bleiben. Nach der Sitzung, die bis 19 Uhr dauert, geht Pat Newcomb weg. Marilyn versucht mehrmals vergebens, Jack im Weissen Haus und in Hyannisport zu erreichen. Bobby telefoniert Marilyn und versucht, mit ihr "vernünftig" zu reden - erfolglos: Sie hängt den Hörer auf.

Um 21 Uhr erscheint Pat Newcomb bei den Lawfords, wo sich andere Gäste befinden, und sagt, Marilyn komme nicht, sie fühle sich nicht wohl. Marilyn hat aber bereits um 19.40 Uhr bei Lawford angerufen und wütend gesagt, sie habe versucht, Jack zu erreichen. Nachdem Joe DiMaggio sie anrief, wobei er sie als normal empfand, telefoniert sie von 20 bis 20.30 Uhr erneut mit Guilaroff, der sie auch als beruhigt erlebt. Sie sagt ihm, sie wisse viele gefährliche Geheimnisse über die Kennedys. Dann ruft sie um 21 Uhr das dritte Mal an diesem Tag Jeanne Carmen an, um sie vergeblich herüberzubitten. Danach ruft ihr Liebhaber Henry Rosenfeld an.
Eventuell ist Bobby Kennedy am Abend erneut bei Marilyn. Jedenfalls droht er ihr am Abend, er gäbe mehr als eine Möglichkeit, sie zum Schweigen zu bringen, wenn sie ihn bedrohe. Kurz nach 21.30 Uhr telefoniert José Bolaños, dem sie "etwas Schockierendes" erzählt. Während dem Gespräch geht Marilyn an die Tür und kommt nicht mehr ans Telefon zurück. Wahrscheinlich lässt Marilyn ihren ehemaligen Liebhaber Johnny Roselli mit seinen Männern selbst ins Haus. Anthony Spilotro und Frank Schweihs bringen Monroe mit einem speziell präparierten Zäpfchen Nembutal um. Das Präparat stammt vom selben Chemiker, der an den Mordversuchen Castros mitarbeitet, und die Dosis ist so stark, dass sie 15 Leute umbringen würde. Als die Wirkung eintritt und Marilyn langsam bewusstlos wird, suchen die Mörder das Tagebuch und brechen ihren Aktenschrank auf. Giancana hofft, dass die Polizei herausfindet, dass RFK kurz vor der Ermordung bei ihr war, was das Ende seiner Politikerkarriere wäre.

Anfang Dezember 1962 wird Schweihs Freundin Eugenia Pappas umgebracht, weil er sie eingeweiht hat und sie ihr Wissen nicht für sich behalten kann. 1986 verrät der reuige Frank Cullotta seine ehemaligen Kollegen Schweihs und Spilotro. Spilotro wird kurz drauf zusammen mit seinem Bruder Michael ermordet. Schweihs wird 1990 wegen Erpressung zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt.

Murray und Jefferies entdecken Marilyn nackt und bewusstlos im Gästehaus, wo sie auch den aufgebrochenen Aktenschrank bemerken. Marilyn teilte Robert Slatzer im April mit, dass Papiere aus ihrem Schrank verschwänden, worauf sie das Schloss wechseln und ein Fenstergitter anbringen liess. Murray ruft eine Ambulanz und telefoniert Greenson, der sie beauftragt, auch Engelberg zu informieren. Greenson seinerseits telefoniert Mickey Rudin, der wiederum Arthur Jacobs, Marilyns Public-Relation-Manager der Fox, benachrichtigt. Rudin fährt sofort hinüber. Peter Lawford erhält angeblich gegen 22.30 Uhr den alarmierenden Anruf, aber kaum von Marilyn, wie er behauptet. Wahrscheinlicher ist, dass ein anonymer Anruf erfolgt, um ihn und Bobby nochmals an den Tatort zu bringen. Daraufhin telefoniert er in Panik Joe Naar, der mit seiner Frau bis kurz nach 22 Uhr bei Lawford zu Besuch war, damit diese bei Marilyn vorbeischauen. Lawford ruft kurz darauf zurück und sagt ihm, er müsse nicht zu Marilyn gehen, da er mit Marilyns Arzt gesprochen habe. Lawford rast mit Pat Newcomb in seinem Mercedes zu Marilyns Haus. Lawford und Newcomb kommen als erste kurz vor der Ambulanz an. Newcomb wird hysterisch und schreit Murray an: "Mörder! Mörder! Seid ihr jetzt zufrieden, wo sie tot ist?"

Die Schaefer-Ambulanz trifft um 22.40 Uhr ein. James Hall und sein Begleiter Murray Liebowitz versuchen, Marilyn am Boden im Gästehaus wiederzubeleben. Der Besitzer Walter Schaefer bestreitet nachher, dass eines seiner Fahrzeuge an den Fifth Helena Drive gerufen worden sei. Schaefer besitzt gleichzeitig einen Air Ambulance Service und führt als medizinische Notfälle getarnte geheime Flüge nach Idaho, Cal-Neva, Palm Springs und Cabo San Lucas für den Präsidenten und den Justizminister aus, auch in Begleitung von Marilyn und anderen Frauen. Später erzählt Schaefer eine andere Geschichte, wonach Marilyn im Krankenhaus gestorben und dann wieder zurückgeschafft worden sei. Der Wiederbelebungsversuch der Sanitäter funktioniert, und sie wollen Marilyn ins Krankenhaus fahren, als Ralph Greenson kommt und eine andere Methode anordnet. Obwohl sie mit den Massnahmen des Psychiaters nicht einverstanden sind, dürfen sie als Sanitäter einem Arzt nicht widersprechen. Als sich ihr Zustand daraufhin verschlechtert, versucht Greenson, ihr Adrenalin direkt ins Herz zu spritzen, aber die Spritze trifft eine Rippe und Marilyn stirbt. Newcomb beginnt zu schreien: "Sie ist tot!". Lawford versucht sie zu beruhigen. Als Hall seinen Report schreibt, kommt Polizist Marvin Iannone, spricht kurz mit Lawford, geht dann ins Hauptgebäude und unterschreibt Halls Rapport.

Bereits um 22.45 Uhr wird Arthur Jacobs von Pat Newcomb vom Tod Marilyns informiert. Jacobs benachrichtigt die Fox, deren Sicherheitsagenten alle das Studio betreffenden Papiere mitnehmen. Ein Teil dieser Papiere wird später verbrannt. Mehrere Polizeiautos, Krankenwagen und Feuerwehrwagen erscheinen, und ein Polizeihelikopter, vermutlich mit Bobby an Bord, landet in der Nähe. Der verantwortliche LAPD-Polizist Captain James Hamilton und Polizeichef William Parker sind mit RFK eng befreundet, und zwei der Detektive gehören zu Bobbys Sicherheitsstab. Agenten in Zivil arrangieren das Selbstmord-Szenario, und die Leiche wird ins Schlafzimmer gebracht, nachdem Engelberg gegen Mitternacht eintrifft.

