Dieser Teil der Chronik behandelt das erste Jahr der Präsidentschaft
Kennedys: die Aussenpolitik, die Geheimdienste, die Mafia und die Frauen.
Zentrale Themen und Personen:
Kennedys Kabinett und Robert Kennedys Kampf gegen das Organisierte
Verbrechen , Medien und Frauen, Krieg
in Vietnam und Laos: Special Forces, Agent Orange, Putsch gegen Souvanna Phouma,
Opium, Kuba, Invasionspläne, Castro-Mordversuche,
Schweinebucht-Invasion, Marcellos
Ausschaffung und Todesdrohungen, Ermordung von Rafael
Trujillo, Dominikanische Republik, Charles de Gaulle,
Nikita Chruschtschow, Georgi N. Bolschakow, Berliner Mauer,,
Sex and Drugs, Judith Campbell, Mary Pinchot Meyer, Philipp Graham,
Timothy Leary und Studentenbewegung, Marilyn Monroe,
US-Geheimdienste CIA, DIA, NSA, Sturz
von Cheddi Jagan in Britisch-Guyana , Rassenprobleme,
Kennedys Konfrontationspolitik.
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In seiner Inaugurationsrede am 20.1.61 gibt sich John F. Kennedy als knallharter Kalter Krieger. Mit keinem Wort erwähnt er die Innenpolitik, die ihn auch nicht interessiert, weil er sich in der Aussenpolitik als Sieger profilieren will. Nach seiner Überzeugung gehen grosse Männer und grosse Taten aus grossen Krisen hervor. Er versteht Geschichte als Bühne, auf der sich der Held inszenieren und behaupten muss. Auch wenn seine Strategie scheitert wie bei der Schweinebucht-Invasion, bleibt er bei der Politik der Herausforderung und der permanenten Krisengeneration. Die entscheidenden Themen seines Lebens und seiner Politik sind Gefahr, Krise, Kampf und Opferbereitschaft, und der Vergleich seiner New Frontier-Politik mit dem Wilden Westen, der bald mit Indochina assoziiert wird, ist bezeichnend. Kennedy wird in der Presse als Pragmatiker charakterisiert, bei dem der Drang zur Macht gekoppelt ist mit der Angst vor dem Versagen. Zudem hat er die Tendenz, Probleme und wichtige Fragen auf sich persönlich zu beziehen und, als Kehrseite der Medaille, seine persönlichen und institutionellen Einflussmöglichkeiten zu überschätzen. Verglichen mit Eisenhower sind seine Interpretationen der sozialen und nationalen Konflikte viel differenzierter, kommen aber aufgrund des permanenten Macht- und Wahlkampfes während seiner Präsidentschaft nicht zum Tragen. Die Inszenierung der Macht betrifft auch das Weisse Haus, wo Jackie mithilfe von engagierten Künstlern eine glänzende Repräsentationsstätte aufbaut. Abgesegnet von Giancana organisiert Frank Sinatra in zwei Monaten harter Arbeit die pompöseste und mit über $1 Mio. auch teuerste aller Galafeiern, die zur Inauguration stattfinden und zum Teil im Fernsehen direkt übertragen werden.
Kennedy kümmerte sich erst sehr spät um seine Regierungsbildung, da der Wahlkampf weitgehend vom Vater bezahlt wurde und er wenige Ämterversprechen eingehen musste. Er bittet Skull and Bones-Mitglied Robert Lovett um eine Liste mit Vorschlägen für sein Kabinett, die Hardliner wie Dean Rusk, Robert McNamara, Henry Cabot Lodge, McGeorge und William Bundy enthält. Die mangelnde Wählerbasis versucht Kennedy zu lösen, indem er die Opposition in die Administration einbindet, indem er viele Schlüsselposten im Kabinett mit jungen Republikanern besetzt: Finanzminister wird C. Douglas Dillon, Verteidigungsminister Robert McNamara, Sonderberater für Nationale Sicherheit Frederick McGeorge Bundy und stellvertretender Justizminister Nicholas Katzenbach. Allen W. Dulles bleibt CIA-Direktor, obwohl ihm Kennedy nicht traut.
Aussenminister wird der Demokrat Dean Rusk, der als schwache Figur im Hintergrund bleibt und JFK die Show auf der Weltbühne nicht streitig macht. Noch jünger sind die beiden gut 30jährigen Redenschreiber Theodore Sorenson und Richard Goodwin, die mit Pressesekretär und Frauenorganisator Pierre Salinger, John Kenneth Galbraith, Walt Whitman Rostow und Arthur M. Schlesinger zum "Braintrust" gehören. Zur "irischen Mafia" gehören die persönlichen Berater Kenneth O'Donnell, Lawrence O'Brien und Dave Powers. Zu den "New Frontiers" gehören auch der stellvertretende Justizminister Byron White, sein Assistent Burke Marshall und George W. Ball, der Nachfolger von Unterstaatssekretär Chester Bowles. Kennedy findet die älteren Mitarbeiter wie UNO-Botschafter Adlai Stevenson, Bowles und Vizepräsident Lyndon Johnson meist langweilig und behandelt sie herablassend.
FBI-Direktor J. Edgar Hoover, den JFK übernehmen muss, weiss, dass die Wahl nicht nur in Illinois und Texas gefälscht wurde, sondern auch in New Jersey und Missouri. Ein FBI-Bericht über den Wahlbetrug von Chicago wird kurz nach dem Regierungswechsel dem Justizministerium weitergeleitet, auf den Robert Kennedy natürlich nicht reagiert, da nur der Justizminister rechtliche Schritte wegen den Wahlen veranlassen kann.
Die Wahl des Bruders zum Justizminister irritiert Mafiaboss Sam Giancana, der Frank Sinatra, Murray Humphreys, John Roselli, Lewis McWillie und Richard Daley zur Abklärung schickt. Trotz der Loyalitätsbezeugungen des Vaters und des Präsidenten erklärt Bobby den Kampf gegen das Organisierte Verbrechen zur obersten Priorität. Robert Kennedy stellt eine Liste der 30 mächtigsten Bosse zusammen und bereitet mit dem FBI, dem FBN, dem INS und dem IRS eine Attacke vor. Carlos Marcello, Sam Giancana, Santos Trafficante, Frankie Carbo und Tony Corallo von der Lucchese-Familie, der Los Angeles-Boss Mickey Cohen, Mike Coppola von Detroit, Angelo Bruno von Philadelphia, James Plumeri aus New York und Teamsterpräsident Jimmy Hoffa stehen auf der Liste. Bobbys Kampf gegen das Organisierte Verbrechen hat neben der Publizität eine wichtige parteipolitische Komponente: mafiainfiltrierte Parteimaschinen wie New Orleans und Texas, die Lyndon B. Johnson favorisierten, sollen geschwächt werden. Die Aushebelung von Marcello und Hoffa zielt darauf ab, Johnsons Position zu destabilisieren, da er als Vizepräsident für die Nachfolge von John prädestiniert ist. Da neben Johnson auch Nixon von Marcello und Hoffa bezahlt wird, ist die Eliminierung von Marcello und Hoffa für die Sicherung der Herrschaft der Kennedys zentral.
Hoover verbietet seinen Agenten, dem Justizministerium gegen die Mafia behilflich zu sein. Allerdings kann auch Hoover nicht nichts tun: er lässt verschiedene Mafiosi auf Bobbys Befehl beschatten. John Kennedy beginnt jedoch, Giancana vertrauliche FBI-Kopien über Judy Campbell zuzustellen. Diese regelmässig überbrachten Dokumente zeigen Giancana, dass das FBI ihn ständig überwacht. JFK lässt Giancana allerdings nur diejenigen Berichte Hoovers zukommen, in denen die Mikrofonüberwachung nicht erwähnt wird. Die Kenntnisse des FBI sind so präzis, dass Giancana klar wird, dass zumindest ein Informant sich in seiner Organisation befinden muss. Im Mai 1961 lässt Giancana den Informanten William Jackson durch Fifi Buccieri umbringen. An einem Fleischerhaken aufgegabelt wird er während 48 Stunden grausamst gefoltert, und der Horror wird zur Abschreckung fotografiert. Die verstümmelte Leiche wird in einem Autokofferraum gefunden.
Harry Anslinger von der Drogenbehörde zeigt sich ein bisschen kooperativer als Hoover. Aber wirkliche Unterstützung erhält Bobby nur von der Steuerbehörde, die aufgrund mangelnder Einkommenssteuern relativ einfach Illegalität nachweisen kann, und vor der Einwohnerkontrolle. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis von FBI, FBN und IRS, die hochstehende "Informanten" laufen liessen und dafür Kleinkriminelle verhafteten, will Bobby nun Basisinformanten nutzen, um an die grosse Tiere wie Jimmy Hoffa heranzukommen. Das FBI muss 25 Agenten einsetzen, um Hoffa permanent zu überwachen, die von einem zentralen Funkkommandoposten gesteuert werden. Bernhard Spindel, über den Hoffa seine Untergebenen bei den Teamsters abhören liess, kann diesen FBI-Funkverkehr abhören. Hoffa verlässt sich nicht auf die Zusicherungen des Wahlkampfes und die Abhörungen. Er kann Senator Edward V. Long mit einer Anzahlung von $48'000 über Morris Shenker dazu bringen, Robert Kennedy wegen Verletzung der Bürgerfreiheiten bei den Überwachungen unter die Lupe zu nehmen. Long wird 1963 Vorsitzender des Subcommittee on Administrative Practice and Procedure und stellt Bernard Fensterwald als Hauptanwalt ein. Fensterwald promovierte an der Georgetown University School of Advanced International Studies, einer CIA-Front, und arbeitet 1961 für Senator Estes Kefauver, dessen Senate Antitrust and Monopoly Subcommittee Drogengeschäfte untersucht. Kefauver feuert Fensterwald 1963, der dann zu Long wechselt, weil er einen von Kennedy versprochenen Botschafterposten nicht bekommt.
Quellen: Posener: 91-116, Davis (1984): 225-243, Hersh: 153, Horowitz: 331, Weberman (25): 17-19, Olgiatti, Summers (1993): 230-240, 282-287, Gregory/ Speriglio: 221, Collier/ Horowitz: 316-325, Karel (1), Lewens/ Wall, Tarpley/ Chaitkin: 243.
Januar 1961 Medien und Frauen top
Joe Kennedy lässt sich praktisch nie im Weissen Haus blicken. Aber die
Kennedys haben eine Standleitung gepachtet, die Joes Büro in New York direkt
mit dem Oval Office, einem privaten Nebenraum und dem Wohntrakt des Weissen
Hauses verbindet. Der Vater bestimmt nicht nur die Zusammensetzung des Kabinetts,
sondern auch die Politik, wobei er sich insbesondere um die Wirtschaftspolitik
kümmert. Die Kennedys haben das Gefühl, sie könnten ihre eigenen
Regeln schaffen.
John Kennedy überschätzt sich und seine Macht masslos und blüht auf in seiner Rolle als Medienstar. Die Medien erhalten grosse Aufmerksamkeit und berichten oft enthusiastisch vom idealen Familienleben im Weissen Haus. Mithilfe der Kinder kann Jack seinen Ruf und seine Playboy-Allüren kompensieren und sich als Vater, auch der Nation, präsentieren. Auch Jackie hat nichts gegen die Verwertung ihrer Kinder für Publicity-Zwecke einzuwenden, solange sie die Kontrolle über das veröffentlichte Material behält. Erzogen werden Caroline und John jr. fast ausschliesslich vom Kindermädchen Maude Shaw, das nicht fotografiert werden darf. Das englische Kindermädchen muss den Kindern selbst die Nachricht vom Tod ihres Vaters überbringen. Bewusst kultivieren die Kennedys das Image eines lockeren Familienlebens, das, neben dem Reichtum, den amerikanischen Traum von Familienglück darstellt. Zudem gibt er im Schnitt alle zwei Wochen als erster Präsident vom Fernsehen übertragene Pressekonferenzen.
Allerdings stimmt das in der Öffentlichkeit verbreitete Bild des hartarbeitenden Präsidenten und aufmerksamen Ehemanns und Familienvaters in keiner Weise mit dem überein, was im Weissen Haus, wenn die First Lady nicht da ist, und auf den Reisen mit Frauen läuft. Während den Inaugurationsfeierlichkeiten verführt Jack die Schauspielerin Angie Dickinson, mit der er seit kurzem ein Verhältnis hat, das bis im Mai 1962 dauert, obwohl Dickinson tabletten- und alkoholsüchtig ist und zeitweise in die Klinik muss. Als man sie fragt, wie es gewesen sei, mit dem Präsidenten der USA Sex zu haben, erwidert sie trocken: "Es waren die aufregendsten sieben Minuten meines Lebens." Ein Pilot von Lockheed verwanzt ein Flugzeug, das mit einem Bett ausgestattet ist und von JFK und Dickinson benutzt wird, und versucht danach, vom Präsidenten eine grosse Summe zu erpressen. Das FBI bricht in die Wohnung des Piloten ein, und das Tonband landet schliesslich bei Hoover.
Dave Powers Hauptbeschäftigung besteht darin, für den Präsidenten Prostituierte und Hollywood-Starletts aufzutreiben, Treffen zu organisieren oder sie ins Weisse Haus zu bringen. Nachher muss er ihnen eintrichtern, dass nichts an die Öffentlichkeit dringen darf. Obwohl ihm Prostituierte eigentlich am liebsten sind, sieht Jack einige Frauen auch über längere Zeit. Zum Beispiel stellt er die beiden Wahlkampfmitarbeiterinnen "Fiddle" und "Faddle" im Weissen Haus ein, um sich über Mittag im Swimming Pool oder im Privatgemach mit ihnen zu vergnügen. Bobby und Teddy sind manchmal im Swimming Pool dabei, wenn der Präsident sich mit Frauen, meistens zwei gleichzeitig, entspannt. Der Secret Service hat kein Recht, die von Powers mitgebrachten Frauen zu überprüfen, was angesichts Kennedys konfliktreicher Aussen- und Innenpolitik ein gefährliches Spiel ist. Dafür gehört es zu den Aufgaben der Agenten, JFK zu warnen, wenn seine Frau zurückkommt.
Jackie toleriert, was sie für ein normales männliches Verhalten hält,
wie sie es bei ihrem Vater erlebte, und verlangt lediglich Diskretion. Wenn
er diese Forderung verletzt, entzieht sie sich und zwingt ihn, indem sie sich
mit anderen Männern in der Öffentlichkeit zeigt, sich an die Regel
zu halten. Als sie einmal einen Slip findet, sagt sie ihm, er solle sich darum
kümmern, wem er gehöre. Das sei nicht ihre Grösse. Jackie leidet
aber zeitweise an so starken Depressionen, dass sie sich einer Elektroschocktherapie
unterzieht, eine Geheimnis, das selbst vor der Familie gehütet wird. Pamela
Turnure, die mit JFK ein Verhältnis während seiner Senatszeit hatte,
wird Jackies Pressesekretärin.
Jack hat sein Verhalten ebenfalls von seinem Vater gelernt. Joe Kennedy vergnügt
sich ohne jede Scham mit anderen Frauen, selbst zuhause, wenn sich Rose um den
Besuch kümmert. Insgesamt hat JFK während seiner kurzen Präsidentschaft,
abgesehen von den Prostituierten, Verhältnisse mit mindestens 32 Frauen.
Da Hoover auch das Privatleben der Politiker bespitzeln lässt, hat er genügend
Erpressungsmaterial in der Hand, um nicht von JFK entlassen werden zu können.