Kurz vor Mitternacht stoppt Polizist Lynn Franklin einen Mercedes, der mit übersetzter Geschwindigkeit fährt. Peter Lawford sitzt am Steuer und fährt Bobby, neben dem Greenson sitzt, zum Beverly Hilton Hotel. RFK schliesst mit Greenson einen Deal, um sich gegenseitig zu decken, und beauftragt Lawford, seine Spuren zu eliminieren. Bei Lawford landet um 2 Uhr ein Helikopter, der RFK an den Flughafen fliegt. Danach fährt Lawford, unterdessen betrunken, zu Fred Otash, der ihm helfen und zu Marilyns Haus gehen soll, um belastendes Material wegzuschaffen, was Otash ablehnt. Lawford geht daraufhin allein durch die Hintertür in Marilyns Haus, um zusammen mit Frank Neill, Arthur Jacobs und Eunice Murray Spuren zu beseitigen. Ein Teil dieser Dokumente landet später bei RFK, der Rest wird verbrannt. Zusätzliche Medikamente werden hingestellt, aber Marilyns Treuhänderin Inez Melson, die um 5 Uhr ankommt, wirft diese in die Toilette und zerstört so die "Beweise", so dass am Morgen nur noch 10 Chloralhydrat-Tabletten gefunden werden.

Hyman Engelberg telefoniert um 4.25 Uhr der Polizei und behauptet, es handle sich um einen unfreiwilligen Selbstmord wegen Medikamentenmissbrauchs. Als Sergeant Jack Clemmons um 4.35 Uhr eintrifft, ist Murray am Waschen der Betttücher. Engelberg und Greenson verhalten sich eigenartig und ihre Geschichte erscheint dem Polizisten unglaubwürdig, weil beispielsweise ein Glas zur Einnahme der Tabletten nicht zu finden ist. Polizeileutnant Grover Armstrong und Sergeant Robert Byron kommen um 5.30 Uhr und befragen die Anwesenden Engelberg, Murray, Jefferies, Rudin und Newcomb, die daran ist, die Schubladen und das Schlafzimmer zu durchsuchen.
Murray, Engelberg und Greenson verschieben später ihre Story um dreieinhalb Stunden. Captain James Hamilton von der Geheimpolizei ist mit einigen Agenten am Morgen wieder im Haus, nachdem er am frühen Morgen bei der General Telephone die Liste der Telefonaufzeichnungen der letzten Tage vor Marilyns Tod konfiszierte, die William Parker als Versicherung für seine versprochene Nachfolge von Hoover als FBI-Direktor behält. Neben 4 FBI-Agenten und 3 Agenten der Fox arbeitet auch ein Techniker der General Telephone, der bereits die Linie unterbricht, im Haus. Ein FBI-Agent verbrennt einen Stapel von Marilyns Notizen und Tonbänder, vermutlich mit Aufnahmen für die Sitzungen mit Greenson, im Cheminee.

Peter Lawford telefoniert um 6.05 Uhr während 20 Minuten mit John Kennedy im Oval Office und fliegt anschliessend nach Hyannisport. Am Sonntagmorgen, als die ersten Meldungen über Monroes Tod erscheinen, befindet sich Bobby mit seiner Familie bei der Messe in Gilroy. Polizeichef William Parker unterstellt die Untersuchung seinem Sicherheitsdienst, womit alle Fakten geheim bleiben, bezeichnenderweise wegen nationalen Sicherheitsgründen. Der Sicherheitsdienst darf zudem nur untersuchen, warum, und nicht wie der "Selbstmord" passierte.

Die Leiche wird zuerst in ein falsches Leichenschauhaus gebracht, um eine Autopsie des zuständigen Gerichtsmediziners zu umgehen. Dr. Theodore Curphey kontrolliert die Autopsie, die er an Dr. Thomas Noguchi delegiert, schreibt Teile des Berichts neu und lässt Beweismaterial verschwinden. Marilyns Magen enthält bloss 20ml einer braunen nichtgiftigen Substanz, und es werden keine Nadeleinstiche gefunden. Trotzdem ist die Nembutal- und Chloralhydrat-Konzentration in ihrem Blut und in der Leber sehr hoch. Zudem ist der Grimmdarm dunkelviolett gefärbt, während der querliegende Dickdarm leer ist, was auf die Vergiftung durch einen Einlauf hindeutet. Da auch Raymond Abernethy vom toxikologischen Institut der Medizinischen Fakultät der UCLA Gewebeproben und Autopsieberichte verschwinden lässt, bleibt die offizielle Untersuchung der Polizei äusserst lückenhaft. Im offiziellen Dokument werden nur zwei blaue Flecken ohne Erklärung erwähnt, obwohl mehrere Quetschstellen gefunden werden. Arthur Jacobs ist, nach Absprache mit Parker, Lawford und dem Fox-Pressesprecher Rupert Allan, der Architekt der offiziellen Version des unfreiwilligen Suizids, die am Sonntagnachmittag genau festgelegt wird. Da Monroe trank, viele Medikamente und Drogen konsumierte, und da die Fox die Entlassung in ihrer Kampagne bereits mit "Depressivität und Selbstmordgefahr" begründete, wird die Suizidthese schnell akzeptiert.

Der Assistent des Gerichtsmediziners, Lionel Grandison, schickt am 6.8. einen Fahrer zu Marilyns Haus, um Adressen von Angehörigen zu suchen. Dieser kommt mit dem roten Tagebuch und einem Adressbuch, welche Murray ihm gab, zurück. Das Tagebuch verschwindet am nächsten Tag aus Grandisons Safe, vermutlich durch Curphey. Dieser setzt eine Untersuchungskommission der UCLA ein, womit keine Aussagen unter Eid möglich sind. Greenson ist ein Mitglied dieser Fakultät und der einzige befragte Zeuge dieser Untersuchung. Da er seine Meinung ändert und gegenüber seinem Freund John Miner, Staatsanwalt und Professor für Gerichtsmedizin, nach dessen Geheimhaltungszusicherung sagt, er glaube nicht an einen Selbstmord, verschwindet das Memorandum seiner Aussagen. Polizeichef Parker bringt die Monroe-Akte am 12.12.62 persönlich zu RFK nach Washington, worauf auch sie verschwindet. Von der 723seitigen Akte bleiben im offiziellen Bericht nur noch 54 Seiten übrig. Allerdings hat Thad Brown, der Chef der Detektive von Los Angeles, eine 700seitige Kopie der Akte.

J. Edgar Hoover unterstützt die Vertuschungsaktion. 14 Tage nach der Ermordung nimmt das FBI Telefongespräche von Mobstern auf, die über die Publikation der Affäre von Bobby und Marilyn diskutieren. Sie werden kurz darauf wegen Erpressung verhaftet und verurteilt. Eunice Murray, Pat Newcomb und Ralph Greenson gehen für längere Zeit ins Ausland. James Hamilton wird 1963 zum Sicherheitschef der National Football League befördert, nachdem sein Assistent Marvin Iannone zuvor von Hamilton zum Leutnant der Geheimdienstabteilung befördert wurde. Pat Newcomb wird Verbindungsagentin der USIA von Hollywood, ebenfalls auf Initiative von Robert Kennedy. Arthur Jacobs, der Chef von Pat Newcomb, wird einige Wochen nach dem Mord zum Produzenten der Grossprojekte der Fox befördert. Die CIA unterdrückt Veröffentlichungen von Journalisten wie Dorothy Kilgallen. CIA-Agent Mike Rothmiller bestätigt 38 Jahre später, dass er ein CIA-Protokoll eingesehen habe von einem Gespräch zwischen dem Präsidenten und Marilyn über ein Geheimprojekt (die Invasion Kubas) und Akten, aus denen die Involviertheit des Geheimdienstes in die Ermordung hervorgehe.

Der rechtsextreme ehemalige FBI-Agent Frank Capell veröffentlicht 1964 als erster in seinem Buch "The Strange Death of Marilyn Monroe" die Mordthese, beschreibt ihre Beziehung mit Bobby und seine Präsenz bei Marilyn am 4.8.62. Hoover verteilt 25 Exemplare dieses Buches an FBI-Agenten, während der Justizminister Capells Telefon abhören lässt. 1985 will Sam Cordova, der Vorsitzende der Grossen Jury von Los Angeles, eine neue Untersuchung einleiten, worauf er entlassen, in seinem Büro eingebrochen und seine Monroe-Akte gestohlen wird.

Quellen: Giancana: 44f, 446-493, Wolfe: 444-464, Brown/ Barham: 287ff, 300ff, Gregory/ Speriglio: 314-343, DiEugenio (1997): 24f, Carey/ Olgiatti, Theoharis/ Cox: 413, Spoto, Davis (1988): 243, Summers (1993): 299ff, Durieux, Verges/ Hamelin, Younger,


August 1962 Campbell und Bestechungen   top

In Judith Campbells Wohnung in Los Angeles brechen am 7.8.62 zwei Männer ein, während der FBI-Agent William Carter zuschaut. Nach drei Tagen hat das FBI, ohne die Polizei zu benachrichtigen, herausgefunden, dass das Fluchtauto der Einbrecher vom ehemaligen FBI-Agenten I. B. Hale, dem Sicherheitschef der General Dynamics Corporation, gemietet wurde. Die Einbrecher waren seine Zwillingssöhne Bobby und Billy, die versuchen, Beweismaterial für die Beziehung von Campbell und Jack Kennedy zu finden, um den Präsidenten erpressen zu können.
Es geht um die Zusprechung des bis anhin grössten Staatsauftrags für Flugzeugbeschaffung über $6,5 Mia. Ginge der Vertrag an den Konkurrenten Boing, müsste General Dynamics schliessen, da der Konzern in den letzten zwei Jahren $400 Mio. Verlust machte. Drei Monate später erhält General Dynamics den Auftrag für die Produktion des Tactical Fighter Experimental-Jets, obwohl dieses Flugzeug seinem Konkurrenten von Boeing weit unterlegen ist. Kennedy limitiert seine öffentliche Rolle angesichts der aufkommenden Kritik, indem er sich hinter die "Entscheidung" von Verteidigungsminister Robert McNamara stellt und damit von der Affäre distanziert.

Allerdings kann der Skandal nicht vollständig unterdrückt werden: Der Navy-Sekretär Fred Korth muss im Oktober 1963 zurücktreten, weil die Bestechungszahlung für den Milliarden-Auftrag über die Continental National Bank of Fort Worth, dessen Präsident er zuvor war, getätigt wurde. Da Korth für Lyndon B. Johnson gearbeitet hat, kommt der TFX-Fall im Zusammenhang mit dem Bobby Baker-Skandal wieder auf. Johnson kassierte $100'000, um den Auftrag abzusichern. Die Air Force kauft knapp 600 von 2400 geplanten, in F-111S umbenannten Jets, obwohl der Stückpreis von 1962 geschätzten $2,8 Mio. bis 1970 auf über $22 Mio. steigt. Die Navy löst den Vertrag zum Kauf von 1700 Flugzeugen 1968 auf, nachdem sieben unbrauchbare Prototypen geliefert wurden.

Campbells Beziehung zu Jack geht in die Brüche, wobei Campbell beim letzten Treffen schwanger wird und abtreiben muss. Sie wendet sich auf Initiative von JFK um Hilfe an Sam Giancana, der ihr anbietet, sie zu heiraten, weil er meint, sie würde es verdienen. Damit beginnt eine Liebesaffäre. Nach anderen Angaben haben die beiden bereits seit Herbst 1961 eine Affäre. Offenbar interveniert Giancana später einmal bei Jerry Lee Lewis, mit dem Judy arbeitet und von dem sie sich sexuell belästigt fühlt.
Bobbys CIA-Agent Charles Ford ersetzt danach Campbell als Geheimkanal der Kennedys zur Mafia. Campbell wird selbst nach Kennedys Ermordung weiterhin vom FBI überwacht und lebt in ständiger Angst.

Quellen: Obenhause, Hersh: 317-325, Scott (1993): 220, Best: 23, 80.