Aber nicht nur Hoover, auch die Mafia überwacht die sexuellen Abenteuer
der Kennedys, um mit diesen Informationen Druck auszuüben. Die Beeinflussung
der Politik mittels sexueller Erpressung ist in Washington normal. Immer wieder
werden Kongressabgeordnete und Verwaltungsbeamte von mafiafinanzierten Call
Girls verführt und dabei mittels Wanzen festgenagelt.
Bobby Bakers Freund Fred Black unterhält dazu eine Hotelsuite im Sheraton-Carlton
in Washington und benutzt den Call Girl-Service von Heidi Rikan, der im Watergate-Skandal
auftaucht und sich nur ein paar Schritte vom Hauptsitz des Democratic National
Committee befindet. Fred Black ist Lobbyist der North American Aircraft, Freund
von Johnny Roselli und Geschäftspartner von Clifford Jones, Louis Weiner
und Benny Seigelbaum bei der Waikiki Savings & Loan Association in Honolulu
und der Farmers and Merchants State Bank in Tulsa. Black erpresst 1966 Hoover
mit der Drohung, Hintergründe zum Kennedyattentat zu enthüllen, damit
sein Prozess wegen Steuerhinterziehung beim Supreme Court unterdrückt wird.
1961 gründen Bobby Baker und Fred Black die Verkaufsmaschinenfirma Serv-U
Corp., wobei die anderen Partner 16 Mal mehr für eine Aktie bezahlen als
die beiden. 1963 kauft die Serv-U mit Präsident Grant Stockdale Bakers
bankrottes Carousel Motel in Ocean City für $1 Mio. auf. McWillie, Baker
und Jones sind in viele gemeinsame Transaktionen verwickelt, zum Beispiel bei
der Greatamerica-Holding mit Abe Fortas, der für Johnson arbeitet und Bakers
Anwalt ist.
JFK wird seit 1960 von Dr. Max Jacobson mit Drogen oder Aufputschmitteln versorgt,
welche er sich zum Teil alle sechs Stunden spritzt. Besonders in Krisensituationen
greift JFK auf die Hilfe von "Dr. Feelgood" zurück, der den Präsidenten
auf verschiedenen wichtigen Reisen begleitet und im Logbuch des Weissen Hauses
als regelmässiger Besucher verzeichnet ist. Da der Secret Service nicht
nur die sexuellen Exzesse des Präsidenten kennt, sondern auch seinen Drogenkonsum,
machen sich die Agenten Sorgen über die nationale Sicherheit, da der Präsident
über die Befehlsgewalt der Atombomben verfügt. 1968 wird gegen Jacobson
wegen Verdachts auf Missbrauch von Amphetaminen eine Untersuchung eingeleitet
und 1975 wird ihm die Praxiserlaubnis entzogen. Kennedys Verhalten beeinflusst
die Agenten und Mitarbeiter des Weissen Hauses, so dass Alkohol- und Sexexzesse
normal werden. JFK ist dabei so unbekümmert, dass es 1963 nur noch eine
Frage der Zeit ist, bis es zu einem Skandal kommt.
Zehn Tage nach der Inauguration berichtet das italienische Magazin Le Ore über
Jacks Beziehung im Jahre 1951 mit Alicia Darr, die den Interviewern erzählte,
sie könnte jetzt First Lady sein. Angeblich seien die beiden verlobt gewesen
und hätten geheiratet, wenn nicht sein Vater wegen ihrer halbjüdischen
Herkunft eingeschritten wäre. Eigentlich heisst sie Barbara Maria Kopszynska
und war eine hochbezahlte Prostituierte in Boston, als sie JFK 1951 kennenlernte.
1952 war sie in den New Yorker Jelke-Sex-Skandal verwickelt, und 1953 leitete
sie einen Call-Girl-Service in New York. 1957 änderte sie ihren Namen und
heiratete den Schauspieler Edmund Purdom, mit dem sie nach Rom zog. Nach der
Scheidung 1959 hat sie Finanzprobleme und musste wegen ungedeckten Schecks kurz
ins Gefängnis. JFK wird im April 1960 von Bobby Baker informiert, Darr
könnte über den Anwalt Mickey Weiner versuchen, die Kennedys zu erpressen,
da sie Johnsons Leuten versprochen habe, sie würde für $150'000 ihre
Story in einer Zeugenaussage bestätigen. Clark M. Clifford und James McInerney
kümmern sich um den explosiven Fall. Darr heiratet dann 1961 den Millionär
Alfred Corning Clark, wird aber im Sommer 1963 erneut zum Thema, als Hoover
RFK warnt, Kennedys Name könne in Zusammenhang mit einem Disziplinarprozess
gegen Darrs Anwälte Simon Metrik und Jacob W. Friedman auftauchen, wobei
es Belege gebe, das Darr von JFK geschwängert worden sei. Purdom habe sie
deswegen geheiratet und Hoover erhält Informationen, die Kennedy-Familie
habe Darr $500'000 Schweigegeld bezahlt. Trotzdem hat JFK auch während
seiner Präsidentschaft nochmals eine Affäre mit ihr.
Am 22.11.61 wird Jack Worthington als uneheliches Kind einer Texanerin geboren,
die JFK von Johnson vorgestellt wurde. Worthington will 2008 einen DNA-Test
durchführen, um sicher zu sein, dass Kennedy sein Vater ist. Auch andere
Affären werden erst viel später publik, wie diejenige mit der 19jährigen
Praktikantin Mimi Breadsley Alford, die 2011 über das einjährige Verhältnis
ein Buch schreibt.
Quellen: Davis (1988): 240, Torbitt: 13f, Summers (1993): 280f, 294f, Obenhause, Posener: 56, 119-129, Hersh: 111-120, 222-246, Best: 15f, 19, Amara, Gregory/ Speriglio: 264.
Februar 1961 Vietnam und Laos top
Walter W. Rostow und General Maxwell D. Taylor legen ihren wie immer tendenziösen Bericht zur Lage in Vietnam vor. Seit 1958 schlagen die von Ngo Dinh Diem verfolgten Oppositionellen zurück, und im Dezember 1960 gründeten Angehörige des alten Widerstandes gegen die japanische Okkupation die Nationale Befreiungsfront, die vorwiegend aus Nichtkommunisten besteht, in Südvietnam. Da sich die militärische Lage Diems aufgrund der Erfolge der NLF verschlechtert, raten Rostow und Taylor, das Engagement in Südvietnam zu verstärken, was den Krieg eskalieren lässt. Diem ist gegen Vizepräsident Johnsons Vorschlag, US-Truppen einzusetzen, weil dies den Nationalisten Auftrieb geben würde. Deshalb werden US-Army Special Forces als "Militärberater" nach Vietnam geschickt, und Kennedy weist die CIA am 11.5.61 an, heimliche Attacken gegen die Infrastruktureinrichtungen Nordvietnams zu führen. Bereits 1961 kommt es zu Überfällen von südvietnamesischen Truppen unter Leitung von US-Truppen auf nordvietnamesisches Gebiet.
Howard Burris, Assistent für nationale Sicherheitsangelegenheiten und
Geheimdienstoffizier der Air Force, steht am Ende eines Informationskanals,
der mit der CIA und der NATO verknüpft ist und beinhaltet, dass sein Freund
Lyndon Johnson die richtigen Zahlen und Statistiken erfährt, während
der Präsident und der Verteidigungsminister über Vietnam falsch informiert
werden. Burris war unter anderem in Mexiko bei einer Spezialmission für
die dortige Regierung tätig und vermutlich der zuständige Offizier
für Yuri Nosenko, der 1964 behauptet, Oswald hätte für die Russen
gearbeitet, als er in der Schweiz Botschaftsattaché war. Auch Rostow,
Sekretär der Economic Commission for Europe, und Allen Dulles, Europa-Verantwortlicher
des OSS von 1942-45, lebten in der Schweiz. Barbara Burris unterstützt
die Cuban American National Foundation von José S. Sorzano und die Brigade
2506 von Jorge L. Mas Canosa.
Howard Burris ist mit George Brown, der seine Brown Foundation und Texas Eastern
Transmission für die CIA einsetzt, befreundet. Brown unterstützt Johnson
und verkehrt mit Nelson Rockefeller, George DeMohrenschildt und William Hobby.
Auch die Hobby Foundation, die mit der Robert R. Mullen Agency verknüpft
ist, ist ein CIA-Kanal. Oveta Culp Hobby sitzt im Cuban Freedom Committee, das
von Dr. Alton Ochsner unterstützt wird.
Ochsner ist der Leiter des Latin America Reports, der vom CIA-Agenten William
G. Gaudet herausgegeben wird. Im CFC sitzt auch Peter O'Donnell, Präsident
der Karl Hoblitzelle's Foundation und Mitglied der rechtsextremen National Advisory
Council of Young American's for Freedom. Zum NAC-YAF gehört JBS-Mitglied
und Naval Intelligence Offizier Robert Morris, der als Anwalt General Edwin
Walker und H. L. Hunt verteidigt. Das Young American's for Freedom wurde im
September 1960 von William F. Buckley, Jr gegründet und zählt General
Charles Willoughby zu seinen Mitgliedern. Für Willoughby und seine rechtsextremen
Verbündeten sind nicht die Marxisten der eigentliche Feind, sondern die
Liberalen.
Nachdem John Kennedy auf Empfehlung von Frederick McGeorge Bundy und Walt Rostow
am 11.2. das Operations Coordination Board des National Security Council abgeschafft
hat, fehlt ein geeignetes Instrument zur Krisenbewältigung. Rostow und
Bundy sind eine der Triebfedern des Rüstungswettlaufs und drängen
auf ein militärisches Eingreifen sowohl in Kuba wie auch in Laos und Vietnam.
Rostow und Bundy sind nicht so loyal, wie JFK glaubt. McGeorge Bundy arbeitet
seit spätestens 1949 für die CIA, steht auf der Linie von Johnson,
dessen Sicherheitsberater er bis 1966 bleibt, bevor er Chef der Ford Foundation
(1966-79) und Sekretär des Council on Foreign Relations wird. Sein Bruder
William Bundy trat 1951 der CIA bei, arbeitet im Pentagon und im Aussenministerium
und gibt das "Foreign Affairs" des Council on Foreign Relations von
1972 bis 1984 heraus. Beide gehören wie schon ihr Vater Harvey Hollister
Bundy, der für Henry L. Stimson und Robert Lovett arbeitete, zur Geheimgesellschaft
Skull and Bones.
Am 29. April bewilligt JFK die Entsendung von 400 Kämpfern der Special Forces nach Südvietnam. Die Special Forces wurden als bewaffnete Kommandotruppen bereits 1952 für die Unterstützung von Partisanenkriegen und den Sturz von den USA feindlich gesinnten Regierungen von Truman gegründet. 1962 bestehen die Special Forces aus 9000 Soldaten, später aus 20'000, die in Einheiten von 1500 Mann für genau vorgegebene Einsatzgebiete trainiert werden. Deshalb stammen viele der Soldaten aus diesen Gebieten, wobei etwa ein Viertel aus dem Ostblock kommt, was ein Indiz für den Aufbau von Partisanenbewegungen im Einflussgebiet der Sowjetunion ist. Ein Kommando besteht aus 12 Mann, darunter Spezialisten für Sprengstoffe, Waffen, psychologische Kriegsführung, Funker und Sanitäter, die Partisanengruppen von jeweils 1000 Mann ausbilden und führen sollen. In der äusserst harten Ausbildung müssen die Special Forces lernen, in fremden Ländern ohne Hilfe zu überleben, auf 124 Arten einen Menschen möglichst lautlos zu töten und zu foltern. Zuerst wurden sie in Korea und ab 1960 vor allem in Vietnam eingesetzt, wo sie, bald auf 3000 Mann verstärkt, unter den Bergvölkern 50'000 Kämpfer rekrutieren.
General Maxwell Taylor empfiehlt nach einem Besuch Vietnams im Oktober 1961 wie die anderen Berater den offenen Krieg. JFK widersetzt sich der Truppenentsendung, aber er erhöht die Zahl der "Militärberater" von 2000 auf 15'500 Mann, die mithilfe der angeworbenen Vietnamesen Terroraktionen durchführen, um die Befreiungsbewegung zu zerschlagen. Im November 1961 segnet Kennedy die Operationen TRAIL DUST und RANCH HAND ab, die den Einsatz von Herbiziden erlauben, um die Wälder zu entlauben, die dem Vietcong als Deckung dienen. Von 1961 bis 1971 werden um die 90 Mio. Liter Chemikalien wie Agent Orange abgeworfen, wovon 80 Mio. das hochgiftige Dioxin enthalten, das Fehlgeburten, Missbildungen und Krebs hervorruft.
Zwei komplette Helikopter-Kompanien werden bis Ende 1961 nach Südvietnam geschickt. Bereits 1962 gibt es die ersten Studentenproteste gegen den Vietnamkrieg an der Uni von Berkeley. Der Krieg wird bis zum Eintreffen der Marines 1964 von der CIA geleitet, wozu William Colby, der 1973 zum CIA-Direktor ernannt wird, offiziell als stellvertretender Botschafter in Vietnam stationiert wird. Colby studierte Jura in Princeton, war im 2. Weltkrieg Kommandant bei den Fallschirmtruppen in Frankreich und Norwegen und begann seine Karriere als OSS-Agent im nazibesetzten Frankreich. Nach drei Jahren Anwaltstätigkeit rekrutierte ihn die CIA und setzte ihn 1951 als politischen Botschafter in Stockholm und 1953 in Rom ein, wo er mit Clare Booth Luce $7 Mio. in die antikommunistischen Parteien investierte. Er arbeitete sich in der CIA zum Chef der Fernostabteilung hinauf. Seine Hauptarbeit in Vietnam besteht im Aufbau von Polizeitruppen und paramilitärischen Einheiten sowie deren Einsatzkoordination gegen die vietnamesische NLF. Colby organisiert die Operation PHEONIX, wobei vietnamesische Zivilisten von Todesschwadronen umgebracht werden, wenn eine Verbindung zum Vietcong vermutet wird. Den tausenden gefolterten und dann umgebrachten Opfern wird zur Abschreckung ein Pik-As in den Mund geschoben. Diem wurde bisher mit $2 Mia. unterstützt, wobei ein Grossteil der Gelder in der korrupten Verwaltung und auf den ausländischen Konten der Diem-Familie versickerte.
In Laos kommt es 1961 zu einem von der CIA inszenierten rechtsgerichteten Putsch
gegen die neutral eingestellte Regierung von Souvanna Phouma, der Kommunisten
an der Regierung beteiligte. Phouma muss das Land verlassen, und der radikale
Antikommunist Prinz Boun Oum wird neuer Premier, worauf der Bürgerkrieg
ausbricht. Die kommunistische Pathet Lao hatte bereits gegen die Franzosen gekämpft
und über die Hälfte des Staatsgebiets erobert. Nach der Niederlage
in Vietnam 1954 musste sich Frankreich auch aus Laos und Kambodscha zurückziehen,
worauf die Amerikaner das Zepter zu übernehmen versuchten. An der Genfer
Konferenz von 1954 wurden Laos und Kambodscha als neutrale, souveräne konstitutionelle
Monarchien anerkannt. Während das offizielle Washington die neutrale Regierung
in Laos unterstützt, finanziert die CIA die konservative Fraktion. Zur
Verstärkung der Antikommunisten bildet die CIA seit Ende der 50er Jahre
die Hmong/Meo/Miao zu paramilitärischen Kriegern aus und versorgt sie mit
Waffen. Gegen den ausdrücklichen Willen des US-Senats beginnt die CIA einen
Geheimkrieg in Laos, an dem seit 1960 auch 400 amerikanische Special Forces
Truppen beteiligt sind. 1961 heuert CIA-Agent Bill Lair Oberst Vang Pao an,
der bereits für die Franzosen arbeitete. Dieser rekrutiert rund 9000 Männer
der 400'000 Hmong-Minderheit zu Kampfzwecken gegen die Vietnamesen und die Pathet
Lao, da sie mit dem Territorium vertraut sind. Ausgebildet werden die little
guys' von thailändischen Elitesoldaten, damit der Einfluss der CIA nicht
bekannt wird. Die CIA-Agenten steuern die Geheimarmee von der Udorn Air Force
Basis aus, wo die Bombenziele und die Strategien der psychologischen Kriegsführung
festgelegt werden.