September 1962 Morddrohungen gegen die Kennedys   top

Privatdetektiv Edward Becker lernt Carlos Marcello über Carlo Roppolo, der einen Öl-Deal abschliessen will, kennen. Auf seine Schwierigkeiten mit den Kennedys angesprochen, reagiert Marcello heftig: "Livarsi na pietri di la scarpa" (Nehmt den Stein aus meinem Schuh) und äussert ihm gegenüber, er wolle JFK töten lassen und einen Spinner vorschieben, der die Schuld auf sich nehme. Weshalb er den Präsidenten und nicht den Justizminister umbringen wolle, erläutert er mit einem sizilianischen Sprichwort: "Wenn du einen Hund töten willst, hack ihm nicht den Schwanz ab, sondern den Kopf." Becker, der den Eindruck hat, dass Marcello seine Mordpläne bereits mit anderen Leuten abgesprochen hat, wird am 20.11.62 vom FBI im Ermittlungsfall Billie Sol Estes interviewt. Er erwähnt dabei sein Treffen mit Marcello, aber da der Agent daran nicht interessiert ist, erzählt Becker nichts von den Morddrohungen.
Becker gibt 1965 diese Information an Ed Reid weiter, der ein Buch darüber schreibt. Vor der Veröffentlichung verlangt das FBI, die Passage, dass das FBI bereits vor dem Attentat vom Treffen Beckers mit Marcello gewusst habe, zu streichen. Becker wird 1967 von Hoover in den Dreck gezogen, wozu Sidney Korshak die Informationen liefert. Korshak ist als Nachfolger von Willie Bioff einer der wichtigsten Links zwischen legaler Geschäftswelt und Organisiertem Verbrechen. Der Anwalt von Chicago arbeitet für Hoffa, Giancana, Roselli, Gus Alex und Murrey Humphreys und ist mit Ronald Reagan befreundet.
Laut Gesetz muss das FBI Drohungen gegenüber Staatsbeamten dem Secret Service melden, was J. Edgar Hoover bei missliebigen Politikern wie Kennedy unterlässt. Bereits am 17.7.62 nahm das FBI ein Gespräch auf zwischen Angelo Bruno, Boss von Philadelphia, und Russell Bufalino, Capo in Pittston, in dem sie über Marcellos Schwierigkeiten mit RFK sprachen.

Floridaboss Santos Trafficante gibt dem Exilkubanerführer José Aleman jr. im Hotel Scott Bryant in Miami zu verstehen, dass der Präsident noch vor den Wahlen 1964 getötet werde. Trafficante organisiert für Aleman einen Millionenkredit von den Teamsters, um dessen Kampftruppen zu finanzieren. Da Aleman gleichzeitig ein FBI-Informant ist, gibt er diese Morddrohung weiter.
Castro liess das 50'000 Ahren-Grundstück Alemans konfiszieren, obwohl er in den späten 50er Jahren Waffen für Castro schmuggelte. Als Aleman im Dezember 1960 in die USA floh, hatte er eine Liste mit Kriegsmaterial dabei, das Castro angeblich von den Russen gekauft haben soll. 1960 sagte Aleman in einem Prozess gegen Sammy Mannarino und Norman Rothman aus, mit denen er Waffen schmuggelte und die beide für Trafficante arbeiten. Andererseits scheint Aleman an der Rekrutierung seines Freundes Rolando Cubela durch die CIA zur Ermordung Castros beteiligt gewesen zu sein. Aleman ist mit dem Watergate-Einbrecher Eugenio Martinez befreundet, der im Auftrag der CIA insgesamt 354 geheime Missionen nach Kuba unternimmt.
Alemans Vater hatte als Erziehungsminister unter dem kubanischen Präsidenten Ramon Grau 60 Millionen Pesos abgezwackt und in Miami angelegt, was Aleman erbte. Über Grau wurde der Hotelangestellte Santos de la Caridad Perez angeheuert, der Castro vergiften sollte.

Die rassistischen Blätter The Thunderbolt von Alabama und The Winrod Letter von Arkansas druckten im Mai und Juni 1962 Berichte über die geheimgehaltene Heirat von John Kennedy mit Durie Malcolm. 1957 wurde das Familiengeheimnis von Louis L. Blauvelt in seinem Familienstammbaum-Buch gelüftet, und 1961 begann das Buch bei den politischen Gegnern der Kennedys zu zirkulieren. Hoover liess im Herbst 1961 Informationen über die Heirat mit Durie Malcolm verbreiten und brachte dieses Thema am 22.11.61 mit Bobby Kennedy auf. Jack wandte sich deshalb erneut an Clark Clifford, der erreichte, dass Durie Malcolm aussagen würde, sie sei nie mit JFK verheiratet gewesen. Nachdem im September 1962 die Geschichte im auflagenstarken Parade-Magazin kommt, können die Kennedys Ben Bradlee dazu bringen, im Newsweek einen Artikel zu veröffentlichen, der die "Gerüchte" zum Schweigen bringt.

Quellen: Davis (1988): 111-117, 211-218, Griffith (1996): 3, Weberman (6): 75, Best: 41, Summers (1993): 326ff, 292ff, Anson: 304, Moldea: 2-5, Hersh: 337f.


Oktober 1962 Die Kuba-Krise   top

Obwohl John Kennedy seit dem 10. August vom Geheimdienst immer wieder Berichte und Warnungen über sowjetische Rüstungsaktivitäten auf Kuba erhält, glaubt er Georgi Bolschakow, dass Chruschtschow nur Defensivwaffen nach Kuba bringen lasse. Am 6.10. läuft der Schlachtplan für die Kuba-Invasion an, der die Einkreisung Kubas mit 24-36 Zerstörern sowie Flugzeugträgereinheiten, Luftangriffe mit 450-500 Flugzeugen sowie den Einsatz von Fallschirmjägern und Landungseinheiten der Marine mit zunächst 30'000 und später 180'000 Soldaten vorsieht, indem alle an einer Invasion beteiligten Streitkräfte in verstärkte Bereitschaft versetzt. Als Deckmantel dient das am 15.10. später anlaufende Manöver PHIBRIGLEX-62 mit 40 Kriegsschiffen, 20'000 Matrosen und 4000 Marines. Am 24.9. hatte JFK die Genehmigung erteilt, 150'000 Reservisten einzuberufen. General Curtis Le May, der Nordvietnam "ins Steinzeitalter zurückbomben" will, lässt Nachschub nach Florida fliegen, und das taktische Luftkommando soll bis am 20.10. kampfbereit sein. Kurz vor den Kongresswahlen sollte die Befreiung Kubas erfolgen. Aber am 15.10. liegen Beweise für die atomaren Mittelstreckenraketen auf Kuba vor, womit die Invasion in Frage gestellt wird. Daher gründet Kennedy ad hoc das Executive Committee des National Security Council, um mögliche Kritiker zu isolieren. Einen Tag zuvor kritisierte Eisenhower, JFK würde keine entschlossene Aussenpolitik verfolgen. Wütend, dass ihn Chruschtschow täuscht, nimmt JFK das Risiko eines Atomkriegs in Kauf, um sich zu rächen und seine Entschlossenheit zu beweisen. JFK hat sich seit längerem auf eine Machtprobe mit Russland in Berlin eingestellt und hält die Gelegenheit für ein Kräftemessen mit Chruschtschow für günstig. Normalerweise würde, wie Adlai Stevenson dies vorschlägt, dem sowjetischen Botschafter unter vier Augen ein ultimativer Vorschlag unterbreitet, bevor die Öffentlichkeit informiert und das Prestige der USA aufs Spiel gesetzt wird. An der ersten Sitzung der Ex-Comm wird Stevensons Vorschlag verworfen und man diskutiert bezeichnenderweise darüber, wie man Castro loswerden könnte und ob man, sobald die Welt über die Raketenstationierung informiert ist, einen Luftangriff oder eine Blockade starten soll. Der rechte Flügel will eine Invasion Kubas, die Mehrheit der Ex-Comm einen Luftangriff. Eine Entscheidung wird aber nicht getroffen.