Angesichts der Aussichtslosigkeit auf einen Sieg der Rebellenarmee im Bürgerkrieg
unterstützt JFK die Verhandlungen der Genfer Laos-Konferenz. Zwischen Mai
1961 - Juli 1962 schreiben die Amerikaner die Verfassung neu und anerkennen
die Neutralität von Laos, und eine Koalitionsregierung unter Souvanna Phouma
wird eingesetzt. Trotzdem spielt Kennedy ein doppeltes Spiel. Kaum sind die
Unterschriften trocken, beginnt die CIA mit der Aufstellung einer neuen Rebellenarmee
aus 30'000 Hmong-Kämpfern und 17'000 Thai-Söldnern, weil die Nordvietnamesen
ihre 7000 Kämpfer nicht aus Laos abziehen. Während die Amerikaner
bis 1965 $545 Mio. ausgeben, wird die Pathet Lao von Nordvietnam, China und
der Sowjetunion unterstützt. Der Konflikt spielt sich vor allem in der
Ebene der Tonkrüge ab, einem strategisch wichtigem Gebiet, wo Pathet Lao
und die Nordvietnamesen versuchen, die Hmong zu vertreiben.
Bereits die zurückkehrenden französischen Kolonialherren rekrutierten nach dem Zweiten Weltkrieg unter den Hmong Söldnergruppen. 1954 wurden 40'000 Söldner von etwa 400 französischen Offizieren befehligt, und schon die Franzosen begannen, diese Truppen aus dem Verkauf des von den Hmong angebauten Opiums zu finanzieren. Statt der französischen Luftwaffe fliegt nur Air America das Opium aus. Die von der CIA betriebene Fluggesellschaft fliegt auch Kampfeinsätze gegen die Befreiungsbewegung, was $20-30 Mio. jährlich kostet und je zur Hälfte über den Etat der Flüchtlingshilfe und aus den Gewinnen des Drogenhandels bezahlt wird. Vang Paos Söldner zwingen die Männer zum Waffendienst, weshalb die Reisfelder vernachlässigt werden, was den Umstieg auf die Opiumproduktion erleichtert. Das Opium wird in die CIA-Station Long Tieng geflogen, wo Vang Pao sein Hauptquartier hat und eine als Coca-Cola-Fabrik getarnte Heroinraffinerie betreibt.
Die USA unterstützen die Diktatoren Marshal Pibul Songgram, Sarit Thanrat,
Praphas Cahrusathien und Thanom Kittikachron in Thailand, wo sie riesige Luftwaffen-Stützpunkte
in Udorn, Takli, Korat und Ubon unterhalten. 1962 setzen die USA 5000 Marines
ein, um die thailändische Regierung gegen Angriffe der Pathet Lao zu schützen.
Nach der Ermordung des linksgerichteten Aussenministers Pholsena 1963 verschärft
sich der Bürgerkrieg erneut, worauf die CIA weitere 20'000 Hmong rekrutiert.
Alles in allem kämpfen etwa 30'000 Hmong auf der Seite der USA. Sie erhalten
Unterstützung aus der Luft, was eine neue Art der Kriegsführung bedeutet,
die fast ohne Bodentruppen auskommt. Geflogen werden bis 400 Bombenangriffe
pro Tag von der geheimen CIA-Basis in Long Cheng in der Provinz Xieng Khouang
aus. Die Zielkoordinaten stammen in der Regel von Vang Pao, dessen Söldner
die Informationen mittels Elektroschocks aus den Gefangenen herausholen. Die
Bombardierungen bleiben während Jahren geheim und die Flüge als Entwicklungshilfe
getarnt. Bis 1965 bauen die Amerikaner 400 Landebahnen, um den Krieg zu führen.
Quellen: Bartholomew (1): 21ff (2): 1ff, Schulz: 175, 333, Best: 63, 65f, 85, Prouty (1973): 5-7, 400-416, Dehnhardt, Kangas: 3, Brussell (1983): 7f, 22, CIA-Info: 10,14, Potter: 4, Bird (1998), Ledeen: 53, Hamilton-Paterson (1971): 148, Kappstein, Tarpley/ Chaitkin: 95, Von Dohnanyi (2001h), Eberle (2008), Stormer 2009.
März 1961 Kuba top
Dank sowjetischen Beamten wird die Geheimrede von Nikita Chruschtschow vom 6.1.61
bekannt, in der er die sowjetische Unterstützung von gerechten nationalen
Befreiungskämpfen von den Kolonialmächten unterstreicht. Die CIA-Nachrichtenorganisation
International Communication Agency verbreitet die Geheimrede mit 34 zusätzlichen
erfundenen Abschnitten, in denen China und Indien angegriffen werden. Auch die
"Penkowski-Papers", die Enthüllungen der KGB-Spionage in Europa
sind CIA-Fälschungen. CIA, USIA und Aussenministerium bilden eine Koordinationsstelle,
um nicht selbst Opfer der regelmässigen Falschmeldungen und Desinformationskampagnen
der CIA zu werden. Obwohl der sowjetische Premier mit seiner Rede eine Absage
an die atomare Bedrohung verbindet, fühlt sich JFK bestätigt, den
Kalten Krieg in der Dritten Welt fortzusetzen und dazu berechtigt, radikale
Methoden anzuwenden.
Das Programm zur Liquidierung von unliebsamen Politikern wird William K. Harvey unterstellt und bekommt den Namen ZR/RIFLE. Harvey war zuerst FBI-Agent und kam nach dem Krieg zur CIA. 1951 entlarvte er Harold "Kim" Philby, wobei die Öffentlichkeit von Philby, der sich oft mit Angleton traf, erst 1963 erfährt, als dieser sich in die Sowjetunion absetzt. Von Harvey stammte die Idee zum Bau eines Tunnels nach Ostberlin, das der CIA den Zugriff auf ostdeutsche und russische Telefonlinien ermöglichte. Ende der 50er Jahre wurde Harvey der Chef des D Branch of Foreign Intelligence, der Elitetruppe für Kommunikation und Codeentschlüsselung. Harvey schaltet Bissells wissenschaftlichen Assistenten Sidney Gottlieb in das Programm ein. Gottlieb spielte eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der CIA-Mordausrüstung, die Spritzen, Plastikhandschuhe, Schleiermasken und tödliches Biomaterial umfasst. Im Januar 1961 diskutierte Harvey mit dem Stationschef von Luxemburg, dem erfahrenen Arnold Silver, die Rekrutierung von Agenten, die töten können ohne zu schwatzen. Trotz Top Secret-Level verbreitet sich das Gerücht vom ZR/RIFLE-Projekt. Joe Bonanno, Mafiaboss von New York City, offeriert Bissell, Castro zu töten.
Die Technical Service Division liefert über O'Connell sechs in kaltem
Wasser lösliche Giftpillen, mit denen Juan Orta Cordova seinen Chef umbringen
soll. Kontakte laufen mit Dino und Eddie Cellini, Meyer Lansky und Sam Giancana,
dessen Covername bei der CIA-Aktion Sam Gold lautet. John Roselli bekommt im
Büro von Dick Bissell von Colonel J. C. King, Chef der CIA-Abteilung Westliche
Hemisphäre, $50'000 für den Mörder Castros.
John Kennedy stimmt im März dem Kuba-Invasionsplan zu, der eine selektive
und falsche Situationseinschätzung präsentiert. Im National Security
Council sitzen Rockefellers Freunde Aussenminister Dean Rusk, Finanzminister
C. Douglas Dillon, CIA-Chef Allen Dulles, Kennedys Sonderberater Frederick McGeorge
Bundy und A. A. Berle, Jr. Allerdings ändert JFK die Invasionslandung von
einem Platz nahe der Stadt Trinidad zur Schweinebucht, um Zivilistenopfer auszuschliessen.
E. Howard Hunt ist gegen diese Änderung, weil man in einem solchen Sumpfgebiet
den Gegner nicht lokalisieren kann. Hunt bekommt den Auftrag, eine neue Verfassung
für Kuba zu schreiben, was er als unsinnig ablehnt. Zudem wehrt er sich,
dass auch "Linke" in die Nachcastro-Regierung aufgenommen werden sollen,
was er als Castroismus ohne Castro bezeichnet. JFK besteht in der Einbindung
von Manolo Ray in das Cuban Revolutionary Council, weswegen Hunt im April 1961
protestiert und zurücktreten will. Ray wurde aufgrund seiner Untergrundarbeit
gegen Batista von Castro im Februar 1959 zum Minister für öffentliche
Arbeit ernannt. Im November 1959 verlor er diese Position, blieb aber bis im
April 1960 mit Castro verbunden. Im Mai 1960 gründete er die Revolutionary
Movement of the People, und im Oktober 1960 wurde er von der CIA als "political
action agent" rekrutiert. Am 10.11.60 kam er in die USA, wo er sich nach
dem Willen des State Departements dem CRC anschliessen sollte. Die anderen Exilkubanerorganisationen
wollen mit dem linken Ray nichts zu tun haben, trotz dem Druck aus dem Weissen
Haus. Im April 1962 gründet Ray deshalb seine eigene Gruppe, die Junta
Revolucionario Cubana (JURE).
Schon am 18.1.61 wurden die Rebellenführer in Guatemala von CIA-Agenten zusammengetrommelt und über die Führungsstrukturen nach der Invasion informiert. Die Exilkubaner werden in der Umgebung von Miami, in Guatemala und in Panama von Leuten wie Richard Cain und David Ferrie militärisch trainiert. Am 4.2.61 traf sich Rolando Masferrer mit JFK, um die Kuba-Politik nach dem Putsch zu diskutieren. Masferrer landete am 3.10.60 mit Bobby Fuller, Tony Zarba, Paul Hughes und 24 weiteren Männern auf Kuba. Seit Dezember 1960 hat er eine weitere Truppe mit 23 Amerikanern und 200 Kubanern, die in Florida trainierten, für einen Angriff beisammen. Im März werden sieben Exilkubanerführer, darunter Masferrer und Estaban Ventura wegen Verletzung des Neutralitätsgesetzes in den USA des Landes verwiesen. Aber am 10.4.61 wird Masferrers Ausweisung aufgehoben, obwohl in Florida mehrere Anklagen gegen ihn laufen.
Im Februar 1961 wurden auch Frank Sturgis, Alex Rorke, Bob Rostallion, Dick Whatley und Ken Proctor beim Waffenschmuggel nach Kuba verhaftet. Rorke, der am 7.3. als CIA-Kontakt bestätigt wird, Sturgis und Frank Nelson organisieren einen Ablenkungsangriff zur Schweinebuchtinvasion. Angus McNair geht mit einigen Männern zu Howard Anderson, einem CIA-Agenten in Havanna mit Kontakten zur anticastristischen Gruppe von Humberto Sori Marin. Die Verschwörer werden von einem Doppelagenten verraten und am 1.4. verhaftet. McNair, Anderson, Sori Marin und sechs weitere Kubaner (Rafael Hanscom, Roger Gonzalez Corso, Manuel Lorenzo Puig Millan, Nemesio Rodriguez Navarrete, Gaspar Dominguez Trueba und Eufemio J. Fernandez Ortega) werden am 19.4.61 hingerichtet. Am 11.4. startet eine weitere Truppe unter Nino Diaz, die scheitert, weil diese Kontakte bereits verhaftet sind. Sie werden am 18.4. von einem US-Navy-Schiff an der Grenze der kubanischen Gewässer gerettet.
Der designierte Castro-Attentäter Juan Orta Cordova hat unterdessen aber
seinen direkten Zugang zu Castro verloren und bekommt kalte Füsse. Einige
Tage vor der Schweinebucht-Invasion flieht er in die Botschaft von Venezuela
in Havanna, wo er de facto als politischer Gefangener bis im Oktober 1964 bleibt,
als ihm Castro erlaubt, sich nach Mexico City abzusetzen. Giancana sucht nach
dem Fehlschlag mit Orta die Unterstützung von Santos Trafficante zur Ermordung
Castros. Trafficante hält den Plan für verrückt, hofft aber auf
Gelder der CIA. Giancana und Trafficante versuchen über Dr. Manuel Antonio
de Varona y Loreda, dem Führer der Democratic Revolutionary Front (FRD)
in Miami, einen neuen Zugang zu Castro zu finden. Varona hatte als Ministerpräsident
unter Prio mit Trafficante zusammengearbeitet. John Roselli kontaktiert Varona,
dem von Hunt über Edward Moss Geld gegeben wird. Im März wird versucht,
Castro in einem Restaurant zu vergiften. Insgesamt gibt es von 1960-65 mindestens
8 verschiedene Castro-Mordpläne und mindestens 26 Mordversuche, vom Weitschussgewehr,
Panzerabwehrgranaten, Bomben, tödlichem Bakterienpuder im Taucheranzug,
explodierenden Muscheln beim Tauchgang, Toilettenprodukten mit tödlicher
Droge, einem giftinjizierenden Kugelschreiber bis zu vergifteten Zigarren. Obwohl
Mafia und CIA mit Wissenschaftlern der Universität von Illinois zusammenarbeiten,
überlebt Castro alle laut dem kubanischen Geheimdienst gezählten 637
Mordkomplotte.
Der CIA gelingt es 1961, Castros Schwester Juanita zu rekrutieren.
Bis 1964 übermittelt sie Geld und Dokumente für Spione auf Kuba.
Der kubanische Geheimdienst hat, unterstützt vom KGB, bereits im Januar
ein riesiges Waffendepot der CIA entdeckt und auf eine Invasion geschlossen.
Kubanische Piloten werden in der Tschechoslowakei bereits auf MIG-Kampfflugzeugen
trainiert, um eine Invasion abwenden zu können. Die kubanische Polizei
kontrolliert 100'000 verdächtige Personen, nimmt alle Kontaktpersonen der
CIA fest und bringt sie in Lagern unter. Radio Swan versucht durch Propaganda,
die Bevölkerung zur Rebellion gegen Castro aufzurufen.
Am 3.4.61 veröffentlicht das State Departement ein Weissbuch von Arthur
Schlesinger, das energisch gegen die Einmischung in die Angelegenheiten anderer
Länder Stellung bezieht. Nur einen Tag darauf segnet JFK den Invasionsplan
der CIA ab. Drei Wochen zuvor, am 13.3.61, hatte er in einer Rede die "Allianz
für den Fortschritt" vorgestellt. Castro brachte diese Idee einer
wirtschaftlichen Sicherung der Demokratisierung vor, und Eisenhower plante bereits
ein spezielles Hilfsprogramm für Lateinamerika, das aber Kuba ausschloss.
JFK versteht die Auslandhilfe in seiner Rede nicht mehr nur zur Bekämpfung
des Kommunismus, sondern als wirtschaftliche Unterstützung zur politischen
Stabilität der amerikanischen Entwicklungsländer. Einerseits grenzt
sich Kennedy damit gegen die Mythen aus dem McCarthy-Vermächtnis ab, andererseits
greift er weiterhin auf diese Mythen zur Legitimierung seiner Politik zurück.
Im Jahrzehnt zuvor unterstützten die USA insgesamt 90 Länder mit
$50 Mia. 90% der Auslandhilfe dienten der militärischen Finanzierung, $3,5
Mia. wurden in Form von Entwicklungshilfekredite und lediglich 3% für Ausbildung,
Gesundheit und Wohlfahrt ausgegeben. Während der nächsten zehn Jahre
werden $20 Mia. an Devisenkapital nach Lateinamerika fliessen, um mit sozialen
Reformen Revolutionen zuvorzukommen. Was JFK verkündet, ist eine "Revolution
von oben", bei der die herrschenden Klassen mittels Boden- und Steuerreformen
ihre Privilegien ein Stück weit abgeben müssten, wogegen sich diese
zur Wehr setzen. Aber die USA weigern sich immer, Bewegungen oder Parteien zu
unterstützen, wenn diese tatsächlich Reformen in Angriff nehmen, weil
US-Investitionen bedroht sein könnten. Dieses Dilemma von Sozialreformzielen
und dem Schutz der Interessen des Privatkapitals führt zu einer paradoxen
Aussenpolitik und generiert politische Konflikte, wobei die Wahrung der US-Interessen
wichtiger ist als die Demokratisierung und soziale Wohlfahrt. So beginnen 1962
US-Spezialeinheiten damit, in Kolumbien Antiguerilla-Einheiten und Spezialisten
für psychologische Kriegsführung aufzubauen, die, wie in Vietnam,
die Zivilbevölkerung in die paramilitärischen Aktivitäten einbinden.
Daraus entsteht ein 35jähriger Staatsterror und schmutziger Bürgerkrieg
mit 200'000 Toten und 2 Mio. Flüchtlingen, in dem die Todesschwadronen
(Alianza Anticommunista Americana/Autodefensas Unidas de Colombia) die Weste
der Armee sauber halten.
Diejenigen Regierungen, die das Programm der Allianz für den Fortschritt
ernst nehmen und soziale Reformen durchführen, werden von US-Wirtschaftskreisen
und der CIA bekämpft. Dagegen erhalten die Somozas, eine der reichsten
Familien in Lateinamerika, in den ersten zwei Jahren der Allianz $18 Mio, womit
Luis Somoza seine Diktatur festigen kann. Die aussenpolitisch bedeutungslosen
Armeen, die die eigenen Länder besetzt halten, garantieren in Lateinamerika
zwar nicht politische, aber dafür soziale und wirtschaftliche Stabilität
der Ungerechtigkeit. Fast alle Staatsstreiche in Lateinamerika (El Salvador
25.1.61, Dominikanische Republik 30.5.61, 16.1.62 und 25.9.63, Ecuador 11.61,
31.3.62 und 11.7.63, Argentinien 29.3.62 und 11.8.62, Peru 18.7.62, Brasilien
25.8.62, Guatemala 30.3.63, Honduras 4.10.63) werden von JFK anerkannt.
Quellen: Powers: 120-122, Hersh: 185ff, 204, Schulz: 148, Collier/ Horowitz: 329-338, Gremliza (1978a), Bartholomew: 54, Horowitz: 191-223, Kennedy: 279-298, Weberman (13): 40-42, (20): 16, Meiners/ Stegner, CIA-Info: 7f, 14, Best: 35f, Groden/ Livingstone: 426ff, Summers (2000): 194, Helfer: 10, Biermann, Ospina, Karel (2003).
April 1961 Die Schweinebucht-Invasion top
Die Schweinebucht-Invasion unter dem Kommando von Richard Bissell und Tracy
Barnes startet am 15.4, obwohl es Tony Varonas Gangsterfreunden in Kuba ebenfalls
nicht gelungen ist, Castro umzubringen.
Neun amerikanische B-26 Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg mit den aufgemalten
kubanischen Kennzeichen FAR, die von ehemaligen Piloten Batistas geflogen werden,
starten von Nicaragua aus und bombardieren Kubas Luftstützpunkten. Obwohl
die Planung 16 Flugzeuge forderte, um die Zerstörung der kubanischen Luftwaffe
zu garantieren, bewilligte John Kennedy nur die Hälfte, um einen Rückschluss
mit den USA zu verhindern. Die Flughäfen von Camp Libertad, San Antonio
de los Baños und Antonio Maceo bei Santiago de Cuba werden attackiert,
wobei 3 Jets, 2 Bomber und einige kleinere Flugzeuge der kubanischen Streitkräfte
intakt bleiben. Ein Bomber wird abgeschossen, fünf kehren nach Nicaragua
zurück, und drei fliegen nach Grand Cayman, Key West und Miami, wo der
Pilot Mario Zuniga eine von Hunt und Phillips vorbereitete Erklärung vorliest,
sie seien Teil einer Gruppe innerhalb der kubanischen Luftwaffe, die sich gegen
Castro auflehne.
Sofort nach dem Angriff protestieren die Kubaner und Sowjets bei der UNO, aber UN-Botschafter Adlai Stevenson dementiert aufgrund seiner Informationen von Tracy Barnes jede Beteiligung der USA. Trotzdem kommen bereits die ersten Zweifel an der Coverstory auf, weil verschiedene Informationen nicht zusammenpassen. Richard Bissell ist mit dem ersten Schlag zufrieden und rechnet damit, dass beim zweiten Luftangriff, der parallel zur Bodeninvasion geplant ist, Castros Luftwaffe zerstört sein wird. Aber Kennedy verweigert die Genehmigung zu einem zweiten Angriff, damit nicht auf die Rolle der USA rückgeschlossen werden kann. Hunt verfasst mehrere Pressemitteilungen, die von dem CRC verbreitet werden, um den Erfolg der Invasion zu suggerieren. JFK steht vor einer schwierigen Entscheidung, da er bei einem Scheitern der Invasion die Verantwortung für die CIA-Aktion übernehmen muss, aber gleichzeitig die Invasion nicht militärisch unterstützen kann. Zudem hat er nach langen Verhandlungen ein Gipfeltreffen mit Chruschtschow für Anfang Juni in Europa geplant, das er nicht gefährden will. Schliesslich wird ein zweiter Angriff vereinbart, um den Invasionstruppen Luftschutz zu gewähren, wobei jede halbe Stunde 2 B-26 von Nicaragua aus starten. Sechs dieser elf Bomber werden aber abgeschossen, und Castros restliche Flugzeuge versenken zwei Schiffe der Invasionstruppen, die am 17. April mit fünf ebenfalls übermalten US-Zerstörern, fünf Handelsschiffen und zwei Landungsbooten mit Amphibienfahrzeugen auf die Schweinebucht zusteuern. Drei der Schiffe tragen die Namen Barbara, Houston und Zapata, was Bushs Ehefrau, Heimatstadt und Ölfirma bezeichnet. George Bush stellt seine Zapata Oil der CIA als Basis für Kuba-Angriffe zur Verfügung. Die Schweinebuchtoperation wird von einigen CIA-Leuten als "Operation ZAPATA" beschrieben.
Am 19. April starten vier Piloten der Alabama Air National Guard, die die Exilkubaner in Nicaragua trainierten, eigenmächtig mit zwei Bombern und beschädigen Castros Luftwaffe schwer, bevor sie abgeschossen werden können. Nach anderen Angaben erlaubt Kennedy nachträglich die weitere Luftunterstützung durch die fünf Bomber in Nicaragua, die aber nicht mehr richtig in Gang kommt. Auch der Munitionsnachschub auf dem Schiff mit dem Zeichen des Roten Kreuzes wird versenkt, nachdem sie in kubanisches Hoheitsgebiet eingedrungen sind und von der US-Navy nicht mehr eskotiert werden können.
Die Invasoren landen im Lieblingsjagdgebiet Castros, wo dieser die landenden Truppen schnell einkreisen kann. Die 1300 Exilkubaner haben gegen die 32'000-Mann-Armee von Castro (neben seiner Miliz von 200'000 Mann) keine Chance und geben nach 72 Stunden auf. Es gibt 114 Tote und 1189 Gefangene, die Ende 1962 gegen Güter im Wert von $53 Mio. ausgetauscht werden, obwohl Castro bereits nach einem Monat offerierte, die Gefangenen gegen 500 Bulldozer auszutauschen. Der ahnungslose James Donovan, der den Tausch mit Castro verhandelt, bringt ihm einen vergifteten Tauchanzug und einen Lungenautomaten mit Tuberkulosebazillen mit.
Kennedy ruft Richard Nixon an, der in engem Kontakt steht mit Allen Dulles, dem Southern Air Transport-Besitzer Perkins McGuire und dem Zenith Technical-Besitzer Lindsay Hopkins, die beide ihre Firmen der CIA zur Verfügung stellen. Nach seinem Besuch im Weissen Haus verpflichtet Nixon die Republikaner, Kennedy wegen der Schweinebucht nicht zu kritisieren, wofür seine Rolle bei den Kubaaktivitäten geheim bleibt. Der Chef der Kuba Task Force der CIA, Jacob Esterline, macht in erster Linie Nixon für das Scheitern der Invasion verantwortlich.
JFK trifft sich unmittelbar nach dem Fiasko mit einem Exilkubanerführer im Weissen Haus. Die Kennedys setzen alles daran, damit niemand herausfindet, dass sie die $62 Mio. teure Invasion abgesegnet haben. JFK befindet sich in einer schwierigen Lage, da er Kuba "verloren" hat und von rechtsstehenden Journalisten wie Charles Murphy im Fortune dafür persönlich verantwortlich gemacht wird. Mit der Assistenz seines Vaters betreibt Kennedy Schadensbegrenzung: Er sagt zu Bissell, dass er selbst zurücktreten müsste, wenn die USA ein parlamentarisches System hätte. Da sie ein präsidiales System haben, müssen Bissell und Allen Dulles den Hut nehmen, obwohl Kennedy sich "verantwortlich" für die Aktion erklärt, was ihm einen Popularitätszuwachs bringt. JFK vermutet, dass Dulles hinter den Presseberichten steht, die die Verantwortung für das Fehlschlagen der Invasion dem Präsidenten zuschreiben.
JFK fühlt sich von der CIA verraten und es wird ihm bewusst, dass er sie nicht kontrolliert, weshalb er droht, er werde sie "in tausend Stücke zerschlagen". Um die Macht zu sichern, bildet er das President's Foreign Intelligence Advisory Board. Jeder Präsident kämpft mit der Macht der CIA, die genau genommen nicht einmal der CIA-Direktor kontrolliert, weil die Institution viel zu gross geworden und mit Konzernen, Banken, politischen Organisationen und militärischen Kommandostellen alliiert ist. Zwei Männer lassen sich am 21.4. bei der Riggs National Bank auf den Namen von Arthur Avignon, einem Scheinkonto der CIA, 8 Bankschecks von über $100'000 ausstellen, um die Beteiligten zu bezahlen. Die CIA rekrutiert den Anwalt Alex Carlson, der die Entschädigung der Witwen und Familien der Brigadekämpfer regelt, und bringt die übriggebliebenen Interventionskrieger nach Südvietnam. Dieses Fluggeschwader wird ab November 1961 die erste Agent Orange-Flotte, die Vietnam vergiftet.
Der Taylor-Bericht über die Schweinebucht wird so geschrieben, wie Kennedy es will und erwähnt beispielsweise nicht, dass der Generalstab dem Invasionsplan nicht zustimmte. Mit den National Security Action Memoranden 55 und 57 im Juni versucht JFK seine Kontrolle über die CIA und das Pentagon zu verstärken. Er setzt seinen Bruder als Supervisor der Anti-Castro-Aktivitäten ein, der starken Druck auf die CIA ausübt, damit diese Castro endlich beseitigt. Die Kennedys fühlen sich von Castro gedemütigt und wollen sich rächen. Bobbys Vorwürfe und Forderungen lösen innerhalb der CIA zusätzliche Ressentiments gegen die Kennedys aus.
Am 4.5.61 versichert JFK in einem Gespräch mit Miro Cardona, dem Führer des Cuban Revolutionary Council, die volle Unterstützung der USA für eine erneute Invasion, eine Zusicherung, die er am 10.4.62 wiederholt. Trotzdem fühlen sich viele Beteiligte der CIA, der Mafia und der Exilkubaner wegen der Verweigerung der Air Force-Unterstützung von ihm verraten.
Nach der Schweinebucht arbeitet E. Howard Hunt als persönlicher Assistent von CIA-Direktor Allen Dulles und schreibt unter dem Pseudonym Edward J. Hamilton das Buch "Give Us This Day", in dem er den Präsidenten und Charles Cabell, der die Nachricht von Kennedys Weigerung für einen weiteren Luftangriff weiterleitete, verantwortlich macht für das Desaster. Er ist so verbittert, dass er seine Stellung in Gefahr bringt, indem er das Manuskript 1967 in Umlauf bringt. Offenbar kauft William Buckley das Manuskript auf, um eine Veröffentlichung zu verhindern. Hunt und Dulles arbeiten im Mai in der Green Commission, die die Schweinebucht untersuchen soll.
Dem spanischen Fremdenlegionär Jean "José" Luis Romero wird am 25.5.61 von einem "Mike" $400'000 angeboten, wenn er Kennedy bei seinem Besuch bei Charles de Gaulle am 31.5. in Paris mit einem Remington.280 mit Zielfernrot erschiesst. Romero kämpfte in Indochina und Algerien, wo er von Xavier de la Bédoyère für den französischen Geheimdienst angeworben wurde. Das Attentat sollte so aussehen, als stände die OAS hinter einem weiteren Attentatsversuch auf de Gaulle, wobei dann "versehentlich" JFK erschossen wird. Romero wird skeptisch, dass er als Sündenbock missbraucht und nach dem Attentat von seinen Führungsagenten selbst erschossen werden könnte. Er setzt sich mit dem Vorschuss von $200'000 ab und versteckt sich zuerst 30 Monate lang vor der CIA bei einer Bekannten in Paris, ging dann in den Kongo und tauchte schliesslich in Argentinien unter. "Mike" ist E. Howard Hunt.
Quellen: Hersh: 209ff, 273-279, Olgiatti, Weberman (7): 53-56, Schulz: 174-176, Groden/ Livingstone: 313-315, 428-434, DiEugenio (1997), Batholomew: 56, Sylwester: 11-14, Kangas, CIA-Info: 9f, 14, Gerlach, Best: 36f, Prouty (1973): 22-52, 103-114, (1975): 7, Collier/ Horowitz: 338-344, Anson: 239-304, Obenhause, Holtkamp, Ranelagh/ Treharne, Ascherson, Karel (1), Levin, Afterbach, Summers (2000): 222ff, 511, Hager, Fischer (2002), Biermann, Gorce (2003), Karel (2003).
April 1961 Marcellos Ausschaffung top
Mafiaboss Carlos Marcello wird, als er am 4.4. zu seiner vierteljährlichen
Meldung auf dem INS-Büro erscheint, auf Anweisung von Robert Kennedy in
Handschellen gelegt, zum Flughafen gefahren und mit einem Grenzschutzflugzeug
nach Guatemala abgeschoben, wo sich die Behörden auch nicht freundlicher
verhalten. 1953 wollte der Immigration and Naturalization Service Marcello nach
Italien abschieben, das sich jedoch nach Zahlung von $25'000 an verschiedene
hohe Beamte weigerte, ihn aufzunehmen. 1956 sollte er trotzdem nach Italien
abgeschoben werden, weshalb sich Marcello einen geeigneten Platz suchte, falls
es zu einer Abschiebung kommen sollte.