JFK rechnet damit, dass der sowjetische Aussenminister Andrei Gromyko bei seinem schon früher geplanten Besuch am 18.10. nichts über die Raketen sagen würde, und stellt ihm damit eine Falle. Prompt versichert Gromyko erneut, Russland unterstütze Kuba nur mit Verteidigungswaffen. Damit kann JFK die Russen der bewussten Irreführung anklagen, was er in seiner Fernsehansprache tut. JFK erlaubt einem New York Times-Reporter, wörtlich aus dem Protokoll zu zitieren, um seine Anschuldigungen zu untermauern. Dabei haben die Russen sich eigentlich keine besondere Mühe gegeben, die Stationierung der Raketen zu verheimlichen, da es ihnen um die Verhinderung der geplanten Invasion Kubas geht. Nachdem Generalstabschef Taylor und Luftwaffenchef Sweeney am nächsten Tag dem Präsidenten erklärten, mit Luftangriffen könnten höchstens 90% der sowjetischen Raketenstellungen zerstört werden und dafür seien mehrere hundert Bombereinsätze nötig, schien ihm diese Option zum jetzigen Zeitpunkt zu gefährlich für die USA. Er beschliesst beschliesst eine Blockade, was eine Kriegshandlung ohne völkerrechtliche Grundlage ist. JFK verletzt damit die diplomatische Gepflogenheit, dem Gegner eine Rückzugsmöglichkeit zu lassen und betreibt eine personengebundene Machtpolitik.
Am 22.10.62 tritt der Präsident über das Fernsehen an die Öffentlichkeit und gibt die Blockade Kubas bekannt, beruft den Sicherheitsrat der UNO ein und droht mit weiteren Massnahmen, wenn die Raketen nicht zurückgezogen würden. Der UN-Generalsekretär Sinth U Thant, ein Buddhist aus Burma, bezeichnet die Rede als die schlimmste, die er je hörte, und die Blockade als technischer Kriegsbeginn zwischen den USA und der UdSSR. Nikita Chruschtschow protestiert in Telegrammen an Kennedy gegen die US-Blockade und stellt klar, dass die sowjetischen Raketen nur der Verteidigung gegen einen Angriff der USA dienten und sofort überflüssig würden, wenn die USA auf ihre Angriffspläne verzichteten und ihrerseits die auf die Sowjetunion gerichteten US-Raketen aus der Türkei abzögen.

Trotzdem werden die Invasionsvorbereitungen intensiviert, und JFK ordnet DEFCON 2an, die höchste Alarmbereitschaft im Nichtkriegsfall, was die Mobilisierung von über 100'000 Infanteristen und 40'000 Marines sowie die Bereitstellung von 579 Jagdflugzeugen, 1436 Bombern und 172 Interkontinentalraketen bedeutet. Dabei wissen die Ex-Comm-Mitglieder nicht, dass sich bereits mindestens 134 Atomsprengköpfe und 42'000 sowjetische Soldaten auf Kuba befinden. Die ursprünglichen Schätzungen der kubanischen Informanten über die russischen Truppen sind zwar präzis, werden aber innerhalb der CIA für unrealistisch hoch eingeschätzt und halbiert. Die sowjetischen Schiffe, die weiteres Material nach Kuba transportieren, behalten ihren Kurs bei.
Während die Welt den Atem anhält, lässt Nikita Chruschtschow die Schiffe, die die US-Blockade erreichen, stoppen und befiehlt, die Aufklärungsflugzeuge über Kuba nicht unter Beschuss zu nehmen. Da Bolschakow nach Moskau zurückberufen wird, wendet sich Robert Kennedy an den neuen Botschafter Anatoly Dobrynin. Am Abend des 24.10. verweigert Chruschtschow die Rückzugsforderungen der USA und verkündet die Einsatzfähigkeit der Raketen auf Kuba.

In der UdSSR finden kein Alarm und keine militärischen Bewegungen statt, nur die russischen Soldaten auf Kuba arbeiten rund um die Uhr, um die Raketen einsatzfähig zu machen. Das angebliche militärische Gleichgewicht wird durch die Raketen auf Kuba nicht verändert: Die USA besitzen 3000 Atomsprengköpfe und 300 Basen, während die UdSSR etwa 250 Köpfe, inklusive denjenigen auf Kuba, und zwischen 24 und 44 Basen haben. 1959 liess Eisenhower Jupiter-Mittelstreckenraketen in der Türkei stationieren, die seit dem Antritt der Kennedy-Regierung operationsfähig sind; einer der Gründe für Chruschtschows Entschluss für die Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba.

Obwohl bereits 24 Raketen einsatzbereit sind und atomare Kurzstreckenraketen bereit stehen, offeriert Chruschtschow am 27.10. den Rückzug, wenn die USA ebenfalls ihre Raketen aus der Türkei zurückziehen. Die USA lehnen diesen Vorschlag ab, weil JFK sich öffentlich auf den Standpunkt gestellt hat, dass mit Russland nicht verhandelt wird. Am gleichen Nachmittag verschärft sich die Kubakrise jedoch, als die Sowjets einen U-2-Aufklärer über Kuba abschiessen. Luftwaffengeneral Curtis LeMay erklärt unter Hinweis auf die nukleare Überlegenheit der USA: "Lasst uns Kuba vollständig zerstören - wir sollten es heute noch auslöschen." Zudem lässt ein hoher US-General ohne Autorisation Kennedys eine unbestückte Rakete abfeuern, um den Konflikt zu eskalieren. Robert Kennedy und Botschafter Dobrynin schliessen in letzter Minute ein Geheimabkommen, das den heimlichen Abzug der Nato-Jupiter-Raketen aus der Türkei vorsieht, was Chruschtschow akzeptiert.
Vordergründig gewinnt Kennedy, wobei er seine politische Glaubwürdigkeit aber durch den geheimen Vertrag in die Hände der sowjetischen Führer legt. Dabei gelingt es den Kennedys, die vorangehenden Aggressionen und Invasionspläne gegen Kuba geheimzuhalten. Nicht einmal die Berater der Ex-Comm wissen etwas von MONGOOSE und TASK FORCE W. Die Welt erfährt erst 25 Jahre später vom Geheimabkommen, über das nicht einmal Vize-Präsident Johnson informiert wurde. Verteidigungsminister McNamara gibt die Order zum Rückzug der 15 Jupiterraketen aus der Türkei nur einen Tag nach der Rückzugs-Ankündigung Chruschtschows, wobei jeder Zusammenhang abgestritten wird.