Carl I. Noll flog mehrmals nach Guatemala und organisierte für $100'000
eine guatemaltekische Geburtsurkunde für Marcello. Aufgrund dieser Urkunde
auf seinen wirklichen Namen Calogero Minacore entschied RFK, Marcello nicht
nach Taiwan, von wo bereits eine Einreiseerlaubnis vorliegt, sondern nach Guatemala
abzuschieben. Dabei weiss der Justizminister, dass er sich auf eine gefälschte
Urkunde stützt.
Marcello wird regelrecht gekidnappt, da er nicht einmal seinen Anwalt oder seine Frau über die Abschiebung informieren und nichts mitnehmen darf. In Guatemala wird der Mafiachef von New Orleans von Präsident Miguel Ydigoras Fuentes ausgehalten, bis die Presse sich darüber empört. Nach einem Monat wird er nach El Salvador in ein Dschungeldorf verfrachtet, wo ihn Soldaten während 5 Tagen befragen. Von dort wird er nach Honduras gebracht, wo er und sein Begleiter Mike Maroun 30 Kilometer nach der Grenze aus dem Bus geworfen werden. Ohne Kleider und passende Schuhe marschieren sie 28 Kilometer zum nächsten Dorf, wobei sich der gefürchtete Boss bei Stürzen zwei Rippen bricht. Nach einer abenteuerlichen Reise kommen sie schliesslich in die honduranische Hauptstadt. Marcello kehrt mit einem Düsenflugzeug der Luftwaffe der Dominikanischen Republik am 28.5.61 in die USA zurück. Unterstützt von der verärgerten CIA fliegt David Ferrie den beleidigten Boss zurück nach New Orleans, wo eine Steuerrechnung von $835'396 auf ihn wartet. Kurz darauf klagen ihn die Behörden wegen illegaler Einreise in die USA und Fälschung der guatemaltekischen Geburtsurkunde an.
David William Ferrie ist ein homosexueller Pilot, der in den 50er Jahren bei
der Eastern Airlines arbeitet und als Chef der Civil Air Patrol in New Orleans
Lee Harvey Oswald 1955 kennenlernte. Die paramilitärische Wehrsportgruppe
trainiert auf einem weitläufigen Grundstück, das Mike McLaney gehört,
einem Leutnant von Meyer Lansky und Trafficante. Ferrie leidet an Alopezie,
hat keine Körperbehaarung und sieht wegen aufgeklebten Augenbrauen und
Perücke bizarr aus. Er ist ein Exzentriker mit pädophilen und aggressiven
Zügen und versteht sich als Hypnosemeister, Psychologe, Philosoph, Wissenschaftler
und Bischof der Orthodox Old Catholic Church of North America. Nach eigenen
Aussagen beschränkt sich seine Sektenzugehörigkeit allerdings auf
die Assistenztätigkeit für Edward Suggs, der als Jack Martin'
für Guy Banister arbeitet, in einem Auftrag des Departement of Health,
Education, and Welfare, wobei es um die Untersuchung illegal verkaufter Ordinations-
und Kongregationszertifikate geht. Die CIA benutzt den Priester Thomas Edward
Beckham von der Old Catholic Church als Zahlungskanal an die Exilkubaner.
Neben den Zivilflügen schmuggelt Ferrie als Kontraktagent für die
CIA und für Marcello Drogen und Waffen. 1958 flog er Waffen für Castro
und organisierte Geld für die Bewegung des 26. Juli, und 1959 für
die Anti-Castro-Kräfte nach Kuba. Ab November 1960 arbeitet er für
die Cuban Revolutionary Front von Hunt und soll in der Nacht der Schweinebucht-Invasion
auf der Insel gelandet sein.
Im August 1961 verliert Ferrie seinen Job bei Eastern Airlines, weil er mehrmals
verhaftet wird wegen Sexualdelikten mit den minderjährigen Alexander Landry
und Albert Cheramie. Er baute sich eine Gruppe von loyalen Jungs auf, zu denen
George Woodcock, Andrew Blackman und Layton Martens gehören. Banister,
Arcacha und Marcello-Anwalt G. Wray Gill setzen sich vergebens für ihn
ein, wonach er vermehrt für die Exilkubaner und als Mitarbeiter von Gill
tätig ist. Ferrie kennt Clay Shaw, den Garrison in seinem Prozess wegen
Verschwörung zum Kennedy-Attentat anklagen wird.
Nach Marcellos Abschiebung werden Todesdrohungen gegen John und Robert Kennedy
vom FBI abgehört. Der Chef der zwar kleinen, nur etwa 50 Mitglieder zählenden,
aber sehr reichen und ältesten Familie, die seit 1888 durch nur drei Bosse
geführt wurde, schwört Rache. Marcello hat Beteiligungen in über
40 Geschäften, und seine Crevetten-Boote bringen Drogen von Zentralamerika,
abgesichert durch loyale Politiker und Anwälte. Er versucht aber auch,
auf "diplomatischen" Wegen vorzugehen:
Der von ihm geschmierte Senator Russell Long setzt sich im Justizministerium
für Marcello ein und fördert einen Beamten aus Louisiana, der im INS
eine Schlüsselposition einnehmen soll. Die Mafia ist enttäuscht, dass
Hoover laufend an Einfluss verliert und seine Leute auf die Mafia ansetzen muss.
Die Beziehung von Bobby und Hoover, der sich gewöhnt ist, Vorschläge
und keine Befehle zu empfangen, ist ein permanenter Konflikt.
Im Herbst 1961 wird Marcello erneut vor den McClellan-Ausschuss zitiert, wobei er jeder Frage ausser der nach seinem Namen und seinem Geburtsort mithilfe des 5. Zusatzartikels ausweicht. Am 30.10.61 wird Marcello wegen Fälschung einer guatemaltekischen Geburtsurkunde und des Meineids angeklagt und eine fünfköpfige Berufungskommission der Einwanderungsbehörde bestätigt am 30.12.61 die Deportationsverfügung. Marcello bekommt Wutausbrüche, wenn er den Namen Kennedy hört.
Präsident Kennedy trifft sich am 28.4.61 auf Vermittlung von Judith Campbell mit Sam Giancana im Ambassador Hotel in Chicago. Giancana nennt Kennedy bei der Begrüssung Jack, danach wartet Campbell auf der Toilette während des kurzen Gesprächs, in dem es vermutlich um das weitere Vorgehen in Bezug auf Kuba und die Rolle seines Bruders wegen der Mafiaverfolgung geht.
Im Mai 1961 werden Giancana und Robert Maheu wegen einer illegalen Abhöraktion
in Las Vegas angeklagt. Giancana verdächtigte den Schauspieler Dan Rowan,
ein Verhältnis mit seiner Geliebten Phyllis McGuire zu haben. Der eifersüchtige
Mafiaboss befand sich bei den Besprechungen zur Castro-Ermordung im Miami, weshalb
Maheu die Abhörung mit dem Segen der CIA organisierte, um Giancanas Abreise
zu verhindern. Maheus Privatdetektiv Arthur J. Balletti liess sich bei der Installation
der Wanzen erwischen und wurde verhaftet. Während Roselli über die
Anklage sehr besorgt ist, lacht Giancana offenbar so laut, dass er beinahe seine
Zigarre verschluckt, weil er sich vor einer Strafverfolgung sicher glaubt. Das
FBI erfährt im April 1961 von Maheu, dass Giancana mit der CIA zusammenarbeitet.
Da die CIA behauptet, sie habe die Abhörung vorgenommen, macht Hoover bei
der Unterdrückung des Falles mit. Neben den Castro-Mordversuchen gibt es
gemeinsame Operationen der CIA mit der Mafia in Asien und im Mittleren Osten,
gemeinsame Schmuggelgeschäfte und, beispielsweise zusammen mit Carlo Gambino
und dem Mafia-Banker Michele Sindona, Geldwaschtransaktionen.
Am 7.5.62 kann
Robert Kennedy mithilfe von Sheffield Edwards und Lawrence Houston die Abhöraffäre
von Sam Giancana und Bob Maheu wegen der Verwanzung von Dan Rowans Hotelzimmer
in Las Vegas unterdrücken.
Die beiden FBI-Agenten Bill Roemer und Ralph Hill verhaften Sam Giancana und seine Freundin Phyllis McGuire im Juni 1961, um sie zu verhören. Roemer setzt eine Wanze und erforscht Giancanas Paralleluniversum, was JFK zwingt, sich von Giancanas Welt zu distanzieren. Die Kennedys verweigern die während den Primärwahlen versprochene Rückkehrbewilligung für den ausgewiesenen Mafiaboss von Virginia, Joe Adonis. Skinny D'Amato erinnert Joe Kennedy an das Versprechen, aber dieser antwortet, dass Jack zwar einverstanden sei, aber dass Bobby sich dagegen stelle. Giancana fühlt sich verraten.
Quellen: Davis (1988): 94-110, 134-137, 311, Weberman (11): 43-47, Todd, Sylwester: 14-17, Best: 41, Hersh: 273-292, Olgiatti, Giancana: 476-485, Anson: 296, Meurice, Obenhause.
Mai 1961 Ermordung von Rafael Trujillo top
General Rafael Trujillo, der 1930 durch einen Militärputsch an die Macht
kam und eng mit der US-Mafia zusammenarbeitete, wird am 30.5.61 von CIA-unterstützten
Dissidenten ermordet. Der brutale und repressive Diktator der Dominikanischen
Republik war während der 40er und 50er Jahre ein Protégé
der USA, wobei das Verhältnis immer ambivalent war.
Die USA besetzten die Inselrepublik von 1916 bis 1924, um die Interessen der Zucker-, Bananen- und Aluminiumfirmen durchzusetzen. Nach einer steilen Karriere in der von den USA aufgebauten und verhassten Nationalgarde wurde Trujillo 1925 Oberkommandierender dieser einzigen bewaffneten Macht im Land. Nach einer Wahlfarce liess er sich 39jährig zum Präsidenten küren. Der 2. Weltkrieg fegte die internationale Kritik am Haitianer-Massaker, bei dem es 20'000 Tote gab, hinweg, da sich Trujillo schon früh gegen Hitler stellte und sogar viele jüdische Flüchtlinge zwecks Stabilisierung der weissen Rasse aufnahm. Dank systematischer Klientelwirtschaft, Mord und Korruption kontrollierte Trujillo Ende der 50er Jahre 80% der nationalen Produktion und beschäftigte 60% der Bevölkerung. Mit einem Vermögen von $500 Mio. gehörte er zu den zehn reichsten Männern der Welt.
Gegen Ende der 50er Jahre beging der grössenwahnsinnige "Generalissimus"
einige Fehler, weshalb sich der Papst und die Regierungen von ihm zu distanzieren
begannen. Vor allem der Mordversuch an Venezuelas Präsident Romulo Betancourt,
der aufgrund von Trujillos brutaler Repression Sanktionen der OAS gefordert
hatte, machte ihn untragbar. Im August 1960 brach Eisenhower die diplomatischen
Beziehungen ab, als sich eine Revolte gegen den Diktator abzeichnete. Die USA
befürchteten, dass das Land in die Hände von Sozialisten fallen könnte,
wenn der Umsturz nicht von Washington orchestriert würde. Die CIA plante
deshalb Trujillos Ermordung monatelang mit dem Segen der Eisenhower- und der
Kennedy-Regierung. Eisenhower bewilligte im Dezember 1960 Waffen und elektronisch
gezündete Bomben.
Marcellos Freund Irving Davidson vertrat zu diesem Zeitpunkt die Dominikanische
Republik in Washington und mobilisierte rechtsstehende Politiker gegen die Umsturzpläne.
Die Mafia hat ein grosses Interesse, den Sturz Trujillos zu verhindern, weil
sie um ihre Investitionen fürchtet. Bobby Baker setzte den Journalisten
und russischen Prinzen Igor Cassini, der mit Joe Kennedy und Trujillo befreundet
ist, als Vermittler ein. Im Februar noch versuchte er, ein geheimes Treffen
zu organisieren, was JFK zuerst unterstützte. Nachdem jedoch die Presse
davon Wind bekam, distanzierte sich JFK von dieser Idee. Als diese Verbindung
1962 in der Times veröffentlicht wird, lässt ihn Bobby wegen einer
Unterlassung vor Gericht stellen. Schon Skinny d'Amato wurde auf diese Weise
neutralisiert, als dieser wegen seiner Rolle bei den Wahlen in West Virginia
zu bluffen begann.
Jack Kennedy machte aber einen eigenen Versuch, indem er seinen Freund George Smathers zu Trujillo schickte, um diesen zu einer freiwilligen Resignation aufzufordern. Trujillo legte zu Beginn dieses Gesprächs eine geladene .45 gegen Smathers gerichtet auf den Tisch und wollte davon nichts wissen, mit der Begründung, er habe den besten Geheimdienst der Welt. Nixons Freund Bebe Rebozo begleitete den ehemaligen Botschafter William Pawley kurz vor dem Attentat auf einer geheimen Mission zum dominikanischen Diktator.
Anfang April bewilligte JFK eine zweite Waffenladung an die Attentäter, die in Diplomatengepäck an die US-Botschaft geliefert wurde. Allerdings wurden die Pläne nach dem Schweinebuchtfiasko gestoppt und die Waffen den Verschwörern nicht ausgehändigt. Das Risiko eines Machtvakuums war der CIA nach den Vorfällen in der Karibik zu gross. Die Verschwörer, die davon ausgingen, dass der geplante und abgesprochene Putsch durch Militärs nach dem Mord problemlos erfolgen würde, führten die Aktion mit den anfänglich erhaltenen Gewehren aus. Nach dem Attentat kam es allerdings wegen der mangelnden Kommunikationen zu keinem Putsch, sondern zu Machtkämpfen. Das State Departement ordnet die CIA-Station an, alle Beweise einer Beteiligung zu zerstören. RFK ärgert sich nach der Ermordung darüber, dass keine verlässlichen Informationen über die verworrene Situation verfügar sind.
Quellen: Hersh: 196-199, Bartholomew: 55, CIA-Info: 14, Ostrowsky: 8f, Summers (2000): 496.
Juni 1961 Charles de Gaulle top
Kennedy trifft Charles de Gaulle in Paris. Die erneute Auseinandersetzung de
Gaulles mit den Amerikanern begann 1958, als er das Präsidentenamt wieder
übernahm und sich gegen die Bedrohungsthese des Westens durch die UdSSR
stellte. John Foster Dulles wollte Mittelstreckenraketen mit taktischen Atomsprengköpfen
in Europa stationieren und malte deshalb die kommunistische Bedrohung an die
Wand. De Gaulle verlangte die vollständige Kontrolle der Atomwaffen auf
französischem Territorium, was die USA natürlich ablehnten. De Gaulle
verweigert die Beteiligung am Embargo gegen Kuba und beginnt, Frankreich vom
Einfluss der USA herauszulösen.
Dank dem Comeback de Gaulles bekommt die korsische Mafia politische Rückendeckung.
Marcel Francisci, der seine Heroinhandelskarriere unter Spirito begonnen hatte,
organisiert in Marseille die "Barbouzes", die ebenfalls im Glücksspielgeschäft
und Heroinhandel tätig wird. Für die nächsten Jahre ergibt sich
eine erbitterte Konkurrenz zu den mit der Sozialistischen Partei verbundenen
Brüder Guerini. Am 8.10.64 hebt die Drogenpolizei auf Initiative der Guerinis
das Heroinlabor in Franciscis Villa Clos Saint Antoine aus, wofür kurz
darauf Anlagen des Club Méditerranée, die zum legalen Imperium
der Guerinis gehören, in Flammen aufgehen. Nach Anschlägen auf Franciscis
Spielbanken endet Antoine Guerini am 23.6.67 mit 11 Kugeln im Bauch, und sein
Bruder Barthélemy wird zu 20 Jahren Gefängnis wegen Mordes verurteilt.
An der Kirche von Calenzana auf Korsika steht der Nachruf: "ANTOINE GUERINI
/ Ein unerschrockener Kämpfer für sein Vaterland / für Freiheit
und Gerechtigkeit / Beschützer der Schwachen / ein Wohltäter aller
/ ein Vorbild der Ehrenhaftigkeit".
De Gaulle reorganisierte seinen Geheimdienst Service Spéciaux 1946 zum
Service de Documentation Extérieure et de Contre-Espionnage um. In den
50er Jahren leistete sich der SDECE mehrere skandalöse Affären, besonders
im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitskampf in Algerien, das 1830 erobert
worden war. Seit 1954 kämpften bis zu 500'000 französische Soldaten
gegen die Front de Libération Nationale und die Armée de Libération
Nationale um die Erhaltung der Erdölvorkommen in der Sahara. Die Errichtung
von Konzentrationslagern, Folterung von Gefangenen und blutiger Terror begleiteten
die militärischen Operationen der Franzosen. Am 22.10.56 kaperten SDECE-Agenten
ein marokkanisches Flugzeug mit dem algerischen Nationalistenführer und
vier seiner engsten Mitarbeiter an Bord. Der in Bern stationierte Geheimdienstoberst
Marcel Mercier setzte die Terrororganisation "Main rouge" gegen algerische
Freiheitskämpfer und deren Waffenlieferanten und Sympathisanten ein. In
Frankreichs letztem grossen Kolonialkrieg folterte auch die Armee systematisch
und brachte zwischen 700'000 und 1,2 Mio. AlgerierInnen um.
Nach seinem Comeback plante de Gaulle den Rückzug der Franzosen aus der Kolonie. Am 24.1.60 kam es in Algier zur Meuterei der Kräfte, die die Unabhängigkeit Algeriens verhindern wollen, wozu General Raoul Salan 1961 die Organisation de l'Armée Secrète gründet. De Gaulles Geheimdienst rekrutiert daraufhin die Männer von der korsischen Mafia, die als Gegenterroristen nach Algerien geschickt werden, um seine abgefallenen Generäle zu bekämpfen. Am 8.1.61 akzeptierten die Franzosen in einem Referendum das Selbstbestimmungsrecht der Algerier. Die Generäle Challes, Jouhaud, Salan und Zeller organisierten am 22.4.61 einen Staatsstreich in Algerien, der aber nach 4 Tagen aufgegeben werden musste. Die nationalistischen Algerienfranzosen und abgefallenen Angehörigen der französischen Algerienarmee versuchen dann mit Terroraktionen und Attentaten, die Entkolonialisierungspolitik zu bekämpfen. Am 8.9.61 findet ein Attentatsversuch auf de Gaulle bei Pont-sur-Seine statt. Auch gegen Jean-Paul Sartre, der für die Unabhängigkeit der Kolonie schreibt, verübt die OAS im Juli 1961 und Januar 1962 Bombenattentate in dessen Wohnung.
Präfekt Maurice Papon, ein Verantwortlicher des faschistischen Vichy-Regimes, befiehlt das Massaker der Pariser Polizei am 17.10.61. 10'000 der demonstrierenden Algerier werden verhaftet und gefoltert, 200 werden am nächsten Tag tot aus der Seine gefischt, ohne dass es zu einer gerichtlichen Untersuchung kommt. Die Akten sind teilweise verschwunden, teilweise gesperrt.
Trotz des Terrors wird das Referendum in Algerien über die Unabhängigkeit am 1.7.62 angenommen und von de Gaulle zwei Tage später anerkannt. Der französische Regierungschef entkommt einem weiteren Mordversuch am 22.8.62 bei Petit-Clamart, wo unter dem Kommando von Bastien Thiery über 100 Schüsse auf das kugelsichere Auto gefeuert werden.
Einer der angeworbenen Kämpfer der Korsenmafia durch die SDECE ist Michael
Mertz, der am 22.11.63 in Dallas sein wird. Für die CIA arbeitet er unter
dem Decknamen QJ/WIN. Mertz, Held der Résistance im 2. Weltkrieg, arbeitete
als Captain im französischen Geheimdienst in Deutschland, der Türkei
und Marokko. Im April 1961 infiltrierte er die OAS und arbeitet sich in die
Chefetage hoch. Dank ihm kann ein Bombenattentat auf de Gaulle verhindert werden.
Mertz ist jedoch auch einer der grössten Heroinschmuggler, zusammen mit
dem Korsen Christian David, der vom französischen Geheimdienst ebenfalls
gegen die OAS eingesetzt wird und als WI/ROGUE für die CIA tätig ist.
David ist 1965 am Mord des marokkanischen Oppositionsführers Mehdi Ben
Barka beteiligt, der den von Frankreich gestützten General Oufkir, Innenminister
von König Hassan II, in Bedrängnis bringt. Ben Barka gründete
1959 die Nationale Union der Volkskräfte in Marokko, muss sich aber 1961
ins Exil nach Paris absetzen. Als Präsident des Vorbereitungsausschusses
der "Trikontinentale" arbeitet er an der Strategie einer gemeinsamen
3.Welt-Politik der UdSSR, China und Kuba. Nach der Verurteilung zum Tod in Marokko
wird Ben Barka in Paris entführt und ermordet.
De Gaulle lässt die "French Connection" gewähren, da diese Leute gegen die OAS arbeiten. Einige Mafiosi solidarisieren sich allerdings mit den rechtsextremen OAS-Generälen, woraus die World Anti-Communist League entsteht, die kommunistische Aufstände in der 3.Welt bekämpft. Der ehemalige CIA-Pilot Maurice Brooks Gatlin, Finanzsekretär der WACL, zahlt $100'000, die vom Banister/Marcello-Kreis kommen, einen weiteren gescheiterten Mordversuch. Der französische General hält mit 31 misslungenen Attentatsversuchen den offiziellen Weltrekord.
1962 gründet de Gaulle die staatliche Elf, weil die seit 1924 bestehende, ebenfalls staatlich kontrollierte Total zu unglaubwürdig erscheint, um die französischen Erdölinteressen nach der Entkolonialisierung in Afrika durchzusetzen. Elf baut einen eigenen Sicherheits- und Geheimdienst auf, in dem ehemalige Polizei- und Armeeoffiziere ihre Karriere fortsetzen können. Elf mischt mit in der Politik von Nigeria, Angola, kontrolliert Kongo-Brazzaville und Kamerun und bringt Albert Bernard Bongo an die Macht in Gabun, der Drehscheibe der Afrika-Schmieraktivitäten des Konzerns. 1992 leistet François Mitterand seinen Beitrag an die deutsche Wiedervereinigung und den CDU-Wahlerfolg, indem Elf die verlotterte Leuna-Raffinerie und das Minol-Tankstellennetz der DDR für SFr. 4 Mia. aufkauft und über André Guelfi SFr. 70 Mio. Schmiergelder an die deutschen politischen Parteien zahlt, um SFr. 580 Mio. Subventionen zu erhalten. Zwei Jahre später versucht die privatisierte Elf vergeblich, aus dem Verlustgeschäft auszusteigen, weil Bonn in Paris interveniert.
Ebenfalls 1962 beginnt Frankreich, sich aus dem Dollardiktat der USA zu lösen.
Nachdem die USA den Dollar 1944 mittels Betrug zur Leitwährung erhoben
haben und die Dollarknappheit mit dem Marshallplan 1948 überbrückt
haben, begann eine Dollarschwemme, mit der die USA ihre militärische
und wirtschaftliche Expansion finanzierten. Um eine Inflation aufgrund des Gelddruckens
der Amerikaner zu verhindern, müssen die anderen Zentralbanken Dollars
kaufen und als Reserve anlegen. Um sich dieser Ausbeutung zu entziehen, beginnt
Charles de Gaulle, Dollars gegen Gold zu tauschen. Bis 1966 verschifft Frankreich
Gold im Wert von fast $3 Mia. nach Paris. Damit stellt er die wirtschaftliche
Hegemonie der USA in Frage. Ihre militärische Dominanz unterminiert er
mit dem Austritt aus der NATO 1966, weshalb die USA die Ermordung de Gaulles
plant.
Quellen: Behr: 180f, Weberman (7): 56-61, Höfling: 266, Torbitt: 15, Bächtold (1999): 41, (2000): 11, Hartmann (1999): 7, Brooks/ Hayling, Bitton, Walther: 50, Zoche 159-160.
Juni 1961 Nikita Chruschtschow top
John Kennedy trifft sich am 5.6. mit Nikita Chruschtschow in Wien. Während des Wahlkampfes versprach JFK eine Erhöhung der Militärausgaben, die von $13 Mia. im Jahre 1950 bereits auf $47 Mia. angewachsen waren. Die CIA hatte einigen Journalisten einige "vertrauliche Dokumente" zukommen lassen, worauf eine Medienkampagne um die Raketenlücke begann und Kennedy ein Milliardenprogramm zum Bau neuer Interkontinentalraketen versprach. Da er als Präsident zu anderen Informationen Zugang hat, weiss er jetzt, dass die angebliche amerikanische Raketenlücke nicht stimmt: Die UdSSR besitzt nicht einmal einen Zwanzigstel der in der Öffentlichkeit verbreiteten Anzahl Raketen, sondern lediglich ein Drittel des US-Potentials. Bei den schweren Bombern haben die USA sogar eine Überlegenheit von 10:1. Trotz dem militärischen Vorsprung, trotz den $3 Mia. Staatsschulden, trotz seinem Wissen um die Gefährlichkeit des Wettrüstens und um die provokatorische Wirkung erhöhte JFK am 28.3.61 die Verteidigung im konventionellen, atomaren und zivilen Sektor. Der erste bemannte Raumflug von Jurij Gagarin empfand JFK als Niederlage, was am 12.4.61 zum Versprechen Kennedys führte, dass die USA noch in diesem Jahrzehnt auf dem Mond landen würden, wozu $30 Mia. ausgegeben werden. "Wer den Weltraum kontrolliert, kontrolliert die Welt", erklärt Lyndon B. Johnson. Wernher von Braun, der die Mondlandung garantiert und das NASA-Programm leitet, und Kennedy bewundern sich gegenseitig.
Drei Wochen nach der Schweinebuchtinvasion traf sich Robert Kennedy auf Empfehlung des Journalisten Frank Holeman über seinen Pressesekretär Edwin O. Guthman zum ersten Mal mit dem sowjetischen Agenten Georgi N. Bolschakow. Während der nächsten 18 Monate treffen sich Bolschakow und Bobby ungefähr alle zwei Wochen, und alle wichtigen Informationen zwischen JFK und Chruschtschow laufen unter Umgehung von Diplomatie und Verwaltung über diesen Kanal. Dies ist riskant und muss geheim bleiben, da der aussenpolitisch unerfahrene Präsident die Russland-Experten des Aussen- und Verteidigungsministeriums und der CIA ausschaltet und die Rolle des Staatssekretärs selbst übernimmt. RFK liess Chruschtschow vor dem Wiener Gipfel Anfang Juni ausrichten, die aggressive Sprache des Präsidenten habe nichts zu bedeuten, er solle auf dessen Taten achten.
Trotzdem staucht der russische Premier den unvorbereiteten JFK in Wien zusammen und stellt ihm wegen der Berlin-Frage ein Ultimatum: Die Vereinigten Staaten, England und Frankreich hätten sechs Monate Zeit, mit Ostdeutschland einen Vertrag über den Status Berlins zu unterzeichnen. Die Allierten weigerten sich bisher, die Teilung Deutschlands anzuerkennen. Ohne Vertrag, so Chruschtschows Drohung, würde die Sowjetunion einen eigenen Vertrag mit der DDR abschliessen, was einen Atomkrieg bedeuten könne. Chruschtschow gibt sich hart und zuckt bei der Erörterung nach den Auswirkungen eines Atomkrieges nur die Schultern. JFK ist beleidigt, wütend und verzweifelt, und die Kennedys erklären sich Chruschtschows Verhalten mit ihrem Versagen in der Schweinebucht. JFK geht davon aus, dass Berlin nicht der richtige Ort für eine Konfrontation ist, und will sich in Vietnam an Chruschtschow rächen.
Bereits am 21.6.61 zieht Chruschtschow die Uniform eines Generalleutnants der Roten Armee an und gibt die Unterzeichnung eines separaten Friedensvertrags mit Ostdeutschland und am 8.7.61 die Erhöhung der sowjetischen Militärausgaben bekannt. Gekränkt durch die Kritik seiner Kuba- und Laos-Politik, aufgeschreckt von Chruschtschows Schachzug und überzeugt, dieser wolle seine Standhaftigkeit prüfen, von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle unter Druck gesetzt und von Dean Acheson gewarnt, ein Nachgeben um einen Zollbreit Boden käme einer Aufgabe von ganz Westeuropa gleich, entscheidet sich JFK gegen ernsthafte Verhandlungen und für eine Demonstration der Stärke. JFK hält am 25.7.61 im Fernsehen eine Ansprache, in der er die Nation über die Berlin-Krise informiert und eine Erhöhung der Militärausgaben um $3,25 Mia. fordert. Um die Sowjets davon zu überzeugen, dass die USA wegen Berlin einen Krieg riskieren würden, thematisiert er öfters den Ausbau des Zivilschutzes. Die Antwort Russlands besteht in der Isolation Westberlins, indem die ostdeutsche Staatspolizei am 13. August einen Stacheldraht zieht und mit dem Bau der Mauer beginnt. JFK unternimmt nichts, als die Berliner Mauer gebaut wird. Kennedys Weisses Haus hat schon vorher begriffen, dass der Ostblock eine Lösung braucht, die die Abwanderung der Elite verhindert, und hat den Russen verschiedentlich versichert, er respektiere ihr Recht, ihren Sektor und die Grenzen zu kontrollieren.
Entgegen seiner Rede am 25.9.61 vor der UNO-Vollversammlung, in der er ein von den USA unterstütztes Programm für eine allgemeine Abrüstung umreisst, plant JFK eine erneute Intensivierung der Aufrüstung, obwohl das Atombombenpotential der USA bereits 15468 Sprengköpfe mit 30'000 Megatonnen beträgt, was 1,5 Mio. Hiroshima-Bomben entspricht. Dagegen verfügen die UdSSR nur über 1060 Atombomben. Am 16.10. geben die Russen bekannt, dass sie nicht auf eine Entscheidung der Berlin-Frage in diesem Jahr drängen würden. Trotzdem provoziert General Lucius Clay eine Konfrontation am Checkpoint Charlie durch Nichtbeachtung der ostdeutschen Grenzwachen. Obwohl sich JFK öffentlich auf die Seite der Truppen stellt, löst er den Konflikt mit Chruschtschow über Bolschakow, worauf die Panzer wieder abgezogen werden. Während dem Kalten Krieg fliegen die USA 25'000 Spionageeinsätze über der DDR.
Quellen: Horowitz: 339-341, Marrs: 303, Collier/ Horowitz: 344-351, Hersh: 248-263, 335-350, Hübner/ Sperling, Afterbau: 6, 7, Amara, Ramonet (2003b).