JFK lässt UN-Botschafter Adlai Stevenson, der zu Beginn des Konflikts einen Handel mit den Russen vorgeschlagen hatte, nämlich die Raketen aus der Türkei abzuziehen, wenn die Russen die Raketen auf Kuba wieder demontierten, in einem Artikel von Charles Bartlett und Stewart Alsop diskreditieren. Stevenson wird vorgeworfen, er habe ein München gewollt, obwohl er sich im UN-Sicherheitsrat sehr eingesetzt hatte. Aber Stevenson war Kennedy mit seinem Vorschlag zu wenig loyal. Auch John McCone, der JFK wegen Aufklärungsflügen in den Ohren lag, muss öffentliche Kritik einstecken, weil die CIA nicht früher gemerkt habe, dass die Russen Raketen auf Kuba montieren.

Trotz dem öffentlichen Versprechen Kennedys, die Souveränität Kubas zu respektieren, gehen die Invasionsvorbereitungen weiter. Schon am 29. 10., nachdem der Abbau der Raketenstellungen bereits begonnen hat, informiert das Hauptquartier der atlantischen Streitkräfte (CINCLAND) den Generalstab, dass die Invasionsplanung modifiziert worden sei und nun auch den Einsatz taktischer Atomwaffen vorsehe. Hohe Militärs fordern, mit den Angriffen gegen Kuba zu beginnen. Am 5.11. meint Kennedy, die Invasionspläne für Kuba seien "zu dünn", weshalb drei weitere Divisionen der Reservisten mobilisiert werden sollten, was zwei Tage später geschah. Am 8.11. sprengt ein CIA-Sabotageteam eine kubanische Fabrik in die Luft. Am folgenden Tag verlässt das letzte sowjetische Schiff mit abgebauten Raketen Kuba. Allerdings bleiben von den USA nicht entdeckte taktische sowjetische Atomwaffen auf Kuba, weil Chruschtschow den USA nicht traut. 5 Tage später führen die USA ein grosses Landemanöver in North-Carolina durch, als Probe für eine Invasion Kubas. Die US-Schiffsblockade wird erst am 20.11. aufgehoben, und im Dezember ziehen die Russen die Atomwaffen heimlich ab.
Kennedy ändert den Auftrag der CIA, Castro los zu werden, nicht. Am 25.8.62 war es der DRE beinahe gelungen, Castro bei dem Beschuss des Sierra Maestre Hotel in Havanna, wo er sich einen Chaplin-Film ansah, zu ermorden. CIA-Planungsdirektor Richard Helms gratuliert den Führern dieser Attacke. DRE und Alpha 66 planen weitere gemeinsame Angriffe auf Kuba, wozu José Leon Basulto Dynamit nach Lake Pontchartrain schmuggelt. Basulto taucht als Sprecher der Exilkubaner und im Contra-Skandal wieder auf. Da es William Harvey nicht gelungen ist, Castro umzubringen, wird er von den Kennedys abgesetzt, wobei Helms ihn "rettet", indem er ihn als Stationschef nach Rom versetzt. Sam Giancana und John Roselli verlieren mit der Versetzung Harveys ihre Rolle im Mordplot. Nachfolger als Cuban Operations Chief wird Desmond FitzGerald. Im Zweiten Weltkrieg trat der Major der OSS bei und arbeitete als Operationsoffizier in Südostasien. 1951 kam er in die CIA und wurde schnell zum Chef der Far East Operations Division befördert. Unter FitzGeralds Aufsicht beginnt die CIA, autonom operierende Exilkubaner-Gruppen mit Waffen, Geld und Geheimdienstinformationen zu versorgen. Da die CIA keine Kontrolle über deren Aktivitäten hat, kann die Regierung behaupten, sie hätte nichts mit dem Sabotagekrieg in Kuba zu tun. Am 17.3.63 greift die Alpha 66 von Antonio Veciana einen sowjetischen Posten auf Kuba und zwei kubanische Frachter an. An der letzten Sitzung der Ex-Comm am 29.3.63 wird darüber diskutiert, ob man Angriffe der Exilkubaner dulden soll. Da die Mitglieder der Kommission die Attacken stoppen oder zumindest einschränken wollen, um die Beziehung zur Sowjetunion nicht unnötig zu belasten, löst JFK die Kommission auf. Am 31.3. sprengen Masferrers Truppen unter der Leitung von Oscar del Valle Garci ein sowjetisches Schiff in die Luft. Bei dieser Aktion ist als einziger Amerikaner Jerry Buchanan dabei, der Protégé von Frank Sturgis, Orlando Bosch und Manuel Gil. Sein Bruder James Buchanan propagiert später die falsche Oswald-Story von Sturgis.

Kennedy bringt die CIA in eine absurde Situation, da das sich nun definitiv zum Sozialismus bekennende Regime ohne militärische Invasion nicht beseitigt werden kann. Eines der Hauptprobleme für die CIA ist, dass sich Robert Kennedy immer wieder direkt einmischt und dabei andere Befehle erteilt als die CIA. So trifft er sich zum Beispiel regelmässig mit Manuel Artime, dem Gründer der Brigade 2506, deren Mitglieder nach der Freilassung erneut Guerilla-Attacken gegen Kuba durchführen. Kurz vor Weihnachten 1962 zahlt Bobby privat organisierte $53 Mio. Lösegeld in Form von Medikamenten und Landwirtschaftsmaschinen für die Rückkehr der Brigade 2506. JFK verspricht diesen Überlebenden der Schweinebuchtinvasion die Befreiung der Insel, mit der Flagge in der Hand: "Ich verspreche euch, dass diese Flagge in einem freien Havanna dieser Brigade zurückgegeben wird." Der Hass gegen JFK ist allerdings so gross, dass diese Worte nicht ernst genommen werden. Im Januar 1963 treffen sich die Kennedys mit Artime, der die USA um sechs Divisionen zum Angriff gegen Kuba bittet, was die beiden abschlagen. Die angebliche Kühnheit und Standfestigkeit des Präsidenten lässt dessen Popularitätsrate in die Höhe schnellen, und die Demokraten schneiden bei den Zwischenwahlen vom November erstaunlich gut ab. Zu den Gewinnern gehört auch Teddy Kennedy, der einen Senatssitz in Massachusetts gewinnt, obwohl Hoover dafür sorgte, dass in der Presse veröffentlicht wurde, dass Teddy von der Harvard suspendiert wurde, weil einer seiner Freunde sein Spanisch-Examen schrieb.