John Kennedy sieht Judith Campbell nach wie vor regelmässig. Seit dem 4.11.60 weiss Campbell, dass sie wegen ihrer Kontakte zu Giancana überwacht wird. Jacks Reaktion auf die FBI-Befragungen ist immer, dass sie sich wegen dem FBI keine Sorgen machen solle, obwohl sie von den Agenten wie eine Hure behandelt wird. Die sexuellen Beziehungen Campbells mit JFK und Giancana sind Hoover bekannt. Am 8.8.61, nachdem JFK sie beim Mittagessen mit Dave Powers blossstellte, weil sie sich über ihn aufgeregt hatte, als er eine andere Frau für ein ménage à trois ins Schlafzimmer brachte, trifft JFK sich mit Sam Giancana in Washington. Das FBI setzt am selben Tag eine Wanze an Giancanas Lieblingsort Armory Lounge im Forrest Park. Giancana gelingt es dafür, Richard Cain in die Special Group on Organizes Crime von Sheriff Richard Ogilvie in Chicago einzuschleusen.
Jack hat auch ein Verhältnis mit Mary Pinchot Meyer, der Ex-Frau des CIA-Agenten Cord Meyer und Schwägerin von Ben Bradlee. Cord Meyer ist der Assistent von Tom Bradens verdeckten Operationen und mit Buckley und Angleton befreundet. Auch CIA-Agent Richard Ober ist befreundet mit Ben Bradlee, der einen privilegierten Zugang zum Präsidenten hat und von diesem als Medienkanal benutzt wird. Der Journalist bei Newsweek und spätere Herausgeber der Washington Post kooperiert dank Phil Graham eng mit der CIA. Nach anderen Quellen hat die attraktive Kunstbegeisterte kein sexuelles Verhältnis mit JFK, wird aber zunehmend zu einer der wichtigsten Beraterinnen und ist damit die einzige Frau mit einer politischen Funktion in seinem Umfeld.
Mary, die auch ein Verhältnis zu Timothy Leary hat, wird am 12.10.64 angeblich von einem Sexualtäter ermordet. CIA-Gegenspionage-Chef James Angleton geht persönlich in Marys Haus, noch bevor die Polizei auftaucht, und sucht zusammen mit Bradlee und Cord Meyer ihr Tagebuch. Darin beschreibt sie, dass sie Jack zwei- bis dreimal pro Woche im Weissen Haus besucht, wenn Jackie nicht dort ist. Mary träumt davon, dass er sich nach seiner Präsidentschaft scheiden lässt und mit ihr zusammen wohnt. Einmal beschreibt sie, wie sie in ihrem Schlafzimmer Marihuana rauchen und einen LSD-Trip probieren. Der Präsident verspricht ihr auch, Kokain zu besorgen: "Wir haben nächste Woche eine Drogenkonferenz hier im Weissen Haus." Die Entourage sorgt sich darüber, dass JFK unter dem Einfluss von LSD den "Knopf" drücken könnte. Die Beziehung dauert bis zu seiner Ermordung. Danach plant sie, ein Buch über ihre Affäre zu schreiben. Offenbar wird ihr Tagebuch von Angleton nach ihrem Tod verbrannt. Die verschiedenen Versionen der Beteiligten lassen darauf schliessen, dass Mary von der CIA umgebracht wurde, weil sie Informationen, die vermutlich auch seine Ermordung betreffen, an die Öffentlichkeit bringen will.
1962 wird Philipp Graham, dem Mary offenbar Insider-Informationen weitergegeben hat, zuerst in die Klinik Chestnut Lodge verfrachtet, weil er sein Schweigen bricht. Viele Leute behaupten, Chestnut Lodge sei eine Gehirnwäschestation. Graham war mit Katherine Graham Meyer, der Tochter von Eugene Meyer verheiratet, welche die Washington Post und andere Medien-Imperien geerbt und aufgekauft hatte. Die Washington Post, die Katherine Graham leitet, hat eine lange Beziehung zur CIA. Katherine bestach mehrere Psychiater, damit die ihren Mann für geistesgestört erklären. Während der Urlaube besucht der liberale Redaktor drei Mal seinen Anwalt Edward Bennett Williams, der für die CIA und mit Maheu arbeitet, und ändert sein Testament. Im August 1963 erschiesst er sich angeblich selbst.
Nach Kennedys Ermordung sagt Mary zu Timothy Leary bezugnehmend auf Vietnam:
"Die konnten ihn nicht mehr kontrollieren. Er hat sich zu schnell verändert.
Er hat zu viel erfahren." Mary konsultiert Leary nach dessen eigenen Angaben
wegen Drogenkonsums. Leary kam bei seinem Besuch in Mexico 1960 nach dem Genuss
von Pilzen in eine mythische Ekstase und widmete sich dann nur noch den Halluzinogenen.
Versuche führte der Psychologie-Professor an der Harvard Universität
vor allem mit seinen Studenten durch. 1963 wird er gefeuert und bestellt bei
Sandoz 100 Gramm LSD und 25 Kilogramm Psilocybin, was einer Million LSD-Trips
und 2,5 Millionen Psilocybin-Dosen entspricht, wobei er gleich eine Anzahlung
von $10'000 beilegt. Finanziert wird der LSD-Papst vom Millionär William
Hitchcock. Die CIA infiltrierte Learys Gruppe und benutzt Leary vermutlich zur
Animation des Drogenkonsums. Aufgrund der verschwundenen Dokumente ist schwer
zu sagen, wie gross der Einfluss der CIA ist. Mit seiner Bewusstseinserweiterungsthese,
seiner Propaganda der religiösen Renaissance und seiner Parole "turn
on, tune in, drop out" entpolitisiert Leary jedenfalls die amerikanische
Studentenbewegung nachhaltig.
Als Leary 1969 gegen Ronald Reagan für den Gouverneursposten in Kalifornien
kandidiert, wird er wegen Drogendelikten zu 60 Jahren Gefängnis verurteilt.
Im September 1970 gelingt ihm die Flucht in die Schweiz, von wo er unter dem
Deckmantel der Brotherhood of Eternal Love' einen Drogenproduktions- und
-verteilapparat aufbaut. 1973 wird er in Afghanistan, dessen Präsident
Mohammed Duad mit der CIA zusammenarbeitet, verhaftet, aber 1976 bereits wieder
freigelassen. Aufschlussreich ist auch seine Campus-Debattier-Tour in den 80er
Jahren mit G. Gordon Liddy, der für das FBI, die CIA, Nixon und mit E.
Howard Hunt und James McCord arbeitet und im Watergate-Skandal unangenehm berühmt
wird.
An der Harvard Universität arbeitet auch der klinische Psychologe und Jung-Schüler Henry A. Murray (1893-1988), der auch ein Diplom in Biologie besitzt. Während dem 2. Weltkrieg arbeitete er für den Geheimdienst OSS und verfasste 1943 ein Psychogramm von Adolf Hitler, das seinen Selbstmord im Falle einer Niederlage voraussagte und ihn als Homosexuellen charakterisierte. Mindestens von 1959-62 führt im Auftrag der Geheimdienste Experimente durch, unter anderem mit dem späteren Unabomer' (university and airline bomber) Theodore Ted' Kaczynski. Der 1942 geborene Mathematiker schickt angeblich von 1978 bis 1995 16 Briefbomben an Universitäten und Fluglinien, die drei Menschen töten und 29 verletzen. 1995 schickt er ein Manifest an mehrere Zeitungen, dessen Schreibstil angeblich von seinem Bruder erkannt wird, worauf er 1996 verhaftet und 1998 zu lebenslänglich verurteilt wird.
Quellen: Posener: 124-136, Weber: 49, Gregory/ Speriglio: 264f, DiEugenio (1997): 10-14, Best: 19, 21, Mason: 2-5, Burleigh, Karel (1), Groden/ Livingstone: 321, Amara.
August 1961 Marilyn Monroe top
Nachdem Kennedy das Präsidentenamt übernommen und Marilyns Befürchtung,
dass er sie fallenlassen könnte, sich nicht bewahrheitete, war sie exaltiert
wie ein Teenager, weil sie den wichtigsten Mann der Welt' liebt. Die beiden
tricksen den Secret Service und die Papparazzi aus, um sich möglichst unerkannt
zu treffen, indem sie sich beispielsweise als Sekretärin verkleidet oder
in einem als Notfall getarnten Flug nach Palm Springs oder Cabo San Lucas fliegt.
Am Telefon des Weissen Hauses meldet sie sich als Miss Greene. JFK und Marilyn
treffen sich oft bei den Lawfords, und Marilyn und Patricia Kennedy Lawford
werden enge Freundinnen.
Jimmy Hoffa hatte schon 1959 Fred Otash, ein Privatdetektiv aus Hollywood, und Bernhard Spindel, der auch für die CIA arbeitet, angeheuert, um Belastungsmaterial gegen die Kennedys zu sammeln. Im Sommer 1961 wird von Bob Maheu eine neue Truppe zusammengestellt, zu der neben Spindel und Otash auch John Danoff gehört. Vor allem das Haus von Peter Lawford wird ab November 1961 abgehört. Hoffa bewahrt die Tonbänder mit dem Belastungsmaterial in seinem Safe auf und will sie einsetzen, falls ihm die Entmachtung wegen Bobby Kennedy droht. Auch auf Fotos sollen JFK und Marilyn eindeutig beim Sexualakt in verschiedenen Praktiken und Orten zu erkennen sein.
Im Sommer 1961 steht aber für Marilyn ihre Beziehung zu Frank Sinatra im Vordergrund, mit dem sie im August ein Wochenende auf seiner Yacht verbringt. Er schenkt ihr Diamant-Ohrenringe im Wert von $35'000, weshalb Marilyn hofft, dass Sinatra sie heiraten würde. Ihr Psychiater Ralph Greenson stellt sich gegen ihre Beziehung zu Sinatra, den er als destruktiv beurteilt.
Sinatra überzeugt sie auf Initiative von Jack hin, Pat Newcomb, eine gute Freundin von Bobby, als Presseagentin anzustellen. Damit gewinnen die Kennedys die Kontrolle darüber, was Marilyn macht und was an die Presse geht. Die Brüder wissen allerdings nicht, dass Marilyn alles Wichtige, was sie von ihnen erfährt, in ihrem Tagebuch notiert, und dass ihr Therapeut Greenson sie als Informationsquelle für die Komintern missbraucht.
Die Schauspielerin wird von beiden Seiten kontrolliert und ausgenützt. Greenson setzt bei Marilyn durch, dass sie ihren Masseur Ralph Roberts entlässt und die Psychiatrieschwester Eunice Murray als Haushälterin einstellt, womit Greenson eine starke Kontrolle über sie erhält. Eunice war die Frau von John Murray, der in Mexico für die Komintern arbeitete. Entgegen aller psychoanalytischen Regeln baut Greenson eine persönliche Beziehung zu Marilyn auf. Sie wird ein Bestandteil seiner Familie und befreundet sich mit seiner Tochter und seinem Sohn.
Greenson schaltet sich in ihre Karriere ein, indem er sie überredet, im Film "Something's got to give" zu spielen. Er wird faktisch ihr Filmagent und zieht im Hintergrund die Fäden mit der Fox, indem er durchsetzt, dass Henry Weinstein den Produzenten David Brown ersetzt. Kurz danach wird auch Robert Goldstein durch Peter Levathes ersetzt, ernannt von Milton Gould, John Loeb und Samuel Rosenman, die alle drei mit den Kennedys assoziiert sind. Greenson dominiert Marilyns Leben je länger je mehr in allen Bereichen und stellt sich gegen viele ihrer Männerbeziehungen, wobei er natürlich nichts gegen die Beziehungen zu den beiden Kennedys einzuwenden hat. Nachdem Sinatra sie fallenliess und überraschend seine Verlobung mit Juliet Prowse bekanntgibt, konzentriert sie sich vermehrt auf den Präsidenten und den Justizminister.
Quellen: Wolfe: 359-390, Summers (1993): 297f, Brown/ Barham: 285, Gregory/ Speriglio: 220-225, Best: 15, Carey/ Olgiatti, Lewens/ Wall.
September 1961 US-Geheimdienste top
Allen Dulles, Charles Cabell und Richard Bissell werden wegen dem Scheitern
der Schweinebuchtinvasion aus der CIA entlassen. Richard Helms und der neue
CIA-Direktor John A. McCone, ein reicher Geschäftsmann, ersetzen sie.
McCone arbeitete im Stahl- und Ölraffineriesektor und war Präsident
der California Shipbuilding Corporation, die 1944 angeklagt wurde, bei einer
Investition von $600'000 Profite von $44 Mio. aus Regierungsaufträgen herausgezogen
zu haben. Die "Calship" gehört Henry J. Kaiser, einem Partner
von Howard Hughes. Nach dem Krieg hatte McCone Aktien im Wert von $1 Mio. bei
der Standard Oil of California Rockefellers und arbeitete unter anderem für
das Verteidigungsministerium und die Atomenergiekommission. Mit der Ernennung
McCones, der sich an der Kampagne für Eisenhower beteiligte, will Kennedy
einen Aussenstehenden an die Spitze setzen und das rechte Spektrum beruhigen.
Charles Cabell, der Kennedy als Verräter bezeichnet, wechselt ins Pentagon,
arbeitet bei der CIA-Front Air America und mit Robert Maheu in dessen Detektivbüro,
das für Hughes und die CIA tätig ist.
Mit Howard Hughes verhängt sind auch E. Howard Hunt, G. Gordon Liddy,
Richard Nixon, J. Edgar Hoover und James Jesus Angleton. Robert Kennedy betreibt
geheime Untersuchungen über die Verbindung von Hughes und Nixon. 1959 wurden
die ersten der bestellten Boing für die TWA geliefert, und Hughes konnte
das Problem der Finanzierung nicht länger aufschieben. Da die TWA 1956
$2,3 Mio., 1957 $1,5 Mio..und 1958 $1,7 Mio. Verluste schrieb, bekam er keine
weiteren Kredite, insbesondere weil er seine absolute Kontrolle nicht aufgeben
wollte. Im März 1960 verhinderte er aus dem gleichen Grund einen Kredit
über $265 Mio, den TWA-Präsident Charles Thomas arrangierte. Um die
Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, verkaufte er sechs seiner neuen Boing
707 an die Pan Am.
Im folgenden Streit verklagt ihn die TWA-Spitze wegen Missmanagement über
$483 Mio., und Hughes wird verklagt, mit seinen Deals zwischen Hughes Aircraft
und TWA das Antitrustgesetz verletzt zu haben. Der drogensüchtige und abgemagerte
Milliardär, der 56 Anwälte beschäftigt, weigert sich, vor einem
Gericht zu erscheinen, weshalb die TWA Frederick Furth und ein Team unter dem
ehemaligen FBI-Agenten Alfred E. Lecky auf seine Spurensuche schickt. Maheu
und Chouinard finden einen Schauspieler, der arbeitslos ist, weil er Hughes
stark gleicht, mit dem die Detektive verwirrt werden können. Robert Kennedy
verunmöglicht den TWA-Verkauf für $546 Mio. wegen den Anti-Trust-Klagen
und entlarvt die bei der Bank of America als Sicherheit hinterlegten Landanleihen
im Wert von $73 Mio. als Fälschungen.
JFK verlangt in einer geheimen Weisung an die Vereinten Stabschefs, einen neuen Invasionsplan für Kuba auszuarbeiten. Nach dem Fiasko der Schweinebucht bewilligt JFK am 4.11.61 das Programm TASK FORCE W. unter Leitung von General Edward Lansdale, ein stark erweitertes Programm gegen Castro.