Nach seinem "Triumph" in der Raketenkrise wird Kennedy zunehmend arrogant seinen westlichen Bündnispartnern gegenüber, und ein berauschendes Gefühl von Machtsicherheit beherrscht das Weisse Haus. JFK glaubt, Kuba habe eine Berlin-Krise unwahrscheinlich gemacht. Mit OPLAN 316/63 wird die nächste Operation zur Elimination Castros und der Invasion Kubas geplant. Kennedy will die Machtausdehnung und plant, die NATO-Partner mittels Überlassung von US-Atomwaffen näher mit den USA zu verschweissen und träumt von einer militärischen und wirtschaftlichen und langfristig auch politischen Einheit unter amerikanischer Führung. Charles de Gaulle wehrt sich gegen die Einbindung von Europa in die US-Politik, indem er am 14.1.63 das Veto gegen Grossbritanniens Beitritt zum gemeinsamen Markt mit den USA einlegt. Die USA haben Grossbritannien mit viel Druck zu einem Beitritt zur EWG gedrängt, nachdem die Europäische Freihandelszone EFTA 1960 gegründet wurde, wobei die USA eine politische Ausrichtung der EFTA einfordern. Mit der Blockierung Grossbritanniens kann de Gaulle einen zentralistischen Wirtschaftsblock unter Führung der USA verhindern und seine Vorstellung eines Europa der Vaterländer durchsetzen.
Zudem baut Frankreich seine eigene, unabhängige Atomstreitmacht auf. Obwohl de Gaulle weder aus der NATO austreten noch mit Russland separate Vereinbarungen treffen will, sieht JFK das westliche Bündnis bereits in Gefahr. De Gaulle überlebt zahlreiche Attentatsversuche. Erst nach dem Tod de Gaulles am 9.1.70 wird die Zentralisierung Europas unter der Leitung des US-Lobbyisten Jean Monnet wieder ungehindet fortgesetzt.

Seit seinem Antritt hat Kennedy das Militärbudget um 20% erhöht und den Rüstungsvorsprung der USA beträchtlich vergrössert. Trotzdem kommt Verteidigungsminister McNamara zum Schluss, dass das atomare Wettrüsten eine Politik des Nicht-gewinnen-könnens ist. Der westliche Block ist auch an konventionellen Waffen und Truppenstärke überlegen, da die Sowjetunion ihre Armee nach dem 2. Weltkrieg in mehreren Phasen reduziert hat. Die NATO verfügt über 5 Mio. Soldaten, der Warschauer Pakt über 4,5 Mio. Nachdem die USA ihre atmosphärischen Atomversuche wiederaufgenommen hatten, sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Roswell Gilpatric im Mai 1962, die USA wollten ihre augenblickliche Schlagkraft in den nächsten 3 Jahren verdoppeln. JFK bleibt von der Möglichkeit eines begrenzten Kriegs überzeugt und hat detaillierte und umfangreiche Vorbereitungen unternommen, um einen solchen Krieg beginnen zu können. Dabei weiss er, dass es keine sowjetische Aggressionsgefahr gibt, da die Russen einen grossen Teil ihrer Landstreitkräfte entlassen haben. Ziel der Anstrengungen ist es, die UdSSR erpressen zu können.
Seit Ende der 50er Jahre baut die US Navy das Sound Surveillance Systems, ein elektronisches Netzwerk von Unterwasserabhöranlagen im Atlantik und Pazifik auf, um sowjetische U-Boote zu überwachen. Da dem SOSUS grosse Wichtigkeit beigemessen wird, kann der grösste Teil der Weltmeere nach einigen Jahren akustisch überwacht werden. Mit dem Ende des Kalten Kriegs wird das SOSUS durch Überwachungssatelliten ersetzt.

Quellen: Hersh: 3, 341-382, Horowitz: 339-371, Griffith (1996), Weberman (10): 49, 52, (12): 8, Collier/ Horowitz: 372-378, Bartholomew: 53, Best: 20, 38, Powers: 233f, Obenhause, Ascherson, Karel (1), Summers (2000): 166, Afterbach, Amara, Biermann, Ganser, Engberg: 2, Hamilton-Paterson (2000): 44.


Oktober 1962 Ermordung von Enrico Mattei   top

Auf Druck von Exxon verhinderte John Kennedy im Oktober 1961 den Pipeline-Bau von der UdSSR nach Italien. ENI-Chef Enrico Mattei hatte mit der Sowjetunion einen Importvertrag ausgehandelt, der die von dem Kartell bisher künstlich hochgehaltenen Preise in Europa umgeworfen hätte. Er sprengte das Gewinngefüge der sieben Schwestern, indem er Ägypten und dem Iran eine Gewinnaufteilung von 75:25 statt der üblichen 50:50 anbot. Zudem offerierte der ehemalige Partisan dem Iran eine Beteiligungskonzession, ohne dass das Land selbst Risikokapital beisteuern müsste. Um sich abzusichern, machte Mattei mit Stimmenkauf seinen Freund Giovanni Gronchi zum Staatspräsidenten und stampfte die Tageszeitung Il Giorni aus dem Boden. Obwohl Exxon günstiges Öl aus Libyen und die geheime finanzielle Unterstützung seiner Partei, der Democrazia Cristiana, anbietet, und Mattei diesen Plänen nicht abgeneigt scheint, wird das Flugzeug des unbequemen Eindringlings am 27.10.62 mittels einer Bombe zum Absturz gebracht, kurz bevor Kennedy und Mattei eine Vereinbarung hätten unterschreiben sollen.

Der ultimative Grund für die Ermordung liegt in den Plänen Matteis, die sich zur Demokratie bekennenden Kommunisten in die Regierung einzubinden und Italien aus der NATO herauszulösen. Das Attentat wird von drei Paten im Auftrag der amerikanischen Mafia und der US-Ölkonzerne in Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten ausgeführt. Mattei verfügt zu seinem Schutz über zwei identische und permanent bewachte Flugzeuge, wobei beide Flugzeuge am Todestag innerhalb einer Stunde in Sizilien vollgetankt werden. Der Sprengstoff wird hinter dem Armaturenbrett platziert und an den Ausklappmechanismus des Fahrwerks angekoppelt. Die Geheimdienste intervenieren nach dem Absturz sofort, zwingen Augenzeugen zur Änderung ihrer Aussagen und zerstören alle wichtigen Beweismittel. Verteidigungsminister Giulio Andreotti setzt eine Untersuchungskommission ein, die weitere Beweismittel manipuliert und den Absturz zum Unfall erklärt. Das zweite Flugzeug wird einige Monate später in die USA verkauft. ENI-Nachfolger Eugenio Cefis arrangiert sich mit der NATO und den Ölkonzernen.
Der Journalist Mauro De Mauro von der linken Tageszeitung L'Ora untersucht den Fall später und wird am 16.9.70 entführt. Die Unterlagen seiner Recherchen verschwinden bei einem Einbruch in sein Büro, und er wird umgebracht. 1975 untersucht der Filmemacher Pier Paolo Pasolini die Fälle Mattei und De Mauro, um sie in einer geplanten Novelle ‚Petrolio' zu veröffentlichen. Er behauptet im Manuskript, dass der neue ENI-Chef Cefis und Gründer der P2-Loge in das Attentat involviert gewesen sei, worauf er am 2.11.75 umgebracht wird. Der 17jährige Giuseppe ‚Pino' Pelosi muss die Verantwortung für den Mord übernehmen, der als Beziehungsmord unter Homosexuellen interpretiert wird. Pelosi wiederruft sein Geständnis 30 Jahre später. Der italienische Geheimdienst verhindert daraufhin eine erfolgreiche Neuuntersuchung des Falles.

Quellen: Epstein: 23, Meurice, Pons, Schulz: 157, 328, CIA-Info: 14, Pletschinger/ Bredenbrock.


Dezember 1962 Unterstützung Israels   top

Kennedy durchbricht das Waffenembargo, das Truman 1948 gegen Israel verhängte. Drei Monate vor dem Rückzug der Briten aus Palästina begann der Bürgerkrieg zwischen den Juden und den Palästinensern, wobei David Ben Gurion seinen Mitarbeiter Moshe Sharett hilfesuchend nach Washington schickt. Truman unterstützte einen israelischen Staat, aber Aussenminister George Marshall, der überzeugt war, dass die Gründung Israels zu einem jahrelangen Krieg führen würde, wehrte sich vehement dagegen. Trotzdem anerkannten die USA als erste den Staat Israel, der am 14.5.48, einen Tag nach dem Abzug der britischen Mandatsmacht, von David Ben Gurion ausgerufen worden war.
Den von Ägypten, Jordanien, Syrien und Libanon am 15.5.48 begonnenen Krieg benutzte Israel für eine ethnische Säuberung. Bereits am 10.3.48 hatten 11 zionistische Führer beschlossen, die demographischen Verhältnisse zu ihren Gunsten zu verändern. Die Elitetruppe der Haganah, die Palmach-Miliz, zog daraufhin brandschatzend durch die begehrten Gebiete und zwang die Bewohner mit vorgehaltener Waffe zur Flucht, und an einigen wenigen Orten wie in Deir Yassim kam es zu Massakern, die in den arabischen Medien dann oft übertrieben dargestellt wurden. Diese Meldungen führten zur Flucht vieler Palästinenser. Neun Monate später waren über eine Million Palästinenser vertrieben, 531 palästinensische Dörfer zerstört und 11 Stadtquartiere ‚gesäubert'. 900 Araber und 300 Israeli starben. Die Armeen der arabischen Verbündeten sind dermassen schlecht organisiert, dass der Angriff nach drei Wochen versandete. In Ägypten führte die Niederlage zum Staatstreich vom 23.7.52 durch die Militärs unter Anwar al-Sadat, bei dem König Farouk abgesetzt wurde. Insbesondere die Eroberung Haiffas war entscheidend für das Überleben Israels.
Nachdem sich Ben Gurion in einen Kibbuz zurückzog, versuchte der bisherige Aussenminister Sharrett einen Verständigungskurs mit den Palästinensern. Aber die von Ben Gurion eingesetzten Hardliner um Moshe Dayan sabotierten die Verständigungspolitik, indem etwa Ariel Scharon das Dorf Qibya in Schutt und Asche legte. Dass Israel ein eigentlicher Terrorstaat ist, liegt auch daran, dass fast alle führenden Politiker Mörder und Terroristen waren. So versuchte etwa Menachem Begin, der spätere Ministerpräsident und Friedensnobelpreisträger von 1978, den deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer mit einer Briefbombe ermorden zu lassen, um eine Einigung über deutsche Entschädigungen an die Holocaust-Opfer zu verhindern. Am 27.3.52 wurden zwei Jungen auf dem Münchner Bahnhof gebeten, ein an Adenauer adressiertes Paket auf der Post in Schwabing abzugeben. Ein Sprengmeister der Polizei starb bei der Explosion, die unter anderem von Elieser Sudit, Mitglied der ehemaligen "Irgun Zwai Leumi" ("Etzel"), organisiert wurde. Begin war Kommandant dieser jüdischen Terrororganisation, die gegen die Briten kämpfte und 1948 offiziell aufgelöst wurde. Zudem trafen zwei Briefbomben in Wassenaar bei Den Haag ein, wo Deutschland und Israel über einen Vertrag verhandelten.
Am 27.12.62 teilt Kennedy der erfreuten Aussenministerin Golda Meir mit, die USA hätten mit Israel eine besondere Beziehung, so dass die USA im Falle einer Invasion eingreifen würden. Kennedy übt jedoch keinen Druck aus wegen Inspektionen in der Atomanlage von Dimona. 1958 hatte ein U-2-Spionageflug die Anlage entdeckt, die mit französischer Unterstützung gebaut worden war. Im selben Jahr kam der Nationale Sicherheitsrat zum ‚Schluss', dass der wachsende arabische Nationalismus nur mit der Unterstützung Israels eingedämmt werden könne. Nach einem gescheiterten Annäherungsversuch Kennedys an den ägyptischen Präsidenten Nasser, der sich in der Kubakrise auf die Seite Kubas stellte, soll Israel nun zum amerikanischen Brückenkopf im Nahen Osten ausgebaut werden. Johnson wird die politische, militärische und wirtschaftliche Hilfe an Israel nach dem Sechstagekrieg 1967 weiter ausbauen. Auch für ihn sind die israelischen Atombomben kein Problem. Im Jahr 2000 verfügt Israel über 200 Atom- und 35 Wasserstoffbomben mit entsprechenden Trägersystemen von Kurz- und Langstreckenraketen.

Quellen: Elon, Pappe, Merle.

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