Verteidigungsminister Robert McNamara gründet aufgrund des Versagens der CIA in der Schweinebucht den neuen militärischen Nachrichtendienst Defense Intelligence Agency, der die militärischen Geheimdienste koordinieren soll. Trotz einem Stab von mindestens 14'000 CIA-Mitarbeitern gibt es immer wieder Pannen. Viele der Fehlinformationen der CIA sind aber bewusste Täuschungen, um beispielsweise mit der Behauptung, die UdSSR besässe 175 Divisionen, die Rüstungsausgaben zu legitimieren. Aber in Gehlens Organisation, der diese Zahl lieferte, wird der ehemalige SS-Mann Heinz Felfe enttarnt, der der UdSSR über zehn Jahre lang Informationen weitergab.
Neben den regulären Agenten verfügt die CIA 1961 über 605 Tarneinheiten in den Streitkräften oder der Militärverwaltung. Allein die Air America, die den geheimen Krieg in Laos führt, setzt 8000 Mann ein, die über die Agency for International Development finanziert werden. Daneben unterhält die CIA die Fluggesellschaften Air Asia, Civil Air Transport, Intermountain Aviation und Southern Air Transport. Dazu kommen private Tarnfirmen wie die Pacific Corporation oder Double-Check Corporation, deren Hauptaufgabe die Durchführung geheimer Operationen ist.
Bei der National Security Agency arbeiten etwa 24'000 Agenten in der Zentrale in Fort Meade, Maryland, und etwa 8000 Mann im Ausland. Die Luftwaffe (Air Force Intelligence und National Reconnaissance Office) beschäftigt 56'000, das Heer (Army Intelligence) 35'000 und die Marine (Office of Naval Intelligence) 15'000 Mann im Nachrichtendienst. Dazu kommt das Personal des Bureau of Intelligence and Research des Aussenministeriums, der Nachrichtendienst der Atomenergiebehörde und das Federal Bureau of Narcotics/Drug Enforcement Agency, die ebenfalls politischen Nachrichtendienst betreibt und die United States Information Agency. Insgesamt kann man von etwa 200'000 Personen in den Auslandgeheimdiensten der USA und etwa 750'000 Informanten ausgehen, wobei die Sowjetunion über ähnliche Personalbestände verfügt.
Die Zahl der FBI-Agenten liegt 1972 offiziell bei 8900 Agenten, nach anderen Quellen bei 20'000, unbekannt ist die Anzahl der Informanten und Spitzel. Im Inland tätig ist auch der Secret Service des Finanzministeriums, das Alcohol, Tobacco, and Firearms, das Defense Investigative Service und das Defense Security Agency des Pentagons, das Defense Industrial Security Command, die Geheimpolizei, die Law Enforcement Intelligence Unit oder die Special Services Staff. Kenner schätzen die Zahl der US-Geheimdienstorganisationen auf 24.
Eine parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste findet faktisch nicht statt, auch nicht über die Finanzen, da mindestens 80% der offiziellen Mittel im Rüstungs-, Entwicklungshilfe-, Flüchtlingshilfe- und Forschungsetat versteckt sind, und Gewinne aus Tarnfirmen und ihren Beteiligungen, aus Drogen- und Waffenhandel sowie aus Devisen- und Börsenspekulationen laufen über Geheimkonten. Die meisten Waffenhändler und Waffenhandelsgesellschaften sind von Regierungen abhängig und verfolgen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Ziele. Beispielsweise wird die International Armament Corporation, die als grösster "privater" Waffenhändler gilt, von den Geheimdiensten betrieben. Sie liefert Waffen, wenn die Regierung es nicht offen kann oder will, beispielsweise an die exilkubanischen Söldner oder die Portugiesen für ihre Kolonialkriege in Angola, Mozambique oder Guinea-Bissau. Im Fall Katangas wurden die Waffen an Moise Kapenda Tshombé zum Sturz Lumumbas über die Agency for International Development finanziert. Die Geheimdienste streichen bei den Waffendeals Kommissionen ein.
Ted Szulc schätzt die Aufwendungen der US-Geheimdienste Mitte der 70er Jahre auf $25 Mia. (NSA $11 Mia, CIA $6 Mia, Aussenministerium $5 Mia, DIA $3 Mia, und FBI $2 Mia.). Diese Zahlen sind vermutlich realistisch. Die Kosten der NSA ergeben sich aus der hoch entwickelten Aufklärungstechnik (am 10.8.60 wird der erste Aufklärungssatellit Discover 13 gestartet, und bis 1978 werden insgesamt 1600 Satelliten auf eine Umlaufbahn geschossen) und dem hohen Personalaufwand zur Dekodierung und Auswertung. Die von Truman 1952 gegründete NSA, lange Zeit als "No Such Agency" kommentiert, unterhält Mitte der 60er Jahre 2000 Abhör- und Messstationen um die Länder des Warschauer Paktes und in Asien, und in Europa fangen 50'000 US-Soldaten den Funkverkehr und die Radarsignale ab. Das Aussenministerium unterhält geheimdienstliche Abteilungen in den Botschaften und Konsulaten, in denen neben den 3300 Diplomaten offiziell 1100 Agenten arbeiten. Dazu kommen die Militärattachés des Verteidigungsministeriums.
Nachrichtenauswertung wird im grossen Stil betrieben. Die CIA führt Akten über ungefähr 7 Mio. Personen, fast alle davon im Ausland. 1968 wertet die CIA monatlich 200'000 Druckerzeugnisse aus, und allein für die Auswertung sowjetischer wissenschaftlicher Literatur werden $100 Mio. jährlich ausgegeben. Jede einzelne Radiomeldung auf der ganzen Welt wird aufgefangen und ausgewertet. Viel Geld braucht die CIA auch zur Bezahlung ihrer Vertrauensleute wie den Dalai Lama, Syngman Rhee, Tschiang Kai-schek, Mobutu, Diem, Forbes Burnham, Eduardo Frei, Willy Brandt, den Präsidenten Nardone und den Geheimdienstchef Otero in Uruguay, den zweimaligen Präsidenten José Figueres von Costa Rica, den die CIA 1953 zu stürzen versucht und 1958 stürzt, die mexikanischen Präsidenten Adolfo Lopez Mateos, Gustavo Diaz Ordaz, Luis Echeverria Alvarez, den kolumbischen Staatspräsidenten Alfonso Lopez Michelsen und Mitglieder der israelischen Regierung. Kenias Präsident Kenyatta erhält $100'000 pro Jahr, Zyperns Präsident und Erzbischof Makarios und Premier Bischof Muzorewa von Simbabwe-Rhodesien je $1 Mio., König Hussein von Jordanien sogar $2 Mio. Millionenbeträge kassieren auch Diktatoren wie Nguyen Van Thieu und Lon Nol. Manche wie der philippinische Präsident Magsaysay, Papadopoulos in Griechenland, Idi Amin in Uganda oder Joaquin Balaguer in der Dominikanischen Republik kommen erst mithilfe der CIA an die Macht. Idi Amins Armee wird von israelischen Geheimdienstleuten beraten. Für die Staatschefs von Südvietnam, Südkorea, Indonesien nach Sukarno, Somalia, Nicaragua, Ecuador und den Kaiser von Äthiopien baut die CIA Leibwachen auf, die die Staatschefs überwachen, beeinflussen oder notfalls auch stürzen, wie José Velasco Ibarra von Ecuador im November 1961. Auch Parteien wie die australischen bürgerlichen Parteien, die belgische Sozialdemokratische Partei, die SPD, die Sozialistische Partei Portugals (während der Krise 1975 mit monatlich bis zu $20 Mio.) werden von der CIA finanziert.
Quellen: Weberman (1): 28, Schulz:
71-74, 126-136, 150-165, 170, Höfling: 258-262, Freyermuth: 38f, Schröder,
Groden/ Livingstone: 314f, CIA-Info: 2, 13f, Brandt, Millegan: 7f, Best: 51ff,
Ranelagh/ Treharne: 1, Hamilton-Paterson (1971): 151, Roth/ Isecke, Brown/ Broeske:
323-331, Glaser (1971a).
Oktober 1961 Sturz von Cheddi Jagan top
Am 25.10.61 hält JFK ein Meeting mit dem Premierminister Cheddi Jagan von
Britisch-Guyana, dessen sozialistische People's Progressive Party einen Monat
zuvor an die Macht gekommen ist. Jagan bittet um Unterstützung für
sein Land, dessen Unabhängigkeit von Grossbritannien bevorsteht. Jagans
Fehler besteht darin, dass er sich als überzeugter Sozialist für die
staatliche Wirtschaftsplanung ausspricht. JFK antwortet ihm, die USA hätten
schon oft Länder mit geringen persönlichen Freiheiten wie Jugoslawien
unterstützt. Solange er die nationale Unabhängigkeit bewahre, spiele
es keine Rolle, ob er Sozialist, Kapitalist, Pragmatiker oder was auch immer
sei.
In der direkt anschliessenden Geheimsitzung ordnet Kennedy seinen Sturz an.
Die CIA baut die Opposition auf, finanziert Medienkampagnen und organisiert
über die AIFLD Streiks und Unruhen zwischen Schwarzen und Ostindern. Im
Februar 1962 brennt die Innenstadt von Georgetown und es gibt 100 Tote. Im Juli
1963 marschieren britische Truppen ein und Jagan wird entmachtet. Die 1964 gebildete
Koalition unter Forbes Burnham regiert das 1966 die Unabhängigkeit erlangende
Guyana mit autoritären Methoden. 1997 wird die 77jährige Witwe und
gebürtige US-Amerikanerin Janet Jagan zur Präsidentin gewählt.
Quellen: Epstein: 23, Meurice, Pons, Hartmann (1993a): 24, Hersh: 265-276, Schulz: 157, 328, CIA-Info: 14, Pletschinger/ Bredenbrock.
Oktober 1961 Rassenprobleme top
William Hugh Morris, "Imperial Wizard" und "Emperor" des
Ku-Klux-Klan, verkündet an einer Clanversammlung, dass die Rassenprobleme
der Südstaaten nur durch die Ermordung von Martin Luther King gelöst
werden könnten. Seit der Anführung des Busboykotts in Montgomery 1955,
währendem King verhaftet, mit Morddrohungen eingedeckt und sein Haus mit
einer Bombe in die Luft gesprengt wurde, ist der Präsident der Southern
Christian Leadership Conference der unumstrittene Führer der Bewegung für
die Gleichstellung der Rassen'. Während einer Buchsignatur attackierte
eine Schwarze den Prediger mit einem Messer, und King überlebte nur durch
Zufall.
John Kennedy weiss relativ wenig über das Rassenproblem, und ihn interessieren die Schwarzen nur als Wähler. Deren Stimmen sicherte er sich im Wahlkampf mit Angriffen auf Eisenhowers Rassenpolitik, obwohl gerade zwei Gesetzesänderungen im Kongress traktandiert waren. Da Kennedy seit seinem Amtsantritt nichts in Gang setzte, starteten King und 12 weitere Freedom Riders im Mai zu einer Reise von Washington nach New Orleans, um die Einschränkungen der öffentlichen Einrichtungen für Schwarze publikumswirksam zu demonstrieren. Bis Ende Mai füllten die Riders 2 Busse, die auf ihrer Reise angegriffen wurden. Selbst wenn die schwarzen Aktivisten verprügelt wurden, schauten FBI-Agenten und Polizisten oft nur zu. RFK entsandte deshalb mehrere Hundert Soldaten, um sie zu schützen. Am 23. Mai wurden alle Schwarzen in Jackson, Mississippi, verhaftet, weil sie Toiletten für Weisse benutzt hatten. Die Bürgerrechtsbewegung startete daraufhin weitere ähnliche Aktionen, auf die JFK dann mit einem Gesetz reagierte, das die Segregation in öffentlichen Transportmitteln aufhob.
Das erste Mal werden Schwarze für wichtige Regierungsstellen angestellt, was zu heftigen Reaktionen von rassistischen Organisationen und weiteren Ausschreitungen führt. Carlos Marcello ist ein begeisterter Anhänger des Ku-Klux-Klan und unterstützt grosszügig bürgerrechtsfeindliche Organisationen.
Quellen: Davis (1988): 109f, Callahan: 138ff, Giefer.
Dezember 1961 Kennedys Konfrontationspolitik top
Joe Kennedy erleidet am 18.12. einen Schlaganfall und verliert damit die Kontrolle
über seine Söhne. Joe hört, sieht und versteht zwar noch, kann
aber wegen der Lähmung der rechten Seite weder sprechen noch schreiben.
Am 9.11. hörte das FBI Sam Giancana ab, als er sich beklagte, dass die
Mafia trotz der Wahlkampf-Unterstützung verfolgt werde. Hoover gab den
Bericht an Bobby weiter, der vermutlich erst jetzt über den Vertrag seines
Vaters mit Giancana erfuhr. John Davis vermutet, dass dieser Konflikt mit Bobby
und der sich abzeichnende Machtkampf mit Giancana, der am 21.12. mit ähnlichen
Aussagen abgehört wird, zum Schlaganfall des Vaters führten.
Der Kongressabgeordnete Bill Cramer plante ein Impeachmentverfahren gegen Vizepräsident
Lyndon B. Johnson wegen dessen Beziehung zu Billie Sol Estes, nachdem eine Wochenzeitung
von Texas behauptete, Johnson habe Estes $5 Mio. geliehen. Estes manipulierte
die Unterstützungsprogramme der Regierung für die Farmer, wobei er
Millionen abzweigte. Der Untersuchungsbeamte des Landwirtschaftsministeriums
Henry Marshall, der sich besonders für die Freundschaft von Estes mit Johnson
interessierte, wurde am 3.6.61 eliminiert. Vermutlich hat Malcolm Wallace, der
1951 bereits John Douglas Kiner umbrachte und bei LTV von David Harold Byrd
arbeitet, Marshall ermordet.
CBS veröffentlichte, dass Johnson in einem Militärflugzeug zu einem
Geheimtreffen mit Estes und dessen Anwälten nach Dallas flog, worauf Hoover
seine Erpressungsmittel gegen Cramer und die Presse einsetzt und den aufkommenden
Skandal verhindern kann. Die Johnson-Fraktion beschuldigt die Kennedys, den
Skandal angezettelt zu haben. Mindestens drei weitere Beteiligte in dieser Affäre
sterben eines eigentümlichen Todes. 1985 sagt Estes nach Straffreiheitszusicherung,
dass Marshall auf Befehl Johnsons ermordet wurde, um einen Skandal zu verhindern.
Richard Nixon plant sein Comeback und wird 1962 gegen Edmund Brown als Gouverneur Californiens antreten, obwohl seine Frau mit Selbstmord drohte, sollte er wieder in die Politik einsteigen. Für die Kennedys wärmen Dick Tuck und Tom Braden die Hughes-Schmiergelder wieder auf, wogegen H.R. Haldeman, John Ehrlichman, Maurice Stans und Murray Chotiner eine Verleumdungskampagne gegen Brown starten. Dieser gewinnt nach einem schmutzigen Wahlkampf mit Wanzen auf beiden Seiten. Der depressive Nixon schlägt seiner Frau ein blaues Auge nach seiner Niederlage und kann sie nur mit dem Versprechen, endgültig aus der Politik auszusteigen, von der Scheidung abhalten. Braden wird während Nixons Präsidentschaft Jahr für Jahr von der Steuerbehörde überprüft und befragt.
Quellen: Collier/ Horowitz: 357-365,
Davis (1984): 339, Kessler (1997), Gregory/ Speriglio: 233ff, Cran, Summers
(2000): 225-232, 236f, Brown/ Broeske: 363, Theoharis/ Cox: 425-427, Marrs:
295, Anson: 321-325